Beach House in KölnMusik wie ein endloser Ozean

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Beach House in Köln

Köln – Einmal denkt man wirklich, jetzt habe sich Victoria Legrand mit dem Rücken zum Publikum gestellt. Aber dann erfasst ein Lichtspot die Mitte der Bühne und man erkennt die Hände an den Keyboardtasten und die untere Gesichtshälfte der Beach-House-Sängerin, die unter ihren scheinbar unkontrollierbar in jede Richtung wuchernden Ponyfransen hervorlugt.

Immerhin wendet sich die Scheue wiederholt ans Publikum, Alex Scally, ihr musikalischer Partner an der Gitarre, scheint dagegen völlig in sich versunken. So muss das auch sein: Beach House aus Baltimore sind die derzeit prominentesten Vertreter des Dream Pop, die rechtmäßigen Erben von Bands wie My Bloody Valentine, Galaxie 500 oder den Cocteau Twins.

Dennoch kein Retro-Sound

Man soll sich von ihrer Musik tragen lassen, wie von einem endlosen Ozean mit extrem hohem Salzgehalt und genau das geschieht auch, kaum dass das Duo im Kölner Carlswerk Victoria zum Titeltrack ihres aktuellen Albums „Once Twice Melody“ angesetzt hat. Trotz der erwähnten 80er-Jahre-Referenzen klingen Beach House kein bisschen Retro, ihren Sound aus majestätisch aufjauchzenden Gitarren und wie auf der Kirchenorgel gespielten Walzern hatten sie gleich auf ihrem Debüt gefunden.

Das war im schon wieder fernen Jahr 2006, seitdem haben Legrand und Scally immer weiter an ihren dunklen Pastoralen gefeilt, das Klangbild könnte inzwischen kaum differenzierter sein, und während sich der Focus beständig erweitert hat, ist ihr Songwriting immer präziser geworden.

„Ich greife in die Dunkelheit, das Universum sammelt uns ein.“

Denn es ist keinesfalls so, dass die Songs von Beach House als amorph-esoterisches Hintergrundgewaber durch den Raum gleiten würden, sie packen den Hörer ganz direkt und tragen ihn dann hinfort, ebenso wie Victoria Legrands Contralto-Stimme nur im Gesamtsound untergeht, um kurz darauf umso mächtiger wieder aufzutauchen.

In Köln werden Legrand und Scally nur noch von Schlagzeuger James Barone unterstützt, klingen jedoch wie ein ganzes Orchester. Dazu kommt noch eine Lightshow, die weniger bombastisch ist, als dass sie jeden Stimmungswechsel in der Musik erfasst. Noch ein Grund, sich ganz dem Flow der Musik hinzugeben: „Ich greife in die Dunkelheit“, singt Legrand am Ende von „Modern Love Stories“, „das Universum sammelt uns ein.“

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Prompt folgt der Beach-House-Klassiker „Space Song“, in dem es nicht um irgendwelche Weltraumabenteuer geht, sondern um die Welt hinter den Augen eines anderen Menschen. Wer sich hier verliere, heißt es im Refrain, falle immer wieder in die richtige Position zurück.

Genauso fühlt sie sich an, die Musik von Beach House. Das letzte Stück „Over and Over“, beschreibt die ewige Wiederkehr von Tag und Nacht und die letzte, dann endlose Nacht. Man verlässt das Carlswerk noch leicht betäubt, wie auf Wattebäuschen gehend.   

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