Sturm und Digitales bei Polis MobilitySo sieht die Zukunft der Mobilität aus

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Von der letzten Meile bis zum E-Auto: Auf der "Polis Mobility" geht es um die Mobilität der Zukunft. 

Köln  – Ein bisschen sieht es aus wie ein gläserner Schuhkarton. Und trotzdem soll Biro zum Pionier der Autoindustrie werden – zumindest wenn es nach Estrima geht, dem italienischen Hersteller des Gefährts. Auf den deutschen Straßen wird Biro wohl erst im Sommer unterwegs sein. Eine Testfahrt aber durften Interessierte bereits am Freitag bei der „Polis Mobility“-Messe in Köln unternehmen.

Das nach Herstellerangaben kleinste Elektroauto der Welt war auf der Kölner Mobilitätsmesse eines von sieben Zukunftsmodellen, das zur Rundfahrt bereitstand. Auch mit den anderen Fahrzeugen, die teilweise noch auf eine Zulassung für den deutschen Straßenverkehr warten, wollten die Veranstalter zeigen: Die „Polis Mobility“ ist eine Messe zum Anfassen – und Ausprobieren. Zumindest am Freitag gelang das allerdings nur bedingt. Sturmtief „Emmelinde“ machte den Veranstaltern das Leben schwer.

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Nichts los auf dem Rudolfplatz: Die Aussteller des City-Hubs mussten am Freitag früh nach Hause gehen. 

Denn während auf der Messe ein kleiner Biro über den Asphalt düste, herrschte am Rudolfplatz ein ganz anderes Bild. Die dort aufgebauten Stände blieben geschlossen, die meisten Aussteller waren gar nicht da.

Auf dem sogenannten City-Hub, einem Messeteil mitten in der Stadt, hätten die Besucher eigentlich die Möglichkeit haben sollen, mit elektrischen Rollern und Fahrrädern durch den Straßenverkehr zu düsen. Doch bereits am Vortag hatten die Veranstalter sämtliche Events unter freiem Himmel absagen müssen – dem drohenden Unwetter wegen.

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Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker war bereits auf der Messe zu Gast. 

„Die Aussteller hatten hier draußen nur einen halben Nachmittag, bevor das Wetter dazwischen kam“, sagte eine Messeangestellte. Wie die meisten Aussteller war auch sie enttäuscht von den widrigen Umständen.

Zudem hatten die Veranstalter eigentlich geplant, an verschiedenen Orten in Köln an sogenannten „Best Case“-Orten die besten Beispiele für moderne Mobilität zu zeigen. Auch dieser Teil der Messe fiel größtenteils der Sturmwarnung zum Opfer.

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Dennoch stellte die Stadt Köln an ihrem Messestand einige der Projekte für sogenannte „Lupenräume“ vor. So bezeichnet die Stadt Einkaufsstraßen, in denen viel Verkehr herrscht und gleichzeitig viele Fußgänger unterwegs sind – zum Beispiel auf dem Eigelstein und in der Ehrenstraße.

Aus diesen „Lupenräumen“ könnten künftig Fußgängerzonen werden – so geschehen auf der Ehrenstraße, die Ende April umgewidmet wurde. Statt zugeparkter Straßen gibt es dort nun Sitzmöglichkeiten und Blumenkästen.

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Die Mitmachaktionen der "Polis Mobility", hier auf einem Bild am Donnerstag, mussten am Freitag witterungsbedingt geschlossen bleiben. 

Angesichts des Unwetters konnten sich die Podiumsteilnehmer der „Polis Mobility“ glücklich schätzen, dass sie lediglich in den trockenen Hallen der Messe Köln auftreten mussten.

Auf drei Bühnen sprachen im Laufe des Messe-Freitags zahlreiche hochkarätige Gäste zu unterschiedlichen Facetten urbaner Mobilität. So unterschiedlich die Sichtweisen auch sein mögen, bei einem waren sich alle Experten einig: Mit der Verkehrswende muss es schneller gehen – aber wie?

Projekt der Kölner Journalistenschule

Ein Tag auf der Polis Mobility ist ein Projekt in Kooperation mit der Kölner Journalistenschule, die im Kölner Mediapark sitzt. Für einen Tag übernahmen 18 Schülerinnen und Schüler die Social-Media-Kanäle des Kölner Stadt-Anzeiger, sprachen mit Ausstellern und probierten sich am E-Autofahren. (fex) 

„Wir können ein neues Mobilitätsverhalten nicht verordnen“, sagte etwa Stefanie Haaks, Vorstandsvorsitzende der Kölner Verkehrsbetriebe. Viel mehr brauche es Freiwilligkeit. Verkehrsanbieter müssten sich noch viel mehr an den Bedürfnissen der Kunden orientieren. 

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Henning Spenthoff von der Stadt Münster berichtet über sein Experiment mit der "Grünen Welle für Radfahrer". 

Henning Spenthoff aus Münster, der ebenfalls auf einem der Podien zu Gast war, hat genau das mit seinem Team ertüftelt. Seine Software soll es Radfahrern in Münstern künftig erleichtern, ohne rote Ampeln (sozusagen auf einer „Grünen Welle“) durch die Stadt zu kommen.

Durch intelligente Anzeigen vor jeder Ampel können die Radfahrer ihre Geschwindigkeit so anpassen, dass sie ohne Abbremsen auskommen. Das System zeige in Münster bereits Wirkung, meint Spenthoff. „Laut unseren Umfragen sind deshalb mehr Leute bereit, Fahrrad zu fahren.“

Viel Digitales auf der Messe

Neben den Diskussionen auf den Podien zeigten auch die meisten der 140 Aussteller digitale Antworten auf die Verkehrsfragen der Zukunft – ob für den Kölner Straßenraum oder darüber hinaus.

So stellte die Rheinenergie an ihrem Stand ein neues Parkkonzept vor, das derzeit unter anderem in Nippes getestet wird. Mittels datenschutzkonformer Sensoren, die über Köln verteilt sind, weiß das Unternehmen sekundengenau, wann ein Parkplatz frei wird. Nervige Parkplatzsuchen könnten sich so um etwa die Hälfte verkürzen, hieß es auf der Messe.

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Reporterin Marie Birmanns testet auf der Polis Mobility einen Fahrsimulator. 

Auch der Automobilzulieferer Varroc präsentierte auf der Messe ein Kamerasystem - allerdings nicht zum Parken, sondern zum Schutz der Autofahrer. Es erfasst mit einer Außenkamera die Straße und kontrolliert so zum Beispiel den Sicherheitsabstand zu vorausfahrenden Autos. Gleichzeitig besitzt das System auch eine Innenkamera, die die Augenbewegungen des Fahrers verfolgt. Wenn der Fahrer zu lange nicht auf die Straße schaut oder müde wird, warnt das Auto ihn mit einem Ton. Auch bei Varroc gab es die Möglichkeit, selbst in einem Simulator aktiv zu werden. Und das auch noch im Trockenen. 

Zumindest das Messegelände und die Stände der Aussteller waren trotz des regnerischen Wetters gut besucht. Auch die Veranstalter zeigten sich am Freitag zufrieden. Und sogar für die Aktionen unter freiem Himmel besteht  noch Hoffnung: Die Messe hat am Samstag ein letztes Mal geöffnet. 

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