Wahlwerbung von Jochen Ott und Henriette RekerDas zeigen die Wahlplakate der Oberbürgermeister-Kandidaten

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Einige Wahlplakate der Kölner OB-Kandidaten

Einige Wahlplakate der Kölner OB-Kandidaten

Köln – Wer vor der Oberbürgermeisterwahl am 13. September Orientierung sucht und keine Zeit findet, die beiden Favoriten einmal live zu erleben, hat es nicht leicht. Die Stadt hängt zwar voller Plakate – aber es steht wenig drauf, woraus man schließen könnte, was der eine will oder die andere lässt.

Man ist einiges gewohnt vom deutschen Plakatwahlkampf, aber diesmal scheint der Wunsch, möglichst ohne Botschaften über die Runden zu kommen, besonders ausgeprägt. Aussagen, die auf ein politisches Profil schließen lassen könnten, wurden von Werbetextern in Kurzformeln gepresst – inhaltlich so beliebig wie flach.

So wirbt Jochen Ott

Der SPD-Kandidat Jochen Ott verzichtet nicht nur auf seinen Vornamen oder die Parteizugehörigkeit – fast so, als gelte es, ein Makel verbergen.

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Mehr noch: Wer ein Ott-Plakat betrachtet, erfährt noch nicht einmal warum es am Laternenpfahl hängt. Kein Wort von einer OB-Wahl oder dem Amt, das er gerne hätte. Das Datum, an dem die Wahl stattfindet, lässt sich auch auf den Plakaten seiner Konkurrentin Henriette Reker nicht finden. Immerhin: Sie gibt zumindest preis, für was sie kandidiert.

Für was steht eigentlich Ott?

Die Strategien der Wahlkämpfer lassen manchen Eingeweihten staunen: Ott wirbt mit seiner jungen Familie, traut sich aber nicht die Forderung nach einem Generationswechsel aufs Plakat zu schreiben. Ein junger Familienvater an der Stadtspitze – das klingt spannend. Stattdessen steht „Die Kleinen sind für mich die Größten“ unter dem Familienfoto.

Immerhin: Der Satz hat mehr Substanz als der Überraschungsslogan „Ich setze gute Ideen um“. Das sollte man von einem OB erwarten dürfen. Gut auch, dass Ott weiß, dass Köln nicht nur links des Rheins liegt. Ist das eine verschlüsselte Kampfansage ans linksrheinische Establishment? Vielleicht. Dummerweise haben Otts Helfer das Motto auch links des Rheins geklebt.

Glücklicherweise bietet der SPD-Mann dann doch noch eine echte intellektuelle Herausforderung: Seit Tagen grübeln vorbeifahrende Autofahrer oder Spaziergänger über den Sinn der Satzkonstruktion „Wenn Köln mal frei hat, braucht’s auch Raum“.

Kölns Stammtische diskutieren: Wann hat Köln mal frei? Geht das überhaupt? Und wo ist der Raum für die ganze Stadt? Ist der Slogan grammatikalisch korrekt, sprachlicher Unsinn oder bayrisch?

Das Plakat wirkt eher wie ein Beitrag zu einem jener Sommer-Rätsel, bei denen man um die Ecke denken muss.

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: So geht Henriette Reker auf Stimmenfang.

So wirbt Henriette Reker

Denksportaufgaben wie bei Jochen Ott haben sich die Wahlkampfstrategen von Henriette Reker nicht ausgedacht. Womöglich hatten sie keine Zeit dazu, weil sich ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Möglichkeiten von digitalen Bildbearbeitungsprogrammen richten musste.

Reker selbst räumt freimütig ein, dass es auch für sie ein wenig seltsam sei, eine Frau auf Plakaten zu sehen, die wie eine jüngere Schwester aussehe.

Stundenlang habe man über die Frage diskutiert, ob man die Falten einer 58-Jährigen zeigen dürfe, heißt es in ihrem Umfeld. Wer Reker ein bisschen kennt, weiß, dass sie kein Problem mit ihrem Äußeren hat. Die Plakate dokumentieren, wer sich in den Diskussionen durchgesetzt hat.

CDU, Grüne, FDP und Freie Wähler haben die Plakate bezahlt, auf denen nun neben „erfahren und kompetent“ auch „unabhängig“ steht. „Parteilos“ wäre ehrlicher gewesen – aber auf solche Spitzfindigkeiten müssen Kandidaten in Zeiten der Vereinfachung wohl verzichten.

„Vom Straßenfest bis zur Opernpremiere – Unsere Kultur wertschätzen“ lesen wir auf einem Plakat der unabhängigen Parteilosen. Das ist wenig mutig, aber tatsächlich so etwas wie eine Botschaft. Warum die parteilose Unabhängige ihre Aussage mit der Übergabe eines Brotes bebildert, bleibt rätselhaft.

Politik in Köln umkrempeln

Reker, deren Unterstützerparteien rund eine halbe Million Euro in den Wahlkampf investieren, ist auf 10.000 Tafeln zu sehen. SPD-Kandidat Ott hat 8000 Plakate anbringen lassen. Sein Werbeetat beträgt gut 200.000 Euro. In ihren Kampagnen und mehr noch in Diskussionen erwecken die Kandidaten gerne den Eindruck, als wollten sie die Politik in Köln umkrempeln.

„Unserer Stadtverwaltung muss lösungs- und serviceorientiert arbeiten, damit die Kölnerinnen und Kölner das Vertrauen in ihre Stadt zurückerlangen“, schreibt Reker auf ihrer Homepage. „Köln wird schneller vorwärts kommen“, verspricht Ott. Was die Kandidaten gerne verschweigen: Seit Jahren sind sie in verantwortlichen Positionen am Geschehen im Rathaus beteiligt, Reker als Sozialdezernentin, Ott als Parteichef der SPD.

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