Autor Kristof Magnusson in KölnWarum die Pet Shop Boys wie gute Literatur sind

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Kristof Magnusson in der Universtität zu Köln. 

Köln – Warum Schreiben, warum Lesen? Das sind gute Fragen. Auf diese hat sich Kristof Magnusson beim Antritt seiner TransLit-Poetikdozentur an der Universität zu Köln eingelassen. Der Schriftsteller und Übersetzer sagt es in Raum A2 des Hörsaalgebäudes so: „An der Literatur, am Lesen begeistert mich immer wieder, was für ein wunderbares Mittel es ist, die Welt aus anderen Perspektiven zu sehen.“

Die TransLit-Reihe, die Prof. Christof Hamann im Jahre 2015 an der Kölner Uni etabliert hat und seitdem leitet, ist keine gewöhnliche Poetikdozentur. Es geht hier nicht nur um die Lehre von der Dichtkunst, sondern um die Literatur im Dialog mit unterschiedlichen Medien und Künsten. Nun also tritt Kristof Magnusson die Nachfolge von Marcel Beyer, Felicitas Hoppe, Thomas Meinecke, Katrin Röggla und Iris Hanika an. Das passt.

Kristof Magnusson schreibt gerade an „Apocalypse Miau“

Der Autor hat zuletzt den Roman „Ein Mann der Kunst“ (Kunstmann Verlag) und eine Würdigung der Pet Shop Boys (KiWi) veröffentlicht. Drei seiner bislang vier Romane sind für die Bühne adaptiert worden. Seine Komödie „Männerhort“, die an mehr als 100 Bühnen zu sehen war, hat es in die Kinos geschafft. Aktuell entsteht das vierte Theaterstück als Auftragsarbeit für Wien: „Apocalypse Miau“. Zudem hat Kristof Magnusson mehr als 20 Titel aus dem Isländischen ins Deutsche übertragen – vom Roman über Sachbuch und Saga bis zur Weinkarte („wobei Letzteres fast eine der schwierigsten Aufgaben war“). Nicht zuletzt engagiert er sich für Literatur in Einfacher Sprache.

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Doch bevor es im Rahmen der vierteiligen Dozentur in die Verästelungen geht, kommt das Grundsätzliche zur Sprache. „Ich kann Sachverhalte besser verstehen, wenn sie in eine Erzählung eingebettet sind“, sagt der Gastdozent. „Mir sind Dinge weniger unheimlich, wenn es zu ihnen eine Erzählung gibt. Ich selbst kann mich besser verstehen, wenn ich über mich erzähle.“

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Schreiben bedeute für ihn, „dem Leben weniger ausgeliefert zu sein.“ Indem er Erlebnisse und Erfahrungen in einen neuen Kontext einfüge, erhalten diese einen anderen Klang und erscheinen in einem anderen Licht. Das Spannungsverhältnis zwischen Autobiografischem und Fiktionalem sei für ihn eine der großen Faszinationen des Schreibens.

Wie aber schreiben? Vielleicht so wie die Pet Shop Boys Musik machen. Die Band, die ihn schon sein ganzes Leben begleite, also mindestens seit dem zwölften Lebensjahr, komme seiner Idee vom Schreiben sehr nahe. Sie greife virulente Themen auf, ohne belehren zu wollen. Besonders gut gefalle ihm, dass bei den Pet Shop Boys „die massentaugliche Poppigkeit niemals zu Lasten des künstlerischen und intellektuellen Anspruchs“ gegangen sei.

Die Gleichzeitigkeit von Oberfläche und Tiefe treibt ihn um

Gerade die Gleichzeitigkeit von Oberfläche und Tiefe, von Konsumierbarkeit und durchdachter Struktur hält er für ein künstlerisches Ideal. Selbstverständlich habe die sperrige Kunst ihre Bedeutung. Aber auch eine Fuge von Johann Sebastian Bach, so stellt es der Kirchenmusiker fest, sei eingängig und gehe ins Ohr, ohne flach oder simpel zu sein. Er unterstreicht diese Beobachtung mit den Worten der Country-Ikone Dolly Parton: „Sie würden sich wundern, wie teuer es ist, so billig auszusehen.“

Kristof Magnusson deckte in seiner kurzweiligen Vorlesung vieles auf, was ihn umtreibt. Dazu gehörte auch das Bekenntnis, alles andere als ein Kulturpessimist zu sein. Das klingt gerade in unseren angespannten Zeiten sehr attraktiv. Und so gab es am Ende des diesjährigen TransLit-Auftakts nichts als Applaus.

Weitere Termine: Literatur und Übersetzung (18. Mai, 18 Uhr, Uni); Literatur und Kunst – mit Bettina Böttinger (1. Juni, 18 Uhr; Literaturhaus); Literatur und Theater – mit Kay Voges (29. Juni, 18 Uhr, Uni). Iris Hanika hatte 2021 die TransLit-Poetikdozentur inne. Dazu erscheint ein Band im Verlag der Buchhandlung Klaus Bittner (16 Euro).

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