Nach Antisemitismus-VorwüfenDeutsche Welle trennt sich von fünf Mitarbeitern

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Peter Limbourg, Intendant der Deutschen Welle 

Bonn – Die Deutsche Welle ist gerade in den Schlagzeilen, weil der Auslandssender sein Büro in Moskau schließen musste. Wie es in Russland weitergeht, ist die Frage der Stunde. Da ist der Antisemitismus-Skandal, der den Bonner Sender Ende des vergangenen Jahres erschütterte, in den Hintergrund gerückt.

Am Montag präsentierten Intendant Peter Limbourg und die Expertenkommission, bestehend aus  Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Ahmad und Beatrice Mansour, die Ergebnisse ihrer Untersuchung von Antisemitismus-Vorwürfen gegen Mitarbeitende und Distributionspartner der Deutschen Welle. Böse war Limbourg vermutlich nicht, dass dieses Thema gerade nicht dieselbe Aufmerksamkeit bekommt wie der Streit mit Russland.

Fünf Mitarbeiter betroffen

Insgesamt wurden 32 Gespräche geführt, man habe nur mit einem Teil der Mitarbeiter sprechen können, betonte Leutheusser-Schnarrenberger. Auch mit einigen Partnern im arabischen Raum habe man gesprochen, aber nicht mit allen 70, da müsse die DW noch weiter gründlich recherchieren. Mansour betonte, die Aussagen einzelner Mitarbeiter seien nicht in ihrer Absolutheit betrachtet worden, man habe vielmehr Kontexte hergestellt. Es gehe um fünf Mitarbeiter, deren Aussagen in der Presse zitiert wurden, hinzu kamen acht weitere Verdachtsfälle. Die meisten Angestellten seien sehr sensibel, was Antisemitismus angeht.

In den fünf Fällen, in denen die DW die Mitarbeiter nach Bekanntwerden der Vorwürfe suspendiert hatte, sei die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass dieser Schritt gerechtfertigt gewesen sei. Es gehe dabei nicht um Israelkritik. „Wir haben zum Teil klassische antisemitische Bilder bis zur Holocaust-Leugnung oder Relativierung. Und wir haben Aussagen, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen.“ Bei den acht weiteren Verdachtsfällen habe man unterschiedliche Intensitäten festgestellt. Von klassischen antisemitischen Aussagen, Gewaltverherrlichung bis zu Grenzfällen.

Fehlverhalten in der arabischen Redaktion

Diese Fälle habe man an den Intendanten weitergeleitet mit der Aufforderung, diese Fälle intensiv zu prüfen. Mansour sprach davon, dass die arabische Redaktion gespalten und ein Neuanfang von Nöten sei. Er betonte, die Kommission habe nur punktuell untersuchen können. Für einen die gesamte arabische Redaktion umfassenden Background-Check sei die Zeit zu kurz gewesen.

„Wir reden hier von punktuellem Fehlverhalten und Aussagen, aber nicht von strukturellem Antisemitismus in der arabischen Redaktion, auch nicht in der Berichterstattung“, so Mansour. Die Anzahl der Einzelfälle gebe  allerdings Anlass zu berechtigter Sorge.

„Die gesamte arabische Redaktion kann nicht mit dem Vorwurf belegt werden“, betonte auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

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Gleiches gelte auch für die 70 Partner in der Region. Bei vielen seien keine Auffälligkeiten zu erkennen gewesen.  Es sei wichtig, mit den Partner im Gespräch zu bleiben, das Thema Antisemitismus zu thematisieren und klare Richtlinien vorzugeben. In den Fällen, in denen es klaren Antisemitismus gegeben habe, solle die DW die Partnerschaft aufrechterhalten, wenn  die Bereitschaft zu erkennen sei, zu reflektieren und einen neuen Weg zu gehen. Bei zwei Sendern empfahl die Kommission, die Zusammenarbeit zu beenden.

DW-Intendant  Limbourg stellt daraufhin einen 10-Punkte-Maßnahmenplan vor und erklärte, dass in fünf Fällen ein Trennungsverfahren mit Mitarbeitenden aus der arabischen DW-Redaktion liefe. Außerdem habe der Sender das Angebot des Redaktionsleiters angenommen, seinen Posten aufzugeben.

Limbourg äußerte Bedauern über die Vorfälle. Ein generelles Fehlverhalten der Geschäftsleitung der DW sieht der Intendant jedoch nicht.

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