Mehr Gefühle, mehr Dirk BachSo wird das neue Kölnische Stadtmuseum

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Das neue Stadtmuseum ist um eine runde Treppe herum gebaut.

Das neue Stadtmuseum ist um eine runde Treppe herum gebaut.

Köln – Ich bin ein Museum, steht in großen Lettern an der Fassade des ehemaligen Modehauses Sauer, und wenn es nach Kölns neuem Kulturdezernenten Stefan Charles geht, ist das Interim des Stadtmuseums in der Minoritenstraße sogar ein ganz besonderes seiner Art. Eine „kleine Sensation“ stellte Charles vor der Baustellenbegehung in Aussicht und sparte auch sonst nicht mit Vorschusslorbeeren. Das neue Stadtmuseum, so Charles, werde „anders, mutig und überraschend“ und zeigen, „wie Stadtgeschichte heute zeitgemäß erzählt werden kann“. Es entstehe ein „lebendiger Ort für alle Menschen“, mitten im Zentrum der Stadt und dank der Nachbarschaft zu Kolumba und Museum für Angewandte Kunst überdies ein „kleines Museumsquartier“ an der Minoritenkirche.

Stefan Charles lobt das neue Stadtmuseum als große Chance

Im Augenblick flunkert das neue Stadtmuseum allerdings noch ein wenig. Bis mindestens zur Jahresmitte 2022 ist es mitnichten ein Museum, sondern eine Baustelle, die immerhin zu schönen Hoffnungen berechtigt – und damit bereits jetzt mehr Museum ist, als es das muffige und sanierungsbedürftige Zeughaus zuletzt war. So richtig schön soll es für das Stadtmuseum dann ja auch erst als integraler Teil der Historischen Mitte werden, dem designierten neuen Standort neben dem Dom. Über dieses prestigeträchtige und entsprechend teure Projekt will der Kölner Stadtrat nächstes Jahr entscheiden.

Wie diese Entscheidung auch ausfällt – in jedem Fall muss sich das Stadtmuseum über mehrere Jahre hinweg mit beengten Verhältnissen arrangieren. Standen den Kuratoren im Zeughaus immerhin rund 2500 Quadratmeter an Ausstellungsfläche zur Verfügung, so werden es im Modehaus Sauer lediglich 750 sein. Mit der Fläche schrumpft die Zahl der Schauobjekte auf etwa 530. Sonderausstellungen sind am neuen Ort überhaupt nicht möglich. Stattdessen soll es im Foyer wechselnde Minischauen geben, die auch ohne Eintrittskarte zugänglich sind.

Gruppenbild vor der Baustelle: Alexandra Neumann (Leiterin Projektteam), Stefan Charles (Kulturdezernent), Stefan Lewejohann (Kurator Stadtmuseum), Sascha Pries (Kurator Stadtmuseum), Silvia Rückert (stellv. Direktorin Stadtmuseum) (von links nach rechts)

Gruppenbild vor der Baustelle: Alexandra Neumann (Leiterin Projektteam), Stefan Charles (Kulturdezernent), Stefan Lewejohann (Kurator Stadtmuseum), Sascha Pries (Kurator Stadtmuseum), Silvia Rückert (stellv. Direktorin Stadtmuseum) (von links nach rechts)

Woher schöpft Stefan Charles also seine Vorfreude? Einerseits aus der „charmanten“ Architektur des Interims mit fünf offenen, um ein rundes Treppenhaus geschwungene Etagen. Andererseits aus dem neuen Ausstellungskonzept, das die verantwortlichen Kuratoren Sascha Pries und Stefan Lewejohann in groben Zügen vorstellten. Demnach wird die bisherige chronologische Präsentation der Stadtgeschichte im Wesentlichen aufgegeben und durch acht „Frageräume“ ersetzt. In ihnen werden altbekannte und noch nie gezeigte Objekte um Fragen wie „Was verbindet uns?“, „Was bewegt uns?“, Worauf hoffen wir?“ oder „Was macht uns Angst?“ arrangiert – und dadurch, betonen die Kuratoren, näher an die Lebenswirklichkeit der Besucher gerückt.

So sind im „bewegten“ Raum etwa die zerschlissenen Schuhe eines aus Syrien nach Köln geflüchteten Mannes zu sehen, im „Lust“-Raum wird ein erzbischöfliches Brettspiel aus dem Mittelalter unter anderem mit einer Sexshop-Reklame sowie einem Tanzbärschädel kombiniert und die Frage „Was verbindet uns“ mit Objekten zu Nationalismus, den Rheinbrücken und Dirk Bachs „Dschungelcamp“-Kostüm beantwortet. Überhaupt wird die Stadthistorie – von römisch bis pandemisch – bis an die unmittelbare Gegenwart herangeführt und in einem partizipativen Raum mit persönlichen Geschichten und Objekten ganz „gewöhnlicher“ Kölner abgeglichen.

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Pries und Lewejohann sprechen von der „Emotionalisierung der Stadtgeschichte“, was ein wenig nach „Kölle, du bes e Jeföhl“ klingt, aber methodisch abgesichert wird. Am Anfang der ständigen Ausstellung, für die man in die offene erste Etage hinaufsteigt, steht ein historischer Schnelldurchlauf, der um das große Stadtmodell herum führt. Für diese sperrige Attraktion muss beim Umzug die Fassade geöffnet werden; man darf wohl darauf wetten, dass schon die Anlieferung ein Ereignis wird. Die Kosten für den Umbau, auch das wurde erwähnt, bewegen sich bislang im geplanten Rahmen und sollen diesen auch nicht verlassen.

Für Stefan Charles ist das im Entstehen begriffene Interim vor allem eine Chance und das Kölnische Stadtmuseum derzeit ein „Labor“ der Möglichkeiten. Schließlich soll, was im Modehaus entwickelt wird, alsbald die Historische Mitte kleiden.

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