Kölner GalerienSo ist die Lage, das gibt's zu sehen

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Kunstmesse mit Blick auf den Dom

Kunstmesse mit Blick auf den Dom

  • Eigentlich wäre jetzt Art Cologne. Aber wenigstens dürfen die Kölner Galerien wieder öffnen.
  • Trotzdem trifft die Coronakrise auch den Kunsthandel schwer. Und Hilfe ist nicht abzusehen.
  • Unser Kunstkritiker sondiert die Lage und stellt einige Höhepunkte aus dem aktuellen Ausstellungsprogramm vor.

Köln – Ohne Coronavirus hätte sich die Kölner Kunst- und Galerienszene heute von der sicherlich wieder glanzvollen Eröffnung der Art Cologne erholt. Doch die Messe wurde bekanntlich aus Sicherheitsgründen in den November verschoben und damit auch ein Großteil des erhofften Frühjahrsgeschäfts. In den Kalkulationen vieler Galerien spielen Messen längst eine Schlüsselrolle, und so fragen sich etliche Händler, wie es angesichts leerer Terminkalender auf dem Kunstmarkt weitergehen soll – zumal die Branche nicht unbedingt für hohe Rücklagen bekannt ist und seit Jahren über schwierige Verhältnisse klagt.

Die Bundesregierung stellt sich taub

In einem Brief, den der in der Szene bestens vernetzte Kölner Galerist Heinz Holtmann bereits Mitte März an den SPD-Vorsitzenden und ehemaligen NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans schrieb (mit Durchschlägen an Kulturstaatsministerin Monika Grütters und die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker) klingt das beispielsweise so: „Die Maßnahmen wegen des Coronavirus betreffen den deutschen Kunsthandel massiv. Ausstellungen und Messen werden reihenweise abgesagt, Aufträge brechen weg. Als wichtigste Maßnahme schlage ich vor, die völlig unberechtigte Mehrwertsteuererhöhung für Kunstvermittler von 7 Prozent auf 19 Prozent möglichst umgehend zurückzunehmen. Sie hat schon einen Großteil von Galerien sang-und-klanglos zur Aufgabe gezwungen. Die Corona-Krise wird ein Übriges tun.“

Passiert ist seitdem in der Sache nichts. Vielmehr sieht sich der deutsche Kunsthandel in einer langen Reihe deutscher Branchen, die für sich ebenfalls eine Absenkung der Mehrwertsteuer reklamieren, angefangen beim Hotel- und Gaststättenverband bis hin zur Autoindustrie.

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Es spricht derzeit wenig dafür, dass die Bundesregierung eine pauschale Absenkung der Mehrwertsteuer in Erwägung zieht, und noch weniger, dass im Konzert der Stimmen ausgerechnet jetzt der Kunsthandel erhört wird, während Schlüsselindustrien und Gewerbe mit einem Millionenheer an Angestellten leer ausgehen. Das gute Argument, man betreibe als Galerist (profitorientierte) Kulturförderung und leiste einen wichtigen Beitrag zum viel gepriesenen Reichtum der deutschen Kunstlandschaft, hat schon in besseren Zeiten nicht verfangen. Warum sollte das ausgerechnet das Coronavirus ändern?

Da wirkt es beinahe schon wie der sprichwörtliche Silberstreif am Horizont, dass die Kölner Galerien in dieser Woche wieder öffnen durften. So gänzlich versperrt waren die Türen zwar auch während des „Shutdowns“ nicht; nach telefonischer Vereinbarung wurden einzelne Besucher unter den in NRW vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen eingelassen. Aber die Kauflaune dürfte bei den Sammlern verhalten gewesen und auch durch die eilig aufgesetzten Internetschaufenster der Galerien nicht sonderlich angestachelt worden sein. Mag das Kunstmachen eine einsame Angelegenheit sein, das Kunstverkaufen ist ein sozialer Akt, der vom Schauspiel öffentlichen Schacherns durchaus profitiert.

Mit einem Ansturm ausgehungerter Sammler und Schaulustiger scheinen die Kölner Galerien gleichwohl nicht zu rechnen – viele haben die Öffnungszeiten eingeschränkt, andere nehmen die Geschäfte mit Verzögerung wieder auf. Hamstern ist ohnehin unnötig (und käme mitunter teuer), denn die Lieferketten sind weitgehend intakt; es ist genug für alle da. Trotzdem sind die Ausstellungen, die wir hier stellvertretend und kurz vorstellen, mit der aktuell üblichen Vorsicht zu genießen.

Alex Katz bei Boisserée

So könnte man bei Boisserée leicht alle Trübsal vergessen, derart sommerlich unbeschwert wehen einen Alex Katz’ Blumen- und Menschenmotive an; die auf Papierarbeiten spezialisierte Galerie zeigt unter anderem Drucke und Cutouts des ewigjungen US-Klassikers. Spätestens bei Bene Taschen werden wir dann aber daran erinnert, dass das Leben immer auch ein Kampf ums Überleben ist; ab 29. April zeigt Taschen eine reiche Auswahl aus Sebastião Salgados Fotoserie „Gold“ über einen mörderischen Goldrausch in Brasilien. Zu verkürzten Öffnungszeiten präsentiert Thomas Zander eine verblüffende Gegenüberstellung: Zeichnungen von Sabine Moritz sind neben Fotografien von Robert Adams zu sehen. Gleich nebenan gibt es bei Anke Schmidt ein Wiedersehen mit dem legendären Kölner Galeristen Rolf Ricke, der unter dem Titel „Hallo Köln!“ eine Gruppenausstellung unter anderem mit Arbeiten von Michael Bause, Thea Djordjadze und Marianne Thoermer zusammenstellte. Man ist geneigt, den Titel zu ergänzen: Hallo Köln, ja, gibt’s dich auch noch?

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