Tod, Abenteuer und FluchtKölner Autor schreibt Roman über die Galapagos-Affäre

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Floreana

Die Galapagos-Insel Floreana

Köln – Die Geschichte hat ihn einfach nicht mehr losgelassen. 2014 las Werner Köhler, Kölner Schriftsteller und Gründer der lit.Cologne, einen Zeitungsartikel über die lang zurückliegende Galapagos-Affäre, in der eine Kölner Familie eine zentrale Rolle spielt. 

Die Wittmers waren 1932 auf die winzige Galapagos-Insel Floreana ausgewandert. Warum sie ihr Leben hier zurückließen und Heinz Wittmer seine Anstellung im Sekretariat des damaligen Bürgermeisters Konrad Adenauer aufgab, ist unklar. Die Begründung, die Eltern wollten ihrem Sohn, der unter Lungen- und Augenkrankheiten litt, in eine gesündere Umgebung bringen, ist jedenfalls angesichts der unwirtlichen Verhältnisse am anderen Ende der Welt zweifelhaft. Vielleicht war es Abenteuerlust, vielleicht eine Flucht.

Floerana Familie

Die Familie Wittmer 1933 vor ihrem ersten Steinhaus

Die Wittmers treffen auf der Insel auf die einzigen Siedler, ein Paar aus Berlin. Dann kommt eine dubiose, angebliche Gräfin – von den anderen Inselbewohnern auch als „Dämon“ bezeichnet – mit zwei Männern dazu, offenbar ihre Geliebten. Es geht um die Verteilung von Land, Wasser, Macht und die sporadischen Sendungen vom Festland.

Ungeklärte Todesfälle auf Floreana

Alles andere als eine Idylle. Innerhalb weniger Jahre kommen auf dem Vulkaneiland drei Menschen unter ungeklärten Umständen ums Leben und drei weitere verschwinden spurlos. Abenteurer, Wissenschaftler und wohlhabende Kreuzfahrer, die auf Floreana Station machen, tragen die Geschichte in die Welt.

Margret Wittmer die erst im Jahr 2000 verstarb, hat ihre Version der Geschehnisse in ihrem Buch „Postlagernd Floreana“ aufgeschrieben. Doch das bleibt merkwürdig an der Oberfläche und ist vor allem bei den Todesfällen recht kurz angebunden. 2014 erschien ein aufwendiger US-Dokumentarfilm mit überraschend viel Original-Filmmaterial. Kinder und Enkelkinder des Ehepaars Wittmer leben noch heute auf Floreana und betreiben ein kleines Hotel. Doch die Geschichte bleibt nebulös, wie unter einer Glocke.

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Autor Werner Köhler

Werner Köhler recherchierte monatelang, schaute sich auf Youtube die Schauplätze an, studierte alle Quellen. „Mich hatte das Inselfieber sofort gepackt. Das ist ein Drama – bigger than life. Einem Drehbuchautor würde man so etwas nicht abnehmen.“ Aber als Grundlage für einen Roman, da habe es ihn „sofort getriggert“. Die Frage war dann: Wie kann man diese Geschichte literarisch verarbeiten? Sie nachzuerzählen, hätte wenig Sinn gemacht. Schließlich entschloss sich Köhler, dem realen Hintergrund eine fiktive Figur einzupflanzen, die ihre eigene – wie sich herausstellt ebenso verstörende – Geschichte erlebt.

Roman-Figur trifft Kölner Auswanderer

In „Die dritte Quelle“ schickt er den Hamburger Harald Steen (64) nach Floreana. Der Einzelgänger kämpft gegen die Dämonen in seiner Seele an und versucht – wie die Siedler damals – auf der Insel eine Lösung zu finden. Er glaubt, dass seine eigene Familiengeschichte mit der Galapagos-Affäre verbunden ist.

Steen trifft hier auf reale Figuren des Galapagos-Mythos: Margret Wittmer und ihren Sohn Rolf, der (auch heute noch) Schiffstouren anbietet. Er übernachtet im Hostal Wittmer. Margret Wittmer spricht sogar noch Kölsch – Gerd Köster hat, wie in der Danksagung von Köhler erwähnt, dafür gesorgt, dass ihr rheinischer Singsang korrekt ist.

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Harald Steen erliegt bald dem Sog von Floreana und dringt immer tiefer in die kleine Gesellschaft auf der Insel ein, versucht sogar, das harte Leben in Wald und Höhlen nachzuspielen, wie es die Ur-Siedler am Anfang durchlitten haben.

Aber bald verschwimmen Realität und Wahnvorstellung. „Man fühlt sich wie auf den schwankenden Bohlen eines Schiffes“, sagt Köhler. Sein Hauptthema: Es gibt nichts, auf das man sich weniger verlassen kann, als auf die eigene Erinnerung. Geschichte und Geschichten vermischen sich. „Nichts ist so, wie es scheint.“ Entstanden ist so ein moderner Abenteuerroman, der in den Bann zieht.

Vorgänge auf Galapagos sind rein fiktiv

Köhler betont, dass die Vorgänge im Roman mit den realen, noch auf der Insel lebenden Personen nichts zu tun haben, alle Dialoge sind erfunden. Der ansonsten weitgereiste Autor war nie auf Floreana und er sagt: „Es zieht mich auch nichts dorthin.“ Das raue Eiland sei etwas für Taucher und für Menschen, die sich für die archaischen Tiere dort interessierten. Sein Roman sei kein Reiseführer, sondern Fiktion.

Aber Inseln seien nun mal stets Orte, an denen sich die merkwürdigsten Typen sammeln und die unglaublichsten Geschichten passieren. Also hervorragende Schauplätze für Romane. Und Inselfieber kann man auch bekommen, wenn man in Köln bleibt. „Ich fühle mich, als wäre ich dagewesen.“ Werner Köhler: Die dritte Quelle, Kiepenheuer & Witsch. Der Autor liest aus dem Roman am 24. März im Rahmen der lit.Cologne im Comedia Theater in der Südstadt. 

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