Trauriger SpitzenreiterNirgendwo in NRW gibt es so viele Wohnungslose wie in Köln

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Obdachlose Köln WEISER

Schlafstätte an der Kölnrt Severinstorburg

Köln – Es gibt viele Gründe, warum Frauen in Köln ihre Wohnungen verlieren: Petra (Namen geändert) verliebt sich in den falschen Mann und trennt sich nach Monaten häuslicher Probleme. Simone verliert ihren Job und muss sich mit Hartz IV über Wasser halten. Wiltrud war Arzthelferin, ihr drohte die Obdachlosigkeit, nachdem ihr Vermieter Eigenbedarf angemeldet hat. Sie alle lebten zeitweise im „Haus Zwischenzeit“, einem Projekt des Sozialdienstes katholischer Frauen für Frauen, die keine Wohnung finden.

Menschen ohne festen Wohnsitz sind in Köln keine Einzelfälle. Die Zahl der wohnungslosen Haushalte ist in Köln 2018 im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent angestiegen. Während 2017 noch 2343 Haushalte über keinen festen Mietvertrag verfügten, waren es 2018 bereits 2464, heißt es im städtischen Bericht „Die Situation wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Frauen in der Stadt Köln“, der zum Teil auf Zahlen des NRW-Statistikamtes (IT NRW) beruht. Die Zahl der Betroffenen sank von 6037 leicht auf 5978, ist aber in keiner anderen Stadt in NRW so hoch wie in Köln. In Dortmund wurden laut IT NRW 1411 wohnungslose Menschen gezählt, in Düsseldorf 4793 Personen.

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NRW: In NRW erhöhte sich die Zahl der obdachlosen Menschen um 37 Prozent. 2018 waren 44 434 ohne Wohnung, 2017 waren es noch 32 286. Der Anstieg sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass anerkannte Asylbewerber auf dem angespannten Wohnungsmarkt keinen bezahlbaren Wohnraum finden könnten und diese in städtischen Unterkünften untergebracht werden müssten. Laut IT NRW liegt der landesweite Anteil der obdachlosen Frauen bei 30,3 Prozent.

Ohne Mietvertrag: Bei den in der Statistik erfassten Personen handelt es sich um Menschen, die keinen Mietvertrag besitzen, aber nicht obdachlos sind. Wie viele Menschen tatsächlich auf der Straße leben, ist unbekannt. Für Köln schätzen Experten die Zahl auf einige Hundert. Derzeit sei die Szene von Menschen aus Osteuropa dominiert. Der Grund: Während Deutsche einen Anspruch darauf haben, im Notfall von der Stadt eine Unterkunft zu erhalten, gilt dies nicht unbedingt für Osteuropäer.

Wohnungslose Frauen: Der Verein Benedikt Labre und der Landschaftsverband Rheinland die Angebote der Wohnungslosenhilfe durch die Arbeit von Streetworkern erweitert. Dabei habe sich herausgestellt, dass ein Viertel der Wohnungslosen Frauen sind – 101 der aufgesuchten 431 Menschen. „Außerdem muss die Dunkelziffer bei wohnungslosen Frauen deutlich höher angenommen werden als bei wohnungslosen Männern, da viele Frauen ihre Wohnungslosigkeit verschweigen oder in ungesicherten Wohnverhältnissen leben“, so der Bericht. Vergleichsweise hoch ist der Anteil von älteren wohnungslosen Frauen. 30,2 Prozent der registrierten Frauen waren im Alter zwischen 50 und 65 Jahren.

Erkrankungen verschlimmern sich auf der Straße

Erkrankungen: In den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe zeige sich seit Jahren über alle Altersgruppen hinweg ein steigender Anteil von Frauen mit psychischen Erkrankungen. Diese seien oft Auslöser für die Wohnungslosigkeit, weil es den Frauen aufgrund der Erkrankung nicht möglich sei, Wohnung, Arbeit und ein soziales Umfeld zu erhalten. Andererseits verschlimmerten sich die Erkrankungen auf der Straße. „Fehlende Krankheitseinsicht, geringe eigene Ressourcen, ein fehlendes soziales und familiäres Stützsystem, selbst gewählte Isolation oder gesellschaftliche Segregation erschweren es den Frauen, Hilfe anzunehmen.“

Jugendliche: Schwer zu schätzen ist, wie viele Kinder und Jugendliche ohne eine feste Wohnung leben müssen. Deutschlandweit schätzt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Wohnungslosenhilfe die Zahl auf acht Prozent der Wohnungslosen. Für Kinder habe der Verlust der Wohnung „gravierende negative Auswirkungen“ auf die Entwicklung, die Bildungschancen, Gesundheit und das persönliche Sicherheitsempfinden. Zwangsräumungen können Angstzustände und Depressionen nach sich ziehen, schulische Leistungen gingen oft zurück. Kinder, die zeitweise von ihren Eltern getrennt würden, hätten ein doppelt so hohes Risiko, später selbst obdachlos zu werden.

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