Stippeföttche in ParisRote Funken besuchen karnevalistisches Fest „Charivari“

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Die Kölner Delegation wird am Bezirksrathaus des 9. Arrondissements von Paris empfangen.

Die Kölner Delegation wird am Bezirksrathaus des 9. Arrondissements von Paris empfangen.

Paris – November 1833: Etwa eine Woche waren Isaac Offenbach und seine Söhne Julius und Jakob unterwegs, ehe sie ihr Ziel erreichten. So lange dauerte damals ihre Reise mit der Kutsche von Köln nach Paris. Allerdings verbrachte das Trio auch ein paar Tage unfreiwillig in Brüssel, weil irgendetwas mit den Reisepapieren nicht stimmte.

Gefeierter Komponist

Mai 2019: Mit dem Thalys erreichten die Mitglieder der Kölner Offenbach-Gesellschaft in gut drei Stunden Paris. Offenbach war mit dabei – als 1,65 Meter große Pappfigur. Der vor 200 Jahren in Köln geborene Musiker Jakob Offenbach stieg in seiner Wahlheimat Paris zum gefeierten Cellisten und Komponisten auf.

Ihm zu Ehren gab es am Wochenende im 9. Pariser Arrondissement, in dem er bis zu seinem Tod im Oktober 1880 lebte, Konzerte, Führungen und das karnevalistische Fest „Charivari“. Bei dem Volksfest, dessen Wurzeln im 19. Jahrhundert liegt, zeigten verschiedene Gruppen in historischen Kostümen besondere Tänze und Musikdarbietungen.

Abordnung sorgt bei Umzug für Furore

Mittendrin die Roten Funken aus Köln, die am Brunnen an der Place Saint-Georges dem staunenden Publikum demonstrierten, was folgt, wenn der Präsident „Aufstellen zum Stippeföttche“ oder „De Knabbüß jekreuz“ ruft. Beim anschließenden Umzug durch elf Straßenzüge sorgte die etwa 70 Mann starke Abordnung der Funken einschließlich Spielmannszug und Tanzpaar für Furore. Wo immer die „Kölsche Funke rut-wieß vun 1823“ auftauchten, blieben die Menschen stehen, applaudierten oder filmten den seltsamen Zug durchs Carré mit ihren Smartphones.

Kostümierter Umzug durch Offenbachs Wohnviertel Foto: Drewke

Kostümierter Umzug durch Offenbachs Wohnviertel Foto: Drewke

Jacques, wie sich der kölsche Jung Jakob in Paris nannte, hätte an dem Spektakel womöglich seine helle Freude gehabt. Funken-Präsident Heinz-Günther Hunold äußerte die Vermutung, dass der kleine Jakob die Roten Funken beim ersten Maskenzug 1823 um den Neumarkt schon gesehen und gehört haben könnte. Denkbar wäre es: Die Familie Offenbach wohnte nicht weit entfernt vom Neumarkt am Großen Griechenmarkt und spielte selber volkstümliche Musik in Kneipen, Brauhäusern und auf Festen.

Grüße aus Heimatstadt

Im Pariser Bezirksrathaus empfing Delphine Bürkli, Bürgermeisterin des 9. Arrondissements, die Gäste aus Köln. Sie bezeichnete Offenbach als den „französischsten unter den deutschen Musikern und den deutschesten unter den französischen Musikern“. Die Grüße aus Offenbachs Heimatstadt überbrachte Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes. Sie würdigte den Musiker als „Ausnahmetalent und besonderen Europäer“. In den Sälen des Rathauses wurde die vom Kölnischen Stadtmuseum konzipierte Ausstellung „Jacques Offenbach. Von Köln über Paris in die Welt“ gezeigt.

Überaus zufrieden mit dem Brückenschlag zwischen den beiden „Offenbach-Städten“ war Franz-Josef Knieps, Vorsitzender der Offenbach-Gesellschaft: „Wir sind unserem Ziel, den Komponisten und sein Werk wieder stärker ins Bewusstsein der Menschen zu rücken, einen riesigen Schritt näher gekommen. Außerdem war das Wochenende ein wichtiges Zeichen der freundschaftlichen Verbindung zwischen Frankreich und Deutschland, zwischen Köln und Paris.“

Ebenso wie Knieps hob dessen Stellvertreter Hans-Georg Bögner die Rolle der Roten Funken hervor. „Das Traditionskorps trat als perfekter Kulturbotschafter Kölns auf.“ Ein Bild vom Kölner Karneval bekommt Delphine Bürkli – wenn sie mag – kommendes Jahr. Funkenpräsident Hunold hat die Bürgermeisterin zur Mitfahrt beim Rosenmontagszug eingeladen.

Gedenktafel an Wohnhaus

Ein Besuch in Paris auf den Spuren Offenbachs lohnt sich auch ohne Volksfest. Im 9. Arrondissement lässt sich das Leben und Wirken des Künstlers an einigen Stellen noch entdecken. Seit dem Wochenende weist eine Gedenktafel am Haus in der Rue des Martyrs Nummer 23 auf die erste Wohnung der Brüder Jakob und Julius hin. Sie lebten dort auf der Mansarde in einer Art Studenten-Wohngemeinschaft.

Paul, Hilarius, Balthasar und Heinrich Lütgen, Söhne des Kölner Geigers Anton Lütgen und ebenfalls Musiker, lebten abwechselnd mit den Offenbach-Brüdern zusammen. Das Band Kölner Musikschaffender zur Rue des Martyrs besteht immer noch. Heute hat der Intendant der Kölner Philharmonie, Louwrens Langevoort, dort seinen Pariser Wohnsitz.

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Sehenswert ist zudem das 1807 errichtete „Théâtre des Varietés“ in einer Passage am Boulevard Montmartre. Es ist eine der ältesten noch erhaltenen Bühnen von Paris und der Ort, an dem Offenbach seine größten Erfolge feierte. 1864 wird in dem Haus „Die schöne Helena“, 1867 „Die Großherzogin von Gerolstein“ uraufgeführt.

Genau auf diese Oper richtet sich, kaum aus Paris zurück, die Aufmerksamkeit von Claudia Hessel, Koordinatorin des Offenbach-Jahres. „Mit der Kölner Neuinszenierung der Oper »La Grande-Durchesse de Gérolstein« mit dem Mezzosopran-Star Jennifer Larmore in der Titelrolle eröffnet die Offenbach-Gesellschaft am 9. Juni das Offenbach-Festival, das den Titel »Piff, Paff, Puff« trägt.“

www.yeswecancan.koeln/offenbach-festival-programm

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