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Nach der OB-WahlWer mit wem über Bündnisse im Kölner Stadtrat verhandelt

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04.09.2025, Köln: #StadtKöln Letzte Sitzung des Rat der Stadt Köln vor der Kommunalwahl. Es ist die  44.  Ratssitzung dieser Wahlperiode und die letzte Stadtratssitzung von Henriette Reker im Amt der Oberbürgermeisterin. Foto: Arton Krasniqi

Im September leitete Henriette Reker ihre letzte Ratssitzung - jetzt verhandeln Andere über Bündnisse

Torsten Burmester wird ab dem 1. November Oberbürgermeister sein. Mit seiner SPD allein wird er allerdings nichts erreichen können.

Die Wahlnacht war rauschend, die Euphorie groß. Aber am Montagmorgen musste die Kölner SPD direkt wieder in den Arbeitsmodus schalten. Denn bei aller Freude über die Wahl von Torsten Burmester zum nächsten Oberbürgermeister von Köln, bleibt es eine immense Herausforderung für die Parteien im Stadtrat, zu einem tragfähigen Bündnis oder zumindest verlässlichen Absprachen zu kommen. Also tagte der geschäftsführende Vorstand der SPD-Fraktion am Montagmorgen wie gewohnt im kleinen Kreis und später am Tag zusammen mit der Parteispitze und Burmester. Mit Blick auf die anderen Parteien sagte der SPD-Fraktionschef Christian Joisten: „Jetzt fängt es so richtig an, alle reden mit allen.“

Die SPD stellt den Oberbürgermeister, die Grünen sind die stärkste Fraktion

Die SPD hatte vor der Stichwahl immer betont, zwar schon Gespräche zu führen, aber noch nichts zu verhandeln. Man wolle erst abwarten, wer OB wird, hieß es. Denn diese eine Extra-Stimme für die SPD oder die Grünen würde entscheidend sein für die Möglichkeit bestimmter Bündnisse. Jetzt ist klar: Die SPD stellt mit Torsten Burmester den Oberbürgermeister. Dadurch wird, rein rechnerisch, ein Bündnis aus SPD, CDU, Volt und der gemeinsamen Fraktion aus FDP und Kölner Stadtgesellschaft möglich.

Mit 46 Stimmen (45 Ratsleute plus der OB) im 90-köpfigen Rat stünde die Mehrheit allerdings auf sehr wackligen Füßen. Ebenso wie jene, die sich bei einem Bündnis aus SPD, Grünen und Volt ergäbe (ebenfalls 45 Ratsleute plus der OB). Blieben noch die Möglichkeiten eines breiten Bündnisses aus SPD, Grünen und CDU (59 Stimmen inklusive OB) oder eines aus SPD, Grünen und Linken (51 Stimmen inklusive OB).

Brisant ist, dass die SPD (18 Sitze im Rat) nun zwar den Oberbürgermeister stellt, die Grünen mit 22 Sitzen aber weiterhin die stärkste Ratsfraktion stellen. Und dass es bei zwei großen Themen wenig Einigungspotenzial zwischen diesen beiden Parteien gibt: dem KVB-Tunnel auf der Ost-West-Achse und der Gleueler Wiese, die der 1. FC Köln gern mit neuen Fußballplätzen bebauen würde. Die SPD will den Tunnel und die Fußballplätze, die Grünen wollen beides nicht.

Aus Fraktionskreisen der SPD ist inzwischen immer häufiger eine Liebäugelei mit einer für Köln neuen Partei-Zusammenarbeit im Rat zu vernehmen. Bei dieser Variante könnten sich die Parteien auf ein Bündnis in Sachen Haushalt und Personal einigen und für alle weiteren Themen wechselnde Verbünde schmieden.

Die SPD-Co-Parteichefin Claudia Walther sagt: „Wir starten am Dienstag mit den Gesprächen und sind noch offen in alle Richtungen, abgesehen von der AfD.“ Joisten betont, dass es für die SPD wichtig sei, „eine tragfähige, stabile Lösung“ zu finden: „Und es muss eine Lösung sein, mit der wir unsere inhaltlichen Ziele erreichen können.“ Die Zusammensetzung des Rates mache deutlich, dass die Verhandlungen schwierig werden.

Es gibt eine Konstellation, ohne die Grünen ein Bündnis zu bilden

Die Grünen sehen sich als Sieger der Kommunalwahl trotz der Niederlage von Berivan Aymaz bei der OB-Stichwahl auch weiterhin in einer starken Verhandlungsposition, was die Bildung eines Ratsbündnisses anbelangt. „Wir werden weiterhin intensiv Gespräche führen, um auszuloten, wer zu welchen Konditionen bereit ist, Verantwortung für diese Stadt zu übernehmen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin am Montag. Köln stehe vor großen Herausforderungen. „Klimaschutz, Verkehrswende, sozialer Wohnungsbau und solide Finanzen – für all das braucht es eine Mehrheit unter den demokratischen Fraktionen“, sagte Martin.

Aus Sicht der Grünen reicht ein reines Haushalts- und Personalbündnis also offensichtlich nicht aus, um im Stadtrat in den kommenden fünf Jahren zuverlässig zu Entscheidungen zu kommen. Eine stabile Mehrheit wäre allerdings nur mit SPD und Linke zu erreichen oder in der großen Variante mit SPD und CDU. Mit Grünen, SPD und Volt hätte ein Bündnis nur aufgrund der OB-Stimme überhaupt eine Mehrheit – fraglich, ob dieses Konstrukt dauerhaft halten würde.

Es gibt nur eine Konstellation, ohne die Grünen ein Ratsbündnis zu bilden, denn eine Zusammenarbeit mit der AfD haben bislang alle anderen Fraktionen ausgeschlossen: Wenn sich SPD, CDU, Volt, FDP und Kölner Stadtgesellschaft zusammenschließen.  Für die Grünen wäre das die schlimmste aller Möglichkeiten.

Doch was will eigentlich die Volt-Fraktion, die bei der Kommunalwahl ein Ratsmitglied hinzugewann und jetzt von allen Seiten umworben wird? „Herrn Burmester wünsche ich im Namen von Volt ein glückliches Händchen für die Geschicke unserer Stadt. Wir blicken der Zusammenarbeit im Stadtrat erwartungsvoll entgegen“, sagte Fraktionschefin Jennifer Glashagen am Montag. Was die Frage nach einem eigenen Interesse am Eintritt in ein Bündnis angeht, zeigte sie sich allerdings zurückhaltend. „Entscheidungen in der Sache stehen für uns an erster Stelle – wir müssen entscheidungsfreudiger werden“, sagte sie. Das weist darauf hin, dass sich Volt durchaus auch wechselnde Mehrheiten und das Ringen um die beste Idee im Stadtrat vorstellen kann. 

CDU erklärt sich bereit, an Aufbruch unter SPD-OB Burmester mitzuwirken

Auch bei der CDU soll es wohl am Dienstag mit den Bündnis-Verhandlungen losgehen. Für die CDU und auch für die Fraktion (18 Sitze) sagte Vize-Parteichef Florian Braun, dass Burmester in der Stichwahl auch viele CDU-Wählerinnen und -Wähler überzeugt habe. „Wer sich für Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung in unserer Stadt einsetzen will, der verfolgt Ziele, die auch aus unserer Sicht hohe Relevanz haben. Mit ihm hat Köln die Chance, zu wachsen und zu funktionieren.“

Die CDU ist laut Braun bereit, „an diesem Aufbruch“ mitzuwirken, der Ball liege aber bei der SPD, weil sie den OB stelle. Er sagte: „Wir scheuen nicht die gemeinsame Verantwortung. Aber ein Bündnis muss die elementaren Ziele des Wahlkampfes – Sauberkeit, Sicherheit, Ordnung – festschreiben und auch den Mut haben, Großprojekte wie den Ost-West-Tunnel zu realisieren. Denn klar ist: Ein Bündnis um jeden Preis wird es mit der CDU nicht geben.“

Auf den eigenen Social-Media-Kanälen gratulierte die Kölner CDU mit einer selbst hergestellten Collage von Burmester vor den CDU-Farben und dem Parteilogo, das SPD-Logo war nicht zu sehen. Die SPD reagierte gelassen auf diese Vereinnahmung ihres Kandidaten: „Wir haben da kein Störgefühl, es ist ja klar, wohin Torsten Burmester gehört“, sagte Joisten: „Da eine ganze Reihe von CDU-Wählern zu dem Ergebnis des gestrigen Abends beigetragen haben, können wir gut damit leben.“

FDP kann sich breites Bündnis vorstellen, Linke spricht mit allen

Volker Görzel, Fraktionschef der neuen vierköpfigen Gemeinschafts-Fraktion aus FDP und Kölner Stadtgesellschaft, feierte am Sonntag eifrig auf der Wahlparty der Kölner SPD mit und sagte zu einem Bündnis aus CDU, SPD, Volt und seiner Fraktion: „Das kann natürlich fünf Jahre halten. Das ist eine Führungsfrage und in Torsten Burmester haben wir anders als zuletzt wieder einen politischen Oberbürgermeister.“

Die Kölner Linken erneuerten ihr Gesprächsangebot in alle Richtungen. Co-Parteichefin Nadine Mai und Fraktionschef Heiner Kockerbeck sind sich allerdings einig, dass „die SPD ökologischer und die Grünen sozialer“ werden müssten für eine Zusammenarbeit mit den Linken. Die Sorge der anderen Parteien, dass es schwierig werden könnte mit den vielen neuen Ratsmitgliedern der Linken, entkräftet der einzig verbliebene Ratsherr Kockerbeck: „Alle sind politisch erfahren und haben vorher schon als sachkundige Einwohner oder Mitarbeiter der Fraktion für uns gearbeitet.“