Der Kölner Kunstpreis geht 2026 an den südkoranischen Maler und Bildhauer, einen Meister des Zen-Minimalismus.
Museum LudwigLee Ufan erhält Wolfgang-Hahn-Preis

Lee Ufan, Träger des Kölner Wolfgang-Hahn-Preises 2026
Copyright: Claire Dorn/ Studio Lee Ufan
Der Wolfgang-Hahn-Preis 2026 geht an den Südkoreaner Lee Ufan, ein Künstler, der lediglich eine Linie auf einer Leinwand benötigt, um die Malerei in die Unsichtbarkeit zu führen – und den sich der Preisstifter, die Kölner Gesellschaft für moderne Kunst am Museum Ludwig, eigentlich gar nicht leisten kann. Das Preisgeld von 100.000 Euro wird für den Ankauf eines Werks verwendet, und für diesen Betrag erhält man auf dem freien Kunstmarkt kein Gemälde des 89-jährigen Meisters des Zen-Minimalismus; man muss dafür mehr als das Zehnfache anlegen.
„Lee Ufan stand schon seit Jahren auf der Wunschliste der Gesellschaft“, so Yilmaz Dziewior, Direktor des mit dem Wolfgang-Hahn-Preis beschenkten Museums Ludwig. „Aber die Frage war immer: Wie sollen wir uns das leisten können.“ In diesem Jahr habe die japanische Gastjurorin Mami Kataoka den Unterschied gemacht, sagt Dziewior, da sie offenbar über beste Kontakte zu Ufan verfügt. Geholfen hat wohl auch, dass Ufan, der in Deutschland von der Duisburger Galerie m vertreten wird, das Ludwig aus eigener Anschauung kennt und schätzt. Es sei ihm eine Ehre, demnächst in der Sammlung vertreten zu sein, wurde Ufans Reaktion auf das Preisansinnen nach Köln kolportiert.
Der Wolfgang-Hahn-Preis wird globaler und spiegelt wider, was in der Welt passiert
Der Hahn-Preis wird seit 1994 vergeben, um eine Lücke in der Sammlung des Ludwig zu schließen; die Voraussetzung für die Auswahl ist also, dass es noch kein Werk des Künstlers im Museum gibt und es dessen Sammlung sinnvoll ergänzt und schmückt. All dies trifft auf den unter anderem mit dem Praemium Imperiale dekorierten Ufan zweifellos zu; in den 1970er Jahren wurde er mit seinen „From Line“-Bildern auch im Westen berühmt. In bester Zen-Tradition reduzierte Ufan die Malerei auf ihren „Ursprung“ und zog in einer einzigen Bewegung farbige, sich verjüngende Linien über die Leinwand. Die Striche werden dabei immer dünner (und farbloser), bis sie das Nichts zu berühren scheinen. Mit derart einfachen Mitteln haben wenige Künstler die Pole von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit miteinander verbunden und dargestellt.
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Ein solches Frühwerk wird das Ludwig vermutlich nicht erhalten; es sei denn, Ufan findet eines dieser klassischen, in Museen weltweit gezeigten Bilder noch auf dem Speicher. Aber das Spätwerk des Künstlers, versichert Dziewior, steht hinter den frühen Arbeiten kaum zurück. Zudem freue er sich, so Dziewior, dass die Gesellschaft für moderne Kunst erneut einen Künstler auszeichne, der nicht aus Europa oder Nordamerika stammt: „Der Wolfgang-Hahn-Preis wird globaler und spiegelt wider, was in der Welt passiert.“
Für Ufan wird die Zeremonie ein verspätetes Geschenk zum 90. Geburtstag
Für Mayen Beckmann, Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft für moderne Kunst, steht die Preisvergabe an Ufan auch in der Tradition der Weltkunst-Sammlung von Peter und Irene Ludwig. Die Namensgeber des Museum Ludwig hätten sich früh für asiatische Kunst interessiert, allerdings wohl nichts von Ufan erworben; jedenfalls haben sie „ihr“ Museum mit keinem Ufan-Werk bedacht. Für Köln ist der Ankauf trotzdem keine Premiere: Das Museum für Ostasiatische Kunst besitzt eine 2008 entstandene Papierarbeit Ufans aus der „Correspondence“-Serie, auf dem ein an den Rändern ausfransendes Quadrat auf weißem Hintergrund zu schweben scheint.
Obwohl Ufan auch für seine zurückgenommenen Skulpturen bekannt ist, rechnet das Museum Ludwig mit einem Geschenk auf Leinwand; angeblich stehen sogar schon die Maße fest. Genau wird man dies aber erst am 6. November 2026 wissen, dem Tag, an dem Lee Ufan der Wolfgang-Hahn-Preis verliehen und das erworbene Werk der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Für Ufan wird die Zeremonie ein verspätetes Geschenk zum 90. Geburtstag sein (er wurde am 24. Juni 1936 in Kyongnam geboren) und für das Museum Ludwig vermutlich der Abschluss des Jubiläumsjahrs, mit dem es sein dann 50-jähriges Bestehen begeht. Am 5. Februar 1976 unterzeichneten das Ehepaar Peter und Irene Ludwig und die Stadt Köln einen Schenkungsvertrag, der heute als Gründungsurkunde des 1986 als Doppelmuseum (gemeinsam mit dem Wallraf-Richartz-Museum) eröffneten Hauses gilt.
Im kommenden Jahr gibt es im Rahmen des Wolfgang-Hahn-Preises zudem ein drittes Jubiläum zu begehen. Seit 2016 finanzieren die Kölner Unternehmen Bauwens und RSM Ebner Stolz den Abend der Preisverleihung, die Präsentation des neuen Werks und die begleitende Publikation maßgeblich mit; das Preisgeld selbst setzt sich aus den Mitgliedsbeiträgen der Gesellschaft für moderne Kunst zusammen. So ist einer der renommiertesten deutschen Kunstpreise im Jahr 2026 eine besonders interessante (und löbliche) Mischung aus bürgerschaftlichem Engagement und künstlerischem Preisnachlass, Geldgeschenk und Kunstgeschenk.

