Wegen LärmbelastungAnwalt fordert Tempo 30 für 14 Kölner Straßen – „nie ruhig“

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Kämpfen für Tempo 30 im Kölner Stadtgebiet: Rechtsanwalt Wolfram Sedlak (3.v.l.) und die Anwohner mehrerer Straßen.

Köln – Tagsüber sorgt der Berufsverkehr für Lärm. Nachts scheppern die Lastwagen über die Straße An St. Katharinen. Ein Fenster zur Straßenseite öffnen – meistens unmöglich. „Eigentlich ist es nie ruhig“, sagt Anwohner Manuel Braun. Seit vier Jahren wehrt er sich gegen den Verkehrslärm und kämpft für Tempo 30 in und um die kleine Straße nahe der Severinsbrücke, die parallel zur B 55 verläuft. Noch nie standen seine Chancen so gut wie heute.

An vier Straßen in Köln muss die Stadt Anträge auf Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit erneut prüfen. Das hat das Verwaltungsgericht Köln schon vor einer Woche beschlossen. Für Rechtsanwalt Wolfram Sedlak ist das aber erst der Anfang. „14 Straßen im Stadtgebiet befinden sich aktuell in Klageverfahren“, sagt Sedlak. Es müssten zunächst alle Interessen gegeneinander abgewogen werden. „Wenn die Lärmbelastung an diesen Straßen aber zu groß ist, sind den Autofahrern wenige Sekunden Zeitverlust durch Tempo 30 zuzumuten.“

Geräuschpegel wird deutlich überschritten

Zu den Straßen, auf denen Anwohner eine Geschwindigkeitsgrenze von 30 Kilometern pro Stunde fordern, gehören zum Beispiel die Jesuitengasse in Weidenpesch, die Bergstraße in Nippes, die Siegburger Straße zwischen Deutz und Poll und die Lindenstraße in der Innenstadt. Sedlak und die Klagenden berufen sich auf die 16. Bundesimmissionsschutz-Verordnung. In der Lärmschutz-Richtlinie von 2007 wird der für Bürger zumutbare Geräuschpegel mit 70 Dezibel am Tag und 60 in der Nacht angegeben. Die Verordnung zieht die Grenze aber schon bei jeweils elf Dezibel weniger. Ursprünglich wurden die Grenzwerte in der Verordnung für den Neubau oder wesentliche Änderungen an einer Straße festgelegt.

Bei bestehenden Straßen seien die gesundheitlichen Risiken aber nicht anders zu bewerten, erläutert Sedlak. „Es handelt sich zwar nur um Orientierungswerte, nicht um Richtwerte. Wenn es aber Anhaltspunkte für eine Belastung gibt, muss die Verkehrsbehörde prüfen." An allen 14 Straßen werden die Werte überschritten, teils deutlich. Am Clevischen Ring in Mülheim etwa liegt der Dezibelwert tagsüber bei 79.

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Rechtsanwalt Wolfram Sedlak hat sich auf Umweltrecht spezialisiert.

Das hat die Verkehrsbehörde der Stadt bisher aber nicht getan. Alle Anträge wies sie ab und begründete das mit den Folgen von Tempo-30-Zonen für den Verkehr – Rückstau, Schleichverkehre, schlechterer Verkehrsfluss. Nichts davon könne die Stadt belegen, sagt Sedlak. „Dieses Verhalten ist nicht nur rechtswidrig. Unter Umständen begeht die Stadt sogar fahrlässige Körperverletzung.“ Für Sedlak ist klar: Dass sich der Verkehr verlagert, ist unwahrscheinlich. „Vor allem dann, wenn in den Nachbarstraßen auch Tempo 30 gefahren wird.“

Tempo 30 gilt nur für einzelne Straßenabschnitte

Bis die Anwohner der 14 Straßen ihr Ziel erreichen, ist es trotzdem noch ein weiter Weg. „Die größte Schwierigkeit ist, dass nur der einzelne Bürger klagen kann. Keine Initiative“, so der Rechtsanwalt. Hinzu kommt: Bisher eingeführte Tempolimits gelten teilweise nur für wenige Hundert Meter, nicht für ganze Straßen oder die tatsächlichen Lärmverursacher. An St. Katharinen etwa gibt es ein Tempolimit. An der Auffahrt zur Severinsbrücke aber, wo die Lärmbelastung entsteht, gibt es keins. „Dass nur abschnittsweise Tempo 30 gilt – bundesweit habe ich das noch nicht erlebt“, sagt Sedlak, der bereits seit den 90er Jahren in Berlin für Tempo 30 klagt.

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Eine Grundgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde in Städten mit Ausnahmen hält Sedlak für machbar. Auch Anwohner Manuel Braun befürwortet diesen Schritt. Wichtiger ist ihm aber, dass Autos nicht mehr höchste Priorität im Stadtverkehr haben.

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