Kölner Dreigestirn 2014/2015Zu Besuch bei Bauer, Prinz und Jungfrau in spe

Lesezeit 5 Minuten
Die Prinzenfamilie: Christina und Holger Kirsch mit den drei Mädchen

Die Prinzenfamilie: Christina und Holger Kirsch mit den drei Mädchen

Köln – Wenn eine Familiengesellschaft von der Schäl Sick ein Dreigestirn stellt, dessen Mitglieder viel Wert auf ihre Familien legen, dann ist auch das Festkomitee zu Neuerungen bereit. „Unsere Ehefrauen und die Kinder dürfen beim Rosenmontagszug auf unseren Wagen mitfahren“, erklärt Holger Kirsch, der Prinz in spe, ganz stolz, „das hat es bisher noch nicht gegeben.“ Das designierte Dreigestirn der „Social Jeck“-Session mit Prinz Holger I., Bauer Michael (Müller) und Jungfrau Alexandra (Sascha Prinz) kommt von der Flittarder KG. „Eine bodenständige und herzliche Familiengesellschaft“, sagt Kirsch, der außerdem in einem reinen Männerverein mitmacht: dem Corps à la Suite der Prinzen-Garde. Müller zählt noch zum Senat der Blauen Funken.

Für den 40-jährigen Kirsch erfüllt sich ein Traum aus der Kindheit. Frisch an der Grundschule Volberger Weg in Rath-Heumar eingeschult, fand er zur ersten Sportstunde im von der Mutter gepackten Turnbeutel eine gelbe Wollstrumpfhose und Gymnastik-Schläppchen. Das war dem Jungen, der sich selbst für einen „coolen Typ“ hielt, super-peinlich. „Am Mittag hab’ ich zu meiner Mutter gesagt, dass ich nur noch einmal im Leben Strumpfhosen anziehen werde, dann, wenn ich der Prinz vun Kölle bin.“ Dieser Wunsch hatte sich Monate zuvor in Klein-Holger verfestigt, als der Sechsjährige vor einem Brauhaus stand, den Zoch beobachtete und auf den Prinzen wartete. „Das war damals Klaus Peter Ganser. Der sah genauso aus wie der Prinz im Märchenfilm »Drei Haselnüsse für Aschenbrödel«“.

Kirsch, der neben der Cornelius-Kirche in Rath-Heumar ein Architekturbüro („Ich möchte Spuren im Stadtbild hinterlassen“) mit zehn Mitarbeitern leitet und in einem Eigenheim in der Göttersiedlung am Königsforst wohnt, hat auch in der Zeit am Gymnasium in Kalk und während des Studiums in Aachen stets an dem Wunsch festgehalten, einmol Prinz zo sin.

Alles zum Thema Kölner Dreigestirn

Als er seine Ehefrau Christina (41) an Weiberfastnacht in der Traditionskneipe Unkelbach kennenlernte – er als Huhn, die Grundschullehrerin als Schulmädchen verkleidet –, war sein zweiter Satz: „Ich werd’ mal Prinz.“ Der erste war: „Dich heirate ich.“ Beides hat er wahr gemacht. Den Heiratsantrag gab es in einem Restaurant in New York, kirchlich getraut wurden die beiden vor sechs Jahren von Pfarrer Franz Meurer in St. Gereon.

Inzwischen ist auch die Sauerländerin vom Fastelovend infiziert. „Bei uns läuft ständig Karnevalsmusik. Wir feiern das ganze Jahr.“ Der jecke Virus überträgt sich auf die drei Töchter: Marie (7), Grete (2) und Frieda (1). „Hätten wir uns früher kennengelernt, hätten wir sicher schon sechs Kinder“, sagt Christina und lacht. „Dann wär’ vielleicht auch ein Junge dabei, der den Ball hochhalten kann.“ Fußball ist das große Hobby des kommenden Prinzen. Die eigene Karriere blieb im Amateurbereich stecken. Heute ist Kirsch stolzer Besitzer einer FC-Dauerkarte und Vizepräsident bei Viktoria Köln. „Eine Herzensangelegenheit. Ich bin ja ein Kind der Schäl Sick.“

Konkurrenz zum FC wolle man nicht sein. Ziel der Viktoria sei, in Köln die Nummer zwei zu werden. „Da ist mit Fortuna noch ein Verein vor uns.“ Im Karneval hat er dagegen bald die Spitzenposition erreicht. Das Prinzen-Ornat hat er in der Kostümschneiderei schon getestet. „Da habe ich geweint. Das Kölner Stadtwappen auf der Brust zu tragen – das ist schon was.“

Anders verlief die Anprobe beim Bauern. „Ich habe geschwitzt“, sagt Michael Müller (45). Der Bauingenieur stammt aus Bochum, ist über den Umweg Frankfurt nach Köln gekommen und hat eine Baufirma übernommen. Inzwischen sieht sich Müller ganz als Kölner: „Ich bin gefangen in dieser Stadt.“ Die Rolle im Dreigestirn sei „das größte Glücksgefühl“ – und wurde von Ehefrau Carola (44) auch gleich abgenickt: „Bei einem Verbot hätte er es im nächsten Jahr doch gemacht.“ Ein wenig umstellen muss sie sich schon. „Ich komme aus Wesel, und da wird Helau gerufen.“

Kennengelernt hatten sich die beiden, die seit 1996 verheiratet sind, als 17-Jährige in Monaco bei einer Ferienfahrt des Landessportbundes. Sie schwamm, er war Hammerwerfer und spielte Tischtennis. „Heute versuche ich es ab und an mit Golf“, so der Bauer in spe. Außerdem hört Müller, der zu Schülerzeiten in einer Punkband spielte, viel Musik – von Rolling Stones bis Metallica. „Ich gehe lieber zu Linkin' Park als zu Helene Fischer.“ Die Vorliebe für Sport und Musik haben die Kinder übernommen. Clara (9) mag Ballett und spielt Flöte, Benno (7) trainiert Fußball und Fechten.

Der Sport spielt auch im Haushalt des 44-jährigen Sascha Prinz („Ich mache die Jungfrau. Prinz bin ich doch das ganze Jahr über“) eine große Rolle. Der Chef eines Immobilien-Unternehmens spielt Tennis und Hockey in der Alt-Herren-Mannschaft von Rot-Weiß Köln. Da steht Sohn Valentin (20), der Architektur studiert, im Tor. Prinz: „Unter der Maske sieht man nicht, dass er eigentlich zu jung ist.“ Auf Trab gehalten wird die Familie – dazu gehören noch Ehefrau Diane (43) und Tochter Livia (9) – von Tom, einer „griechischen Strandmischung“, die man kürzlich von einer Tierhilfe-Organisation übernommen hat.

In Kleidern habe er bislang keine Erfahrung. „Ich war ja nie Tanzmariechen“, erzählt der Ur-Klettenberger, der seit elf Jahren in Junkersdorf lebt. Seine Frau, die er vor 15 Jahren geheiratet hat, kennt er schon aus der Grundschule. Danach hatte man sich aus den Augen verloren, ehe man sich in der Veedelskneipe „Kölnisch Wasser“ wiedertraf und es funkte. Nun ist die studierte Raumausstatterin froh, den ganzen Werdegang ihres Mannes, der sich in der Freizeit im Rotonda Business-Club und im Lions Club engagiert, von der ersten Idee bis zur (fast) fertigen Jungfrau miterlebt zu haben. „An das geschminkte Gesicht und die bemalten Lippen werde ich mich jetzt schon gewöhnen.“

In den Tagen vor dem Elften im Elften wird den dreien der Mythos Dreigestirn und die Bedeutung der Tollitäten für die Kölner immer mehr bewusst. Kirsch: „Als ich kürzlich meine Tochter im Kindergarten abholte, wurde schon getuschelt: »Das ist er, der König«.“

KStA abonnieren