KunsthandelGeschäfte mit Speer

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Albert Speer übergab Bilder seiner Sammlung dem Kunsthaus Lempertz zur Versteigerung. (Bild: dpa)

Albert Speer übergab Bilder seiner Sammlung dem Kunsthaus Lempertz zur Versteigerung. (Bild: dpa)

Köln – Erneut steht das Kölner Kunsthaus Lempertz im Fokus des öffentlichen Interesses. Dieses Mal jedoch nicht im Zusammenhang mit dem Kunstfälscherprozess, sondern wegen der ZDF-Dokumentation „Speers Täuschung“, die am Dienstag innerhalb der Reihe „Geheimnisse des Dritten Reichs“ über Hitlers Rüstungsminister und Architekten Albert Speer ausgestrahlt wurde.

Dabei ging es unter anderem um Speers Kunstsammlung, der eine zweifelhafte Provenienz nachgesagt wird. Robert Frank, ein enger Freund Speers, hatte die Kollektion an sich genommen und in Mexiko versteckt. Nach dessen Tod fand Franks Testamentsvollstrecker Günter Hank die verschollen geglaubten Werke der Frühromantik und bot sie – angeblich ohne die Verbindung zu Speer zu kennen – Lempertz zur Versteigerung an.

Speer drang auf diskrete Einigung

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In dem Film von Uli Weidenbach erinnert sich Lempertz-Chef Henrik Hanstein, einer seiner Mitarbeiter sei Ende der 70er Jahre misstrauisch geworden, weil ein Bild von Arnold Böcklin, und zwar die wertvollste aller angebotenen Arbeiten, im Werkverzeichnis als verschollen galt. Es wurde deshalb nicht versteigert, wie Hanstein am Mittwoch im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erklärte. Nachforschungen ergaben, dass das Böcklin- Bild zur Sammlung von Albert Speer gehörte. Dem Film zufolge reagierte der einstige Nazi-Minister „gespalten“ darauf, dass ihm seine Sammlung so unverhofft wieder zugefallen sei. Speer bangte demnach um seinen Ruf und drang auf diskrete Einigung.

Hank und Speers Anwalt trafen sich daraufhin in Heidelberg, um die Sammlung aufzuteilen. Hanstein war zugegen. Der Kölner Anwalt Walter Oppenhoff führte damals die Gespräche, so Hanstein zu dieser Zeitung. Über die Begegnung mit Speer sagt der Lempertz-Chef heute: „Ich fand sie unheimlich.“ In Weidenbachs Film klang das so: „Ich hatte Hosenflattern, ich war 29 Jahre alt und erst kurze Zeit im Kunsthandel tätig.“ Im Frühjahr 1981 kamen, so Weidenbach, die rund 30 Werke „bald unter den Hammer“: Franks Erben versteigerten ihren Anteil auf einen Schlag, Speer tat es nach und nach und auf seinen Wunsch hin anonym. Speer kassierte überdies in bar.

„der gute Nazi“

Der Kölner Raubkunstexperte Stefan Koldehoff, der bereits in seinem 2009 veröffentlichten Buch „Die Bilder sind unter uns“ diese Auktion erwähnt hatte, sagte dazu in der TV-Dokumentation: „Hätte 1981 in dem Katalog Speer als Vorbesitzer gestanden, hätte das Auswirkungen auf den Verkauf haben können“ – wegen etwaiger Rückgabeforderungen beispielsweise. Koldehoff stellt weiter fest, dass alle Galerien und Auktionshäuser, die Angebote von Speer erhielten, hätten fragen müssen: Sind Sie rechtmäßiger Eigentümer?

Hanstein teilt zu besagter Versteigerung mit: „Wir haben mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln prüfen lassen, ob unrechtmäßig Erworbenes dabei war.“ Man habe nichts dergleichen gefunden. Viele Jahre später habe man durch das Art-Loss-Register, die weltweit größte Datenbank verlorener und gestohlener Kunstwerke, nochmals prüfen lassen, ob sich hinter den Werken „problematische Besitzverhältnisse“ verbergen. Doch erneut habe es es keine Beanstandungen gegeben.

Hatte das Kunsthaus Lempertz nie Bedenken, mit Speer Geschäfte zu machen? „Aus heutiger Sicht“, sagte Hanstein am Mittwoch, „würden wir die Versteigerung der Bilder ablehnen.“ Damals habe Albert Speer noch als „der gute Nazi“ gegolten. Doch heute wisse man mehr über dessen Rolle im NS-Staat.

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