„Biotopia“-PremiereDie Wunder des Grüngürtels

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Fee Zweipfennig als zornige Nymphe

Fee Zweipfennig als zornige Nymphe

Köln – Wundersames tut sich im Kölner Westen. Mitten in der Flora und Fauna am Äußeren Grüngürtel, wo die Dürener Straße die Stadt verlässt, tummeln sich Schamanen in Wald und Wiesengrund.

Das Kölner Theater im Bauturm setzt hier sein Wahrnehmungsexperiment aus der vergangenen Spielzeit fort und lockt nach „Biotopia. Ein Kölner Bestiarium“ mit „Biotopia. Ein Myzel“ die Zuschauer raus aus dem Theater rein in die Natur.

In Koproduktion mit dem Sommerblut-Festival hat Regisseur Frederik Werth ein Audio-Konzept entwickelt, bei dem der Betrachter und Zuhörer gut zwei Stunden mit Smartphone und Kopfhörer das Gelände auf eigene Faust durchstreift. Eine Karte auf der Website weist einem den Weg. Welche Stationen man wann im Laufe der theatralen Naturexkursion anläuft, bleibt dem Zuschauer überlassen.

Im Bett des Frechener Bachs

Einmal am Ausgangspunkt, der einem über Geo-Daten übermittelt wird, mit den kleinen Tücken der Technik vertraut gemacht, gilt es nun, einzutauchen in eine Welt, in der das Augenmerk weg von der „Krone der Schöpfung“ hin zu einer munteren Diversität von Mensch und Tier, Zivilisation und Natur gelenkt wird.

An einer Station mitten im ausgetrockneten Bett des ehemaligen Frechener Baches schält sich ein erdfarben gekleidetes Wesen (Fee Zweipfennig) aus dem grünen Gras. Wie eine zornige Nymphe, der im trockenen Terrain der Lebensgrund entzogen wurde, tanzt sie sich widerstrebend empor, während im Kopfhörer von mythischen Hexenwesen, den Hagazussas, die Rede ist und eine sanfte Stimme darauf verweist, dass in Tschernobyl das mächtigste Wesen ein Pilz sei.

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Die Begegnungen mit den Schamanen, vier an der Zahl, bilden die Fixpunkte bei dieser aufschlussreichen Performance-Installation. Dazwischen bleibt viel Muße, um die Natur mit allen Sinnen aufzunehmen, wobei die einzelnen Audiostationen das Verständnis für die Zusammenhänge mit Vogelstimmen oder kleinen Geschichten zusätzlich befruchten.

Wie schon im ersten Teil der biotopischen Reise mischen Laurenz Leky als vitale Vogelscheuche und René Michaelsen als leutseliger Spinnenmann kölsche Töne unter den Kulturaustausch von Mensch und Natur, bei dem es gilt, Kommunikation neu zu denken und zu erfahren.

Kommunikation unter Pilzen

Der Diskurs findet in der urbanen Dauerinstallation im Grünen ohnehin permanent statt, wenn Tiere, Pflanzen, Bäume, Moose und Pilze im Netzwerk der Natur miteinander kommunizieren. Nicht von ungefähr steht diesmal jenes gigantische Pilzmyzel im Fokus, das als „Internet des Waldes“ schon sein Netzwerk ausgespannt hatte, als hier im Grüngürtel vielleicht die Urzeit-Kölner noch den Mammuts hinterherjagten.

Zu jagen gibt es an diesem sonnigen Nachmittag allerdings nichts. Der Spaziergang, als ziellos gedachter Müßiggang, gibt hier das Tempo und den Rhythmus an, um sich zu erden. Kein schlechter Start in einen Kölner Kultursommer, der wohl auch im zweiten Corona-Jahr vermehrt auf leise Töne setzen wird.

Termine: Sa, 26. Juni,14 Uhr und So, 27. Juni, 9 Uhr. Der genaue Treffpunkt wird nach dem Ticketkauf per Mail bekanntgegeben.

www.sommerblut.de

www.theaterimbauturm.de

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