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„Uni Köln hat mich fallen lassen“Kölner Wachmann rechnet nach Kündigung mit Security-Branche ab

Lesezeit 6 Minuten
An der Uni Köln sind in acht Gebäuden Brandwachen im Einsatz, um den in die Jahre gekommenen Brandschutz aufrecht zu erhalten (Symbolbild)

An der Uni Köln sind in acht Gebäuden Brandwachen im Einsatz, um den in die Jahre gekommenen Brandschutz aufrecht zu erhalten (Symbolbild)

Der Security-Mann Peter S. (Name geändert) hat jahrelang an der Uni Köln gearbeitet. Nachdem er Unstimmigkeiten angeprangert hat, kündigte seine Firma ihn.

Mit der Branche hat Peter S. (Name geändert) abgeschlossen. Ein Zurück gibt es für ihn nicht mehr. Der 41-Jährige hat acht Jahre als Sicherheitsmann gearbeitet. Im Zuge der Flüchtlingswelle 2015 begann er als Wachmann in einer Flüchtlingsunterkunft. Nach etwa einem Jahr wechselte er an die Uni Köln. Hier war er rund sieben Jahre tätig.

S. berichtet von Missständen in der Security-Branche, von Personal mit unzureichenden Qualifikationen, von Dumpinglöhnen und befristeten Arbeitsverträgen: Die Uni muss als öffentliche Einrichtung alle paar Jahre eine Ausschreibung veröffentlichen und vergibt die Verträge an Sicherheitsfirmen in der Regel für vier Jahre – was für S. bedeutete, dass er sich im gleichen Rhythmus oder öfter bei einer neuen Firma bewerben musste.

Security-Mitarbeiter berichtet über Missstände: „Gab nur Probleme“

„Von 2023 bis jetzt gab es nur Probleme mit den Firmen“, berichtet S. „Ich möchte nicht alle paar Jahre den Arbeitgeber wechseln. Ich habe Kopfschmerzen davon und keine Lust mehr.“ Am Decksteiner Weiher hält er an einem Vormittag Anfang Mai Dokumente in der Hand, um seine Erzählungen zu belegen: Kündigungsschreiben, Chatverläufe, eine Gehaltsabrechnung.

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Hauptgebäude der Universität zu Köln am Albertus-Magnus-Platz.

Hauptgebäude der Universität zu Köln am Albertus-Magnus-Platz. Die Uni Köln hat im Jahr 2024 1,3 Millionen Euro für Sicherheit ausgegeben.

Seine damalige Firma bezahlte ihm eine sechsmonatige Schulung zum Truppmann. Das ist eine Bezeichnung aus dem Feuerwehr-Bereich und meint die Grundausbildung einer Einsatzkraft. Nach der Schulung leitete er an der Uni Köln zuletzt bis zu 30 Wachleute an, die für den Brandschutz in acht Universitätsgebäuden sorgen sollen, da er den gesetzlichen Vorgaben nicht mehr genügt. Einen Brand hat es laut Peter S. in all den Jahren nicht gegeben. Der Job an sich sei eigentlich entspannt gewesen.

Sicherheitspersonal: Mehrere Firmen an der Uni Köln in wenigen Jahren

Die Bedingungen jedoch nicht: Er war bei drei unterschiedlichen Firmen angestellt. Zuletzt bei der D.A.G. Security aus Lüneburg, die von Januar bis Ende Mai den Auftrag hatte, an der Uni Köln für die Sicherheit bei Veranstaltungen und für den Brandschutz zu sorgen. Weiteres Sicherheitspersonal setzt die Universität zur Unterstützung des Hausmeisterdienstes, zur Betreuung der Garderobe oder zur Einlasskontrolle ein, teilt die Uni Köln auf Anfrage mit. Hierfür sind andere Firmen zuständig. Im Jahr 2024 gab die Uni Köln 1,3 Millionen Euro für Sicherheit aus.

Zu den Vorgängern der D.A.G. zählten laut Unisprecherin in der Zeit von 2020 bis 2024 AGSUS und WIS. „Häufig übernimmt die neue Firma dann das Wachpersonal vor Ort. Es kommt auch schonmal vor, dass die alte Firma die Mitarbeiter blockiert und nicht aus dem Vertragsverhältnis lässt“, sagt S. Bei der D.A.G. Security, so berichtet es S., hätten die Probleme nicht lange auf sich warten lassen. Die Firma habe das erste Gehalt zunächst nicht überwiesen. „Als am 13. Februar dann die Abrechnung kam, war sie fehlerhaft“, so S.

In der Sicherheitsbranche gelten gesetzlich festgelegte Tarife. Es gibt einen Grundlohn und Zuschläge für die Arbeit am Wochenende oder an Feiertagen. Peter S. verdiente 15,98 Euro Grundlohn plus 2,50 Euro als Zuschlag, also bis zu 18,55 Euro brutto pro Stunde. „Die Gehaltsabrechnung enthielt die Zuschläge aber nicht“, so der 41-Jährige. Und das, obwohl er sonntags gearbeitet habe. Also fragte er in einer gemeinsamen Whatsapp-Gruppe bei den Kollegen nach. „Bei den anderen gab es auch Unstimmigkeiten, die Firma hat uns immer wieder hingehalten“, so S. Chatverläufe, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegen, zeigen das. Einer, der auch zum leitenden Personal gehört, schrieb: „Ich wurde mit Brandwachen-Stundensatz abgerechnet und muss auch Rechnungen zahlen. Bitte um Info.“

Sicherheitsmann suchte mit Kollegen das Gespräch zur Uni Köln

Schließlich entschied Peter S. sich dazu, sich mit zwei weiteren Kollegen direkt an die zuständige Abteilung in der Universitätsverwaltung zu wenden. „Hier kam ans Tageslicht, dass der Kollege, von dem wir wussten, dass er Objektleiter ist, an der Uni nicht als solcher geführt wurde. Stattdessen war einer von D.A.G. als Objektleiter vermerkt, der aber gar nicht vor Ort arbeitet.“ An einem Dienstag im März sei das Gespräch mit der Uni gewesen, sonntags zuvor sei er bereits aus der Whatsapp-Gruppe entfernt worden, sagt Peter S. Dieser Zeitung liegt die Unterhaltung vor. „Ich habe den Mund aufgemacht, weil es Gesetze gibt, an die man sich halten muss.“

Montags und dienstags sei er noch normal zu seiner Schicht erschienen, obwohl ihm nahegelegt worden sei, nicht zu kommen. „Dann war ich angeschlagen, habe nicht mehr gut geschlafen. Ich habe mich krankschreiben lassen.“ Das Kündigungsschreiben sei während der Krankschreibung gekommen. Derzeit geht S. anwaltlich gegen die Firma vor: Er fordert sein korrektes Gehalt und die Bezahlung während der Krankschreibung sowie ein Arbeitszeugnis.

„Ich möchte der Uni und der D.A.G. auch einen Denkzettel verpassen. In meinen Augen hat die Uni mich fallen lassen. Ich erwarte, dass sie nur Firmen einstellen, die korrekt sind und diese dann besser kontrollieren.“ Aufgefallen sind Peter S. auch Unstimmigkeiten bei den Wochenendschichten. Weil D.A.G. diese nicht durch eigenes Personal habe decken können, hat die Firma einen Subunternehmer aus Köln beauftragt, was die Uni Köln bestätigt. „Welche Schichten konkret abgedeckt werden, ist für die Leistungserbringung aus Sicht des Auftraggebers UzK irrelevant und daher vertraglich nicht geregelt“, teilt die Uni weiter mit. Laut Peter S. hätten nicht die nötigen Qualifikationen bei den Mitarbeitern vorgelegen. „Diese haben uns erzählt, dass sie den entsprechenden Schein als Truppmann nicht haben.“

Nachvollziehen ließe sich das laut S. an den Wachbüchern, in die sich das Wachpersonal mit seinen Schichten namentlich einträgt. Auch Peter S. Daran habe der 41-Jährige gemerkt, dass am Wochenende Personen gearbeitet hätten, die dazu eigentlich nicht befugt seien. Die D.A.G. habe die Wachbücher später „ausgetauscht“, so S., um zu kaschieren, dass der Subunternehmer nicht über die nötigen Referenzen verfügt. Peter S. hat von den Büchern Fotos gemacht.

Subunternehmer an der Uni Köln: Fehlerhafte Dokumentation der Schichten

„Der Uni habe ich ein Screenshot der Wachbücher zukommen lassen“, sagt S. Die E-Mail, in der die zuständige Mitarbeiterin bestätigt, der Sache nachgehen zu wollen, liegt dieser Zeitung vor. Die Firma D.A.G. Lüneburg hat sich auf mehrfache Nachfrage nicht zu den Vorwürfen geäußert, weder schriftlich noch per Telefon.

Die Uni Köln bestätigt erst bei der dritten Anfrage das stattgefundene Gespräch zwischen Verwaltungsmitarbeitern und Security-Personal. Zu den Wachbüchern und den angeblichen Unstimmigkeiten teilt sie mit: „In den Verträgen mit den Wachunternehmen wird festgehalten, welche Dokumente die UzK als Auftraggeber einsehen kann, um beispielsweise die eingereichten Monatsrechnungen überprüfen zu können. Ein Bestandteil der Rechnungsprüfung ist auch die Schichtplanung auf Basis der Wachbücher.“ 

Der Vertrag zwischen D.A.G. Security und Uni endete am 31. Mai, die Firma habe das Vertragsverhältnis gekündigt, heißt es weiter. Wie es dazu kam? „Die Anforderungen an unseren Vertragspartner gelten auch für eingesetzte Subunternehmen. Die von DAG vorgelegten Dokumente haben zu Nachfragen bei DAG geführt; kurz darauf erfolgte dann die Kündigung durch das Unternehmen.“

Peter S. wundert das nicht. „Ihnen ist wegen der fehlenden Referenzen keine andere Chance geblieben“, mutmaßt er. Die Ausschreibung für den neuen Vertrag ab dem 1.1.26 soll im 3. Quartal dieses Jahres gestartet werden, teilt die Uni mit. Seit dem 1. Juni hat eine Interimsfirma die Aufgaben des Brandschutzes übernommen. Peter S. will davon aber nichts mehr wissen, er hat eine kaufmännische Ausbildung und möchte sich beruflich umorientieren.