Düster, neblig und mystischDas erwartet Zuschauer in der Netflix-Serie „Barbaren“

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Thusnelda (Jeanne Gorsaud) hat es nicht so mit Heim und Herd und will lieber kämpfen.

Thusnelda (Jeanne Gorsaud) hat es nicht so mit Heim und Herd und will lieber kämpfen.

  • „Barbaren“ – das ist die erste deutsche historische Serie, die es auf der Streamingplattform „Netflix“ zu sehen gibt.
  • In der Serie geht es um die Varusschlacht, um die Römer und um alles, was die Vorbilder „Game of Thrones“ und „Vikings“ mit sich bringen: Blut, Mystik und die Liebe.
  • Wie die Handlung der Serie aussieht, wo sie ihre Stärken hat und was es zu kritisieren gibt, lesen Sie hier.

Köln – Es gibt historische Stoffe, die sind so gut, dass man sich fragt, warum sie bisher ausschließlich fürs Kino verfilmt wurden. Die Geschichte der Varusschlacht gehört zweifellos dazu: Ein Mann, vertraut mit zwei gegensätzlichen, verfeindeten Kulturen, der mit sich ringt, wohin sein Herz gehört. Unterdrückte Völker, die sich gegen einen übermächtigen Gegner auflehnen und ihn besiegen.

Da verwundert es nicht, dass Netflix diesen Stoff für die erste deutsche historische Serie des Streamingdienstes ausgewählt hat. Die Showrunner Jan-Martin Scharf und Arne Nolting, die zusammen mit Andreas Heckmann auch das Drehbuch geschrieben haben, feierten mit der Vox-Serie „Club der roten Bänder“ bei Publikum und Kritik Erfolge und versuchen sich nun in „Barbaren“ daran zu ergründen, was sich im Jahr 9 nach Christus irgendwo im Teutoburger Wald– ganz einig ist sich die Forschung bis heute nicht über den Ort der Schlacht – zugetragen hat.

Gemetzel am Ende der Staffel

Anders als ursprünglich geplant setzt die Handlung nicht nach der Niederlage der Römer an, sondern läuft auf das große Gemetzel am Ende der Staffel zu. Arminius, dargestellt vom Österreicher Laurence Rupp, Sohn eines Cheruskerfürsten, wurde als Kind von seinem Vater als Geisel an Rom ausgeliefert, um den Frieden zu wahren. Er wuchs als Ziehsohn des Feldherrn Varus auf und kehrt nun an dessen Seite als respektierter Anführer in seine Heimat zurück.

Dort trifft er auf seine Jugendfreunde Thusnelda (Jeanne Goursaud) und Folkwin (David Schütter). Die beiden sind mittlerweile ein Paar und wollen heiraten, obwohl Thusnelda einem anderen versprochen ist. Und sie wollen der Willkür der Römer endlich entgegentreten und die verfeindeten Stämme vereinen. Dem besten Freund aus Kindertagen begegnen sie daher wenig überraschend mit großer Vorsicht, denn dieser scheint Rom und seinem Ziehvater treu ergeben zu sein.

Laurence Rupp eine Stärke der Serie

Die Begegnung mit seinen Wurzeln und das brutale, ungerechte Vorgehen der Römer gegen sein Dorf lassen Arminius indes zweifeln. Wie Laurence Rupp diese innere Zerrissenheit zum Ausdruck bringt, gehört zu den Stärken der Serie, die durchweg auf ihre guten Darsteller vertrauen kann. Die Römer Latein sprechen zu lassen, war dabei eine kluge Entscheidung, weil es das Nicht-Verstehen der Menschen, die da aufeinandertreffen, noch stärker verdeutlicht.

Die Autoren Scharf, Nolting und Heckmann und die Regisseure Barbara Eder und Steve St. Leger orientieren sich überdeutlich an Vorbildern wie „Game of Thrones“ und „Vikings“. Es ist immerzu düster und neblig im deutschen Wald (gedreht wurde allerdings in Ungarn), eine ordentliche Portion Mystik darf nicht fehlen, es wird gesoffen, geflucht und sehr viel gekämpft und getötet – allenthalben spritzt Blut und rollen Köpfe. Liebe muss es natürlich geben, in diesem Fall sogar eine klassische Dreiecksgeschichte, und eine für die Zeit erstaunlich emanzipierte Frau darf auch nicht fehlen.

Berlin-Mitte-Hipster

Dass man es mit der historischen Genauigkeit nicht so ganz genau nimmt – wobei die Quellenlage viel Raum für Spekulationen lässt – geschenkt. „Barbaren ist keine Dokumentation, sondern Fiction – wir wollen unterhalten“, sagt Drehbuchautor Andreas Heckmann zu Recht. Warum die Germanen, die sich selbst so vermutlich gar nicht nannten, allerdings die meiste Zeit klingen wie Berlin-Mitte-Hipster, erschließt sich nicht. Und wenn die Mutter Thusnelda mit auf den Weg gibt „Nur wenn Du hasst, lernst du, wie du bekommst, was du wirklich willst“, sind die Internettrolle unserer Zeit auch nicht mehr weit.

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Zu viele Parallelen zur Gegenwart sollte man allerdings vermutlich besser nicht ziehen, sonst ist man schnell bei der Frage, ob es in unseren Tagen, in denen Deutschtümelei auf dem Vormarsch ist, Geschichten von tapferen Germanen, die gegen fremde Invasoren kämpfen, wirklich braucht. Aber solche Entwicklungen dem armen Arminius – und der Serie – anzulasten, ist wohl ungerecht. Zu oft ist er schließlich schon vereinnahmt worden. Das Hermannsdenkmal ist dafür ein weithin sichtbares Zeichen.

Die sechs Episoden von „Barbaren“ sind bei Netflix zu sehen.

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