Neue Erkenntnisse über VerdächtigeWas wir über den geplanten Terroranschlag am Kölner Dom wissen

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Ein Polizeiwagen steht vor dem Kölner Dom.

Nach wie vor bewacht die Polizei den Kölner Dom wegen eines befürchteten Anschlags.

Nach der Terrorwarnung ist Silvester in Köln und am Dom weitestgehend friedlich verlaufen. Entwarnung gibt die Polizei noch nicht.

Bereits seit Weihnachten ist die Kölner Polizei wegen einer islamistischen Terrorwarnung für Silvester in erhöhter Alarmbereitschaft. In der Silvesternacht wurden die Schutzmaßnahmen noch einmal erhöht. Über 1000 Polizisten patrouillierten durch Köln, vor dem Dom waren auch mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten unterwegs. Ein Anschlag konnte verhindert werden. Doch Entwarnung gibt die Polizei noch nicht. Wie geht es bei den Ermittlungen weiter? Was passiert mit den Verdächtigen? Und wann können Touristen wieder den Dom besuchen? Ein Überblick.

Wie ist der Stand der Ermittlungen?

Die Ermittlungen werden „weiter mit Hochdruck geführt“, teilte die Polizei am Dienstag mit. Am 31. Januar sprach die Kölner Polizeispitze von einem „Geflecht von Menschen aus Zentralasien“, die mit den Anschlagsplänen am Dom in Verbindung gebracht werden. Insgesamt nahm die Polizei seit Heiligabend fünf Personen in Gewahrsam, die mit den Anschlagsplänen in Verbindung stehen sollen. 

An Silvester gab die Polizei lediglich bekannt, dass als Tatmittel ein Auto eine Rolle spielen soll. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus NRW-Sicherheitskreisen erfuhr, haben die Staatsschützer verschiedene Anschlagsszenarien durchgespielt. So wollte man nicht ausschließen, dass die Terroristen über eine Treppe hinauf zur Domplatte mittels Pkw hochfahren könnten, um die Menschen vor der Kathedrale anzugreifen. Oder den Wagen voller Sprengstoff vor dem Dom in die Luft zu jagen. Genaues ist bisher nicht bekannt.

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Welche Sicherung gibt es, damit Fahrzeuge nicht auf die Domplatte gelangen können?

Im Sommer 2017 reagierten der damalige Polizeipräsident Uwe Jacob und der damalige Stadtdirektor Stephan Keller auf einen Terroranschlag in Barcelona. Ein Mann fuhr damals dort in eine Menschenmenge. Jacob sprach daraufhin von einer hohen abstrakten Anschlaggefahr in der Domumgebung. Eilig ließ die Stadt an den Zugängen zur Domplatte Steine aufstellen, um den Weg für Fahrzeuge zu versperren. Nach einem halben Jahr wurden diese schließlich durch 90 Stahlpoller ersetzt, die den Dom seitdem umgeben. Die Verwaltung investierte 250.000 Euro, um die Domplatte in ein Bollwerk gegen Anschläge zu verwandeln.

Gibt es eine Möglichkeit, trotz der Pollerbarriere mit einem Fahrzeug direkt vor den Dom zu fahren?

Am Wallrafplatz gibt es einen Zugang für den Lieferverkehr, so dass die Poller dort regelmäßig über längere Zeiträume im Boden versenkt sind. Im Sommer 2018 war es zu einem Zwischenfall gekommen, als ein Mann seinen Transporter vor dem Südturm des Doms parkte und dann mehrfach in die Kathedrale hinein- und wieder herausging, was einen Polizeieinsatz nach sich zog. Auch dieser Mann hatte die Anlieferzeit genutzt, um mit dem Fahrzeug auf die Domplatte zu gelangen.

Was ist über die Verdächtigen bekannt?

In die Terrorpläne sollen fünf Verdächtige verwickelt sein, die nach Informationen dieser Zeitung zum Helferkreis der Terrorgruppe Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) gehörten, deren Mitglieder im Juli verhaftet wurden. Einer von ihnen soll im Gespräch mit einem Prediger angedeutet haben, dass er sich opfern wolle. Ob und wie ist bisher unklar.

Seit der BKA-Meldung fahndeten die Kölner Staatsschützer nach fünf Verdächtigen. Zu dem Kreis zählte etwa Mukhammadrajb B.. Der 30-jährige Tadschike lebte im Saarland, soll aber mit Helfern der Terror-Zelle in Verbindung gestanden haben. Als Spezialeinsatzkräfte den Islamisten im Zuge der Gefahrenabwehr festnahmen, ließ ihn ein Richter aufgrund mangelnder Beweise wieder frei. Danach fuhr B. zu einem alten Bekannten nach Wesel und wurde dort erneut festgesetzt. Der Landsmann tauchte immer wieder im Terror-Umfeld auf. Mal besuchte er Treffen mit dem Kern-ISPK-Kommando, mal stellte er Autos zur Verfügung.

Bis zum 14. Januar sitzt auch der 25-jährige Tohir M. aus Nörvenich im Langzeitgewahrsam. Inzwischen wurde er von Aachen nach Dortmund verlegt. Die anderen drei Verdächtigen kamen auf richterlichen Beschluss wieder frei. Offenbar waren die Hinweise auf eine Tatbeteiligung zu dünn.

Einer von ihnen ist Mahmud S. (Name geändert). Er zählte zum engeren Zirkel der ISPK-Terrortruppe. Die Ermittler registrierten bei dem 30-jährigen Usbeken auffällige Reisebewegungen in die Ukraine, nach Ungarn, Bulgarien oder auch nach Österreich. Dort soll der Terrorplot auf die Kirchenhäuser geplant worden sein.

Mahmud S. soll hauptsächlich falsche Dokumente in der Ukraine und anderswo beschafft haben. Zudem organisierte er Treffen mit dem tadschikischen Terror-Kommando in seiner Unterkunft. Die Truppe holte bei ihm auch Pakete ab, deren Inhalt bisher nicht bekannt ist.

Auch soll Mahmud S. mit einem deutsch-türkischen Hassprediger aus Herne Kontakt gehalten haben, der bereits in der Vergangenheit immer wieder Anlaufstelle für die ISPK-Terrorgruppe war. Observationskräfte fotografierten Treffen, bei denen mutmaßliche Terrorhelfer im Moscheeverein des Predigers in Herne verdächtige Plastikbehälter abholten. Der Deutsch-Türke wurde vor zwei Jahren wegen der Unterstützung einer afghanischen Terrorvereinigung zu zwei Jahre auf Bewährung verurteilt.

Was passiert, nachdem die Gewahrsam endet?

Theoretisch besteht nach dem Polizeigesetz die Möglichkeit, die Festsetzung der Männer um weitere 14 Tage zu beantragen. Darüber müsste erneut ein Richter entscheiden. Ob gegen die Männer auch Anklage erhoben wird, steht aber auf einem anderen Blatt. Die Kölner Polizei sei ausschließlich für die Gefahrenabwehr zuständig, so ein Sprecher.

Federführend in den Ermittlungen ist das Bundeskriminalamt (BKA), wie Polizeipräsident Hermanns Ende des Jahres betonte. Zu laufenden Ermittlungen äußere man sich aber nicht, teilte ein Sprecher des BKAs mit.

Wann enden die Schutzmaßnahmen am Dom?

Auch nach der Silvesternacht öffnet der Kölner Dom bis auf Weiteres nur für Messen und zur Beichte. „Die Polizei hat die Maßnahmen inzwischen reduziert, zeigt weiterhin im Domumfeld Präsenz und kontrolliert die Besucherinnen und Besucher der Messen“, teilte die Polizei am Dienstag mit.

Auch der traditionelle Segnungsgottesdienst der Karnevalisten am 3. Januar findet statt. Allerdings seien derzeit „keine waffenähnlichen Gegenstände im Dom erlaubt“, so ein Sprecher zum „Kölner Stadt-Anzeiger“. 

„Eine Vorhersage des Zeitpunkts, ab wann wir gegebenenfalls Maßnahmen weiter zurücknehmen können, ist aktuell nicht möglich“, sagt Martin Lotz, Leiter der Direktion Gefahrenabwehr und Einsatz. Er hoffe, dass so bald wie möglich wieder „eine gewisse Normalität“ zurückkehren könne. „Es ist ein Bild, das sich niemand von uns wünscht, wenn Einsatzkräfte Besucher christlicher Messen durchsuchen.“

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