Mein Kulturmonat mit Vera SchöpferFilmhaus-Leiterin gibt drei Tipps für den Juli

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Vera Schöpfer hat die Haare hinten zusammengebunden. Sie steht im Foyer des Filmhauses und trägt ein weißes Hemd.

Vera Schöpfer, Leiterin des Filmhauses Köln

Für unser Format „Mein Kulturmonat“ gibt Vera Schöpfer, Leiterin des Filmhaus Köln, Kulturtipps für den Juli und spricht über die Kölner Filmszene.

Köln ist irgendwie ein Dorf, besonders wenn man sich in einer ähnlichen Szene bewegt. Ich bin gebürtige Kölnerin und auf das Humboldt-Gymnasium gegangen. Dort habe ich viele Menschen kennengelernt, die heute im Kunst- und Kulturbereich tätig sind: Simin Tander, eine tolle Jazzsängerin, oder die Schauspielerinnen Nadja Bobyleva, Katharina Schüttler und Camilla Renschke. Zu unserem Freundeskreis in den 90ern gehörten auch Daniel Brühl und Dennis Moschitto.

Film ist eine sehr junge Kunstform und deswegen institutionell nicht so verankert wie andere Künste mit Bibliotheken, Schauspielhäusern oder Museen. Trotzdem hat Film die letzten 120 Jahre stark geprägt und tut es immer noch. Wir haben in Köln eine sehr lebendige Szene, in der sehr viel unterm Radar passiert. Eigentlich könnte sich die Stadt das mehr auf die Fahne schreiben. Wir haben mit der Kunsthochschule für Medien und der Internationalen Filmschule zwei Hochschulen, die auch vom Profil recht unterschiedlich sind. Das bringt viele Leute nach Köln, die Film studieren und sehr vielseitig aufgestellt sind.

Kölns lebendige Festivalszene

Wir haben aber auch eine sehr lebendige Festivalszene und tolle Filmreihen. Ob Cinepänz, das internationale Frauenfilmfestival, das Kurzfilmfestival Köln, die französische Filmwoche oder Edimotion, das Festival für Schnitt- und Montagekunst. Im Juni lief See the Sounds, wo es um den Ton im Film geht. Und im Juli haben wir bei uns im Filmhaus jedes Jahr eine Filmreihe namens Reality Bites. Hier stellen Studierende der Uni Köln ein Programm zusammen und laden die Filmemacher*innen ein. Da zeigen wir dieses Jahr drei ganz tolle Dokumentarfilme.

Alles zum Thema Universität zu Köln

Für eine Millionenstadt haben wir gar nicht so viele Kinos, trotzdem ist eine große Bandbreite da. Ich finde die Lichtspiele Kalk total super oder das Off-Broadway und unser Filmhaus Kino sowieso. Auch das Filmforum mit seinem Profil ist wichtig. Für die nächsten Jahre mache ich mir aber schon Sorgen, welche Kinos überleben werden. Es ist von hohem gesellschaftlichen Interesse, hier Lösungen zu finden. Kino ist für mich ein Ort des Austausches, des miteinander Teilens von Filmerfahrung, das sollte man erhalten.

Die Leiterin des Filmhauses lobt die Tanzfaktur und Barnes Crossing

Ich finde, dass grundsätzlich zu wenig öffentliches Geld in die Kultur investiert wird. Sie ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Hier können Sachen verhandelt werden, die hochpolitisch sind, die wichtig für die Entwicklung und Entfaltung von Menschen sind. Dieses Angebot möchte ich so vielen wie möglich machen. Dafür braucht es aber stabile Strukturen. Die projektbezogenen Förderzeiträume sind dabei ein Problem, das es in der ganzen freien Szene gibt.

Film und Tanz sind da vergleichbar. Die beiden Bereiche ergänzen sich sehr gut. Im zeitgenössischen Tanz sehe ich eine Weite an Ausdrucksmöglichkeiten, die mich immer wieder erstaunt. Ich habe über die Choreografin Julia Riera viel kennengelernt, die freie Tanzszene in Köln ist sehr spannend. Ich finde, die Tanzfaktur könnte mehr Beachtung finden, die hat sich als Kulturzentrum für Tanz und Bewegung sehr schnell etabliert. Auch Barnes Crossing bedeutet als selbstverwaltetes Netzwerk für Tanz und Performance Kölner Choreograf*innen viel. Dass das Depot jetzt Ort für die freie Tanzszene werden soll, finde ich sehr berechtigt.

Es ist auch wichtig anzuerkennen, wie migrantische Communitys die Kölner Kultur prägen und geprägt haben. Da müsste eigentlich mehr Raum für da sein. Das DOMiD gehört zum Beispiel zu den Vorreitern der Musealisierung und Archivierung von Migrationsgeschichte und geht in seinen Ursprüngen auf eine Einzelinitiative zurück, wartet aber noch auf sein „Haus der Einwanderungsgeschichte“. In den 80er und 90er Jahren war Köln das Zentrum für türkischsprachige Musik und hier am Hansaring wurden Kassetten produziert, die in millionenfacher Auflage erschienen und auch in der Türkei der Renner waren. Das sieht man zum Beispiel im Dokumentarfilm „Liebe, D-Mark und Tod“ von Cem Kaya, ein sehr empfehlenswerter Film zum Thema.

Vera Schöpfer gibt drei Tipps für den Juli

1. Tanzfaktur Sommerakademie - Contemporary Dance Festival

In der Tanzfaktur läuft vom 10. bis zum 22. Juli das Contemporary Dance Festival. In dem Zeitraum zeigen sie dort viele internationale Performances und es gibt Workshops.

2. Rundgang der Kunsthochschule für Medien Köln

Die KHM zeigt vom 9. bis zum 23. Juli Filme, Medien und Kunst im Programm. Man kann da Filme, Installationen und Fotografien von den Studierenden sehen und kriegt dort viel von junger Kunst in Köln mit. Es ist kostenlos.

3. Stattkino – Kurzfilme auf dem Kölner Neumarkt

Auf dem Neumarkt gibt es ab Ende Juni einen Kulturpavillon. Dafür haben auch mehrere Kölner Filmfestivals und -initiativen Kurzfilmprogramme zusammengestellt: Das Afrika Film Festival Köln, das internationale Frauen Film Fest Dortmund+Köln, Köln im Film und das KFFK/Kurzfilmfestival Köln. Am 27. Juli ist ab 19 Uhr das Programm „Pride Films: Mensch. Leben. Freiheit.“ zu sehen. Auch dieses Programm ist kostenlos.

Zur Person

Vera Schöpfer ist die Leiterin des Filmhauses Köln. Sie studierte Film an der Kunsthochschule für Medien Köln und arbeitete zuletzt am Dortmunder U, einem Kulturzentrum an der Schnittstelle von Kunst, Bildung und Forschung. Für das Filmhaus Köln ist sie seit 2019 tätig.

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