Am Fühlinger See verbindet das Summerjam-Festival Stars und Familienfeier-Feeling.
K.I.Z., Paula Hartmann, Alborosie u.v.m.So bunt ist das Summerjam-Festival 2025

Die Rapper Maxim Drüner, Nico Seyfrid und Tarek Ebene von K.I.Z. waren das Highlight auf der Redstage beim Summerjam Festival 2025 am Fühlinger See.
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„Auf der Familienfeier gibt's kein'n Ukrainekonflikt /Und man liegt sich in den Armen zu 70er-Hits“, schreien die Jungs von K.I.Z. in die Nacht und die Menge schreit mit. Längst liegt der Fühlinger See im Dunkel, aber die Stimmung hat gerade ihren Höhepunkt erreicht. Nach zwei Stunden Rap-Eskalation – die zähe Masse schiebt sich gen Ausgang und Zeltplatz – läuft das Lied dann in einer friedlich gesungenen Rausschmeißer-Version und tatsächlich könnte es kaum einen passenderen Titel geben, um diesen Tag zu beenden: Das ganze Summerjam ist eine Familienfeier.
Eltern mit Babys und Kindern mit Ohrenschutz laufen einem genauso über den Weg wie Senioren. Hier wird getanzt, dort sitzen Menschen in der Abendsonne am Ufer. Dicht an dicht tummeln sich die Zelte rund um den See. Es wird gegrillt, getanzt, gefeiert. Und irgendwie liegt man sich auch in den Armen – wenn auch nur sinnbildlich. Die Welt wäre ein besserer Ort, würden alle sich mit der gegenseitigen Rücksichtnahme und positiven Grundstimmung, wie man sie hier erleben kann, begegnen.

Zelt an Zelt campen die Festivalbesucher beim Summerjam am Fühlinger See
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Deutschlands ältestes Raggaefestival
Deutschlands ältestes Reggaefestival ist noch genauso aktuell wie Ende der 80er, nicht zuletzt, weil man den Genrebegriff hier heute sehr weit fasst. Das Line-up ist eine Mischung aus etablierten und neuen Reggaegrößen, Dancehall, Afrobeats und Hip-Hop. Von der Greenstage tönt am späten Nachmittag die kräftig-soulige Stimme der jamaikanischen Songwriterin und Reggae-Sängerin Etana, während auf der Redstage Blaiz Fayah mit seinem ganz eigenen Dancehall-Stil die Menge zum Tanzen bringt. Mit „Money Pull Up“ landete der Star der Szene erst vor knapp einem Jahr einen viralen Hit und katapultierte sich damit selbst von Tiktok auf die internationale Festivalbühne.
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Reggae-Sänger Mr. Vegas auf der Greenstage. Noch mit Jacke.
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Gegen das Licht der langsam untergehenden Sonne zeichnet sich vor der Greenstage der Schleier einer Rauchwolke über dem Publikum ab. „I smoke everyday“, singt dazu passend Mr. Vegas – grün-gelbe Trainingshose, Sonnenbrille, mittlerweile nackter Oberkörper. Der Jamaikaner bringt das Publikum mit seinen Dancehallbeats, die sich mit Elementen aus R'n'B und Hip-Hop mischen, wenn nicht zum Tanzen, dann doch zumindest zu einem dem Rhythmus zustimmenden Nicken und Schunkeln. In seine Setlist hat sich auch eine Hommage an die Leuchtfigur der Reggae-Anfänge geschummelt, dessen Spirit hier überall zu spüren ist: „'Cause every little thing gonna be alright“, singen und grölen alle mit, eine große Flagge mit Bob Marleys' Antlitz wird irgendwo in der Menge geschwenkt.
Zwischen Bob Marley und Herzschmerz-Rap
Der Kontrast zum simultanen Geschehen auf der Redstage könnte kaum größer sein: Hier betritt im schwarzen Hoodie gerade die deutsche Pop-Stimme der Gen-Z die Bühne, um dann völlig selbstverständlich über sexuelle Belästigung und Sexismuserfahrungen zu rappen. Paula Hartmann schafft es, Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken, ohne belehrend zu sein. Denn was sie da erzählt, ist echt, aus dem Leben gegriffen – so wie all ihre Songs, die irgendwo zwischen Pop und Rap, zwischen Härte und Zärtlichkeit schweben, immer mit melancholischem Unterton. Unter dem Hoodie kommen ihre hellblonden Haare zum Vorschein. Die Berlinerin rappt über schwarze SUVs, Tränen und Herzschmerz und fordert das Publikum dazu auf, die Mittelfinger in die Luft zu recken. Doch der Berlinerin liegt herzlich wenig am harten Street-Image. Sie bedankt sich nach jedem Song, als wär's der letzte, fragt immer wieder, ob es allen gut geht und jeder genug Wasser hat.

Sängerin und Schauspielerin Paula Hartmann rappt und singt über Herzschmerz und Sexismus.
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K.I.Z. mit politischem Statement
Und dann schlägt, spät am Abend, der Auftritt von K.I.Z. ein wie ein Gewitter. Mit lautem Getöse stürmen Tarek, Maxim und Nico in weißen Outfits die Bühne. Schnell klauben zwei Frauen die Rummykub-Steine zusammen, mit denen sie bis gerade noch auf einer Picknickdecke gespielt haben. Alles muss aus dem Weg, denn jetzt wird hier gesprungen, geschrien und getanzt. Sicherlich nicht zufällig beginnt der Auftritt der Berliner, die sonst – und auch später an diesem Abend – gerne mit Schimpfwörtern, ironischem Tabubruch oder Pimmelwitzen auftrumpfen, mit dem politischen Stück „Frieden“. Ihre Kritik gilt heuchlerischen Pazifisten genauso wie dem Krieg selbst. „Na klar sind wir für Frieden, doch erst müssen wir gewinn'n“, skandieren sie.
Dann werden doch noch Mütter beleidigt, Bier besungen und „Urlaub fürs Gehirn“ gemacht. Gleichberechtigung klingt bei K.I.Z. so: „Ich bin kein Sexist/Ich ficke euch alle!“. Seit den 2000ern wissen sie zu provozieren, spätestens mit „Hurra, die Welt geht unter“ (2015) rappten sie sich in die Herzen der Massen und des Feuilletons. Das Summerjam liebt sie, kennt jede Zeile und springt im Moshpit im Kreis. „Das ist so ein geiler Vibe hier – so ein schönes Festival“, schwärmt Nico verträumt ins Publikum schauend. Bei den Dreien darf man sich zwar nie so sicher sein, was ernst gemeint ist, aber das kam von Herzen.
Auf der Greenstage, abseits der positiv-aggressiv aufgeheizten Stimmung, tritt gerade Alborosie auf. Der „italienische Gentleman“ ist einer der wenigen weißen Reggae-Musiker, die es geschafft haben, auch auf Jamaika zum Star zu werden und war schon 2019 am Fühlinger See zu Gast. Auch diesmal ist er hier das Reggae-Highlight und Publikumsliebling. Scheinbare Gegensätze und Kontraste werden auf dem Summerjam ganz selbstverständlich neben- und miteinander gestellt. Hier passen alle zusammen – die „Vibes“ könnten kaum besser sein.