Fahrradklima-Test des ADFCKöln beim Radverkehr zum „Aufholer des Jahres“ gekürt

Lesezeit 5 Minuten
Die Gereonstraße vom Dom aus fotografiert. Zu sehen ist deutlich der breite, rot markierte Fahrradstreifen.

Die neuen breiten Radwege in Köln wie hier auf der Gereonstraße werden von den Radfahrern sehr geschätzt.

Die Bemühungen der Stadt Köln um den Radverkehr zahlen sich aus. Köln wird in der neuesten Umfrage des ADFC besser bewertet. Wo die Stadt besonders aufholen konnte.

Das ist noch kein Grund zum Jubeln, doch immerhin eine Anerkennung für die Fahrrad-Vorrangpolitik der Stadt Köln: Beim 10. bundesweiten Test des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs erhält die Millionenstadt die Note 4,24. Das reicht immerhin aus, um sich in der Kategorie der Städte mit mehr 500.000 Einwohnern mit dem Titel „Aufholer des Jahres“ zu schmücken, auch wenn die Note sich nur um 0,2 Punkte verbessert hat.

Damit rückt Köln von Platz 14 auf 12 vor. Eine Drei vor dem Komma scheint kein unerreichbares Ziel mehr. Auch Bonn wird zum „Aufholer des Jahres“ in der Gruppe der Städte bis 200.000 Einwohner, und springt von Platz 14 auf sechs.

Viel Zustimmung für breite Radwege in Köln

Köln ist damit nicht mehr Schlusslicht der NRW-Rangliste; zur besseren Benotung Kölns haben besonders die Breite der Radwege (Note 5,1 statt 5,4) beigetragen, das Fahren auf Radwegen und Radfahrstreifen wurde auch besser benotet (5,1 auf 4,8). Die größte Verbesserung verbuchte die Kategorie Fahrradförderung, dabei verbesserte sich die Note von 4,1 auf 3,3.

„Das zeigt, wie es anders geht und dass sich Fahrradförderung lohnt“, sagt Axel Fell, NRW-Vorsitzender des ADFC. „Schon einfache Maßnahmen wie eine gute und zügige Erreichbarkeit des Stadtzentrums, die Öffnung von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für den Radverkehr, die Kontrolle von Falschparkern und Winterdienst bringen sofort spürbare Verbesserungen.“

Nur Münster als Großstadt-Sieger hält auf Bundesebene mit

Vom „Fahrradland Nummer 1“ ist NRW aber noch meilenweit entfernt, das Land erreicht lediglich die Schulnote 3,9. Bei den fünf am besten bewerteten Großstädten in Deutschland ist nur Münster mit der Note 3,0 vertreten. Als weitere Sieger wurde neben Münster (über 200.000 Einwohner) die Städte Bremen (über 500.000), Erlangen (über 100.000), Nordhorn (über 50.000), Baunatal (über 20.000) und Wettringen (bis 20.000) ausgezeichnet.

Duisburg, Krefeld, Hagen und Remscheid sind besonders schlecht

Von den fünf am schlechtesten bewerteten Großstädten liegen hingegen gleich vier in NRW. Duisburg und Krefeld mit 4,5 und Hagen und Remscheid mit 4,6. In der Kategorie der Städte 50.000 bis 100.000 Einwohner landete Lüdenscheid erneut auf dem letzten Platz mit einem Mangelhaft (5,2).

In allen sechs Ortsgrößenklassen landeten NRW-Städte im bundesweiten Vergleich auf dem letzten Platz oder zumindest weit hinten: Essen (Platz 14 von 14), Krefeld (26/26), Remscheid (40/40), Lüdenscheid (113/113) Schwelm (442/447) und Altena mit Platz 472 von 474. „Insgesamt stagniert die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur in NRW“, so Fell.

245.000 Radfahrer haben abgestimmt, 62.000 davon in NRW

Rund 245.000 Menschen, darunter 62.000 in NRW, haben sich an der Umfrage zur Zufriedenheit mit der Radinfrastruktur beteiligt. 90 Prozent der Teilnehmenden nutzen mehrere Verkehrsmittel, 17 Prozent sind Mitglieder des ADFC. 269 von 396 Städten und Gemeinden haben sich beteiligt, also die jeweils vorgegebene Mindestzahl von Antworten erreicht.

Insgesamt stagniert die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur in NRW
Axel Fell, NRW-Vorsitzender des ADFC

Damit fundierte Ergebnisse erzielt werden können, müssen pro Stadt mindestens 50, bei größeren Städten ab 100.000 Einwohnern mindestens 75 und bei Städten ab 200.000 Einwohnern 100 Abstimmungsergebnisse vorliegen. Die Umfrage, die alle zwei Jahre durchgeführt wird, ist zwar nicht repräsentativ, gilt aber als bundesweites Stimmungsbarometer und wird vom Bundesverkehrsministerium gefördert.

„Wir sehen, dass die Städte, die den Radverkehr auch gegen Widerstände mit Mut gefördert haben, belohnt wurden“, sagt Rebecca Heinz, die dem ADFC NRW gemeinsam mit Axel Fell in einer Doppelspitze vorsteht.

Von September bis November 2022 konnte sich Menschen online an der Umfrage beteiligen. Gefragt wurde beispielsweise danach, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt und wie gut die Radwege sind. Das Thema der Sonderbefragung 2022 ist das Radfahren im ländlichen Raum. Darin geht es etwa darum, wie gut und sicher die Nachbarorte zu erreichen sind.

Lastenräder in Großstädten immer beliebter

In den Großstädten entdecken offenbar immer mehr Menschen, dass sie mit dem Fahrrad bequemer unterwegs sein können. Zumindest taucht das Motiv, das Rad erspare die Parkplatzsuche und erreiche sein Ziel schneller, immer häufiger auf.

Lastenräder werden in größeren Orten immer beliebter. 4,4 Prozent der Teilnehmenden gaben an, vor allem das Lastenrad zu nutzen, das ist ein deutlicher Zuwachs im Vergleich zu 2020 (3,0 Prozent). Dabei gilt der Trend: Je größer die Stadt, desto beliebter das Lastenrad. In Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern beträgt der Anteil der Teilnehmenden mit Lastenrad 6,6 Prozent.

Im Vergleich zur Umfrage 2020 spielen auch Kostengründe für die Fahrradwahl eine größere Rolle, wahrscheinlich aufgrund der wirtschaftlichen Situation durch Ukraine-Krieg, steigender Lebenshaltungskosten und der Energiekrise. Im Jahr 2020 gaben 33 Prozent der Teilnehmenden Kostengründe als Motiv an, 2022 waren es 49 Prozent. In kleineren Orten war die Steigerung besonders hoch, beispielsweise in der Ortsgrößenklasse unter 20.000 Einwohnern von 24 auf 43 Prozent.

Anzahl der Pedelecs auf dem Land hat sich verdreifacht

Auf dem Land hat sich der Anteil der Pedelecs innerhalb von sechs Jahren fast verdreifacht (von 12 auf 35 Prozent). Beliebt sind sie vor allem in kleineren Orten. In Orten mit weniger als unter 20.000 Einwohnern nutzen 42 Prozent ein Pedelec als hauptsächlichen Fahrradtyp, in den Großstädten über 500.000 Einwohnern sind es knapp 17 Prozent.

Die Fahrradmitnahme in Bahnen und Bussen wird aus Sicht der Radfahrenden immer wichtiger. Vor allem auf dem Land könnte sich das in Zukunft als Problem erweisen, zumal das Deutschlandticket mit dem 39 Euro teuren Zusatzticket für die Radmitnahme zum Umsteigen bewegen könnte. In Großstädten, so Rebecca Heinz, sei das weniger problematisch, sofern dort ausreichende Fahrrad-Verleihsysteme zur Verfügung stehen.

KStA abonnieren