Führungen im Kölner Museum SchnütgenDie Passion im Bild

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Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner zeigt im Museum Schnütgen eine Darstellung des letzten Abendmahls aus dem Kölner Dom

Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner zeigt im Museum Schnütgen eine Darstellung des letzten Abendmahls aus dem Kölner Dom.

In der Karwoche bringt Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner Leserinnen und Lesern des „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Museum Schnütgen die Passionsgeschichte nahe.

In den Kar- und Ostertagen geht es für den christlichen Glauben ums Ganze. Auch die Kunst hat sich der Passion Christi und seiner Auferstehung zu allen Zeiten intensiv angenommen. Deshalb lohnt ein Besuch des Museums Schnütgen in diesen Tagen doppelt: Man bekommt dort exquisite Werke zu sehen und kann sich zugleich mal wieder ein Bild von den biblischen Geschichten machen: Was war da eigentlich genau los in Jerusalem vor 2000 Jahren zwischen Palmsonntag und Ostern?

Karren mit einer figürlichen Darstellung des Einzugs Jesu in Jerusalem

Karren mit einer figürlichen Darstellung des Einzugs Jesu in Jerusalem

Ich greife an dieser Stelle einige Exponate aus den Beständen des Museums heraus, die besonders interessant, auffallend oder anrührend sind. Da ist zum Beispiel der Karren mit einem wunderbaren Palmesel aus der im Krieg zerstörten Kölner Pfarrkirche Sankt Kolumba. Es war früher ein verbreiteter Brauch, in den Kartagen das Leiden und Sterben Jesu szenisch nachzustellen, beginnend mit dem Einzug in Jerusalem. Man könnte sagen: Oberammergauer Passionsspiele, nur mit Holzfiguren statt mit den Dorfbewohnern als Laienspielschar.

Etwa ab dem 14. Jahrhundert begann man, bestimmte Momente der Passion herauszugreifen und einzeln darzustellen. Die Pietà, also die Beweinung des toten Jesus durch seine Mutter Maria, ist das wohl bekannteste Beispiel. Die sogenannten Andachts- oder Vesperbilder dienten der frommen Betrachtung und der Einfühlung in das Leiden Jesu.

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Relief mit der Abendmahlsszene aus dem alten Sakramentshaus des Kölner Doms

Relief mit der Abendmahlsszene aus dem alten Sakramentshaus des Kölner Doms

Das Museum Schnütgen bewahrt glücklich erhaltene Relikte eines Bildersturms im Zeitalter der Aufklärung auf, als sogar das Kölner Domkapitel höchstselbst großartige Kunstwerke als „mittelalterlichen Plunder“ aus dem Dom herausreißen und im Rhein versenken ließ. Zwei Reliefs vom früheren Sakramentshaus des Doms aus dem frühen 16. Jahrhundert zeigen das letzte Abendmahl sowie – chronologisch daran anschließend – die Szene mit Christus am Ölberg vor seiner Festnahme.

Szenen aus der Passionsgeschichte und der Ostererzählung in einer Holzschnitzarbeit aus Kalkar, um 1530/40

Szenen aus der Passionsgeschichte und der Ostererzählung in einer Holzschnitzarbeit aus Kalkar, um 1530/40

In vielen Kunstwerken kommt die Überzeugung des Mittelalters zum Ausdruck, dass die Passion nicht bloß ein längst vergangenes, historisches Ereignis ist, sondern in die eigene Gegenwart hineinreicht und die Menschen zu jeder Zeit betrifft. Eine holzgeschnitzte Gesamtdarstellung der Passion, entstanden um 1530/40 in Kalkar, zeigt die Akteurinnen und Akteure deshalb in zeitgenössischen Gewändern und mit viel Liebe zum alltäglichen Detail. Einer der Soldaten, die das Grab Jesu bewachen sollen, stopft zum Beispiel gerade seine Muskete, eine Schusswaffe, die in der römischen Antike nun garantiert noch nicht in Gebrauch war.

Kruzifix erinnert an Passionsfilm von Mel Gibson

Dass die Kreuzigung das zentrale Geschehnis der Passion war, muss ich wohl nicht eigens betonen. Der „Kruzifixus“ – die Darstellung Jesu am Kreuz – ist dementsprechend das wohl verbreitetste aller christlichen Bildmotive. In Streitigkeiten über die Auf- oder Abhängung von Kreuzen in Gerichtssälen und anderen öffentlichen Gebäuden will ich mich an dieser Stelle nicht einmischen. Mir ist es wichtiger, auf die höchst unterschiedlichen Formen aufmerksam zu machen, in denen die Künstler den Körper Jesu am Kreuz abbildeten: hoheitlich thronend in der Romanik, aufs Schlimmste entstellt in der Spätgotik oder in der Zeit des Dreißigjähren Kriegs, makellos und muskulös wie ein Bodybuilder im Barock.

Ein Kruzifixus in Transportverpackung im Depot des Museum Schnütgen. Direktor Moritz Woelk (rechts) lässt das Kunstwerk eigens für die Sonderführungen von Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner in die Ausstellungsräume des Museums bringen.

Ein Kruzifixus in Transportverpackung im Depot des Museum Schnütgen. Direktor Moritz Woelk (rechts) lässt das Kunstwerk eigens für die Sonderführungen von Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner in die Ausstellungsräume des Museums bringen.

Einen besonders bemerkenswerten spätbarocken Kruzifixus aus dem frühen 18. Jahrhundert lässt Museumsdirektor Moritz Woelk eigens für zwei Sonderführungen mit Leserinnen und Lesern des „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus dem Depot holen. Ich verbinde die Ankündigung mit einer – wie man heute ja sagt – Trigger-Warnung: Die Folterqualen, die Jesus vor der Kreuzigung zugefügt wurden, werden hier selten drastisch und grausig gezeigt.

Der Holzschnitzer nimmt mit seinem „Splatter-Christus“ sozusagen die Brutalo-Ästhetik eines Mel Gibson in dessen skandalumwittertem Film „Die Passion Christi“ vorweg. Der Leib des Gekreuzigten ist mit klaffenden Wunden übersät, die Haut hängt buchstäblich in Fetzen herunter – Folge der in der Bibel erwähnten Geißelung. Man ahnt, dass der Künstler wusste, was passiert, wenn Peitschenriemen mit eingeknoteten Widerhaken aus Metall auf die Haut treffen. Und wenn in der christlichen Tradition vom leidenden Jesus als dem „Schmerzensmann“ die Rede ist, dann sieht man an dieser Figur, was das heißt.

Eine Besonderheit ist auch ihre Präsentation in der Transportkiste einer auf Kunstversand spezialisierten Spedition. Der Kruzifixus aus dem Schnütgen war nämlich für eine Sonderausstellung an das Dommuseum in Wien ausgeliehen. Wie sorgfältig solch ein wertvolles Objekt für den Versand verpackt wird, auch das bekommt man nicht alle Tage zu sehen.


Sonderführungen 

Für Leserinnen und Leser des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bietet Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner am 28. März (Gründonnerstag) zwei Sonderführungen im Museum Schnütgen an. Der Akzent liegt auf Passionsbildern. Gezeigt werden dabei auch Werke aus den Beständen des Museums, die für die Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich sind.

Die Führungen für jeweils 25 Personen finden um 11 Uhr und um 12.30 Uhr statt. Interessierte bewerben sich bitte bis einschließlich Freitag, 22. März, mit Angabe der gewünschten Uhrzeit und der Teilnehmerzahl (maximal 2 Personen) per Mail an gewinner-koeln@kstamedien.de. Übersteigt die Anzahl der Interessierten die angegebene Obergrenze, entscheidet das Los. Die Gewinnerinnen und Gewinner werden dann per Mail benachrichtigt. Eine Absage erfolgt nicht. Bitte bringen Sie einen Ausdruck der Mail mit zum Museum. Nur sie berechtigt zur Teilnahme an der Führung.

Teilnehmende zahlen lediglich den Eintrittspreis für das Museum in Höhe von 3,50 Euro (ermäßigter Gruppenpreis). Die Führung selbst ist kostenlos. Museum Schnütgen, Cäcilienstraße 29-33, 50667 Köln.

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