Neue StadtführungKlänge wie klirrendes Eis

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In der Kirche St. Maria in Lyskirchen erläuterte Stadtführer Günter Leitner den Teilnehmern unter anderem die farbenprächtigen Fresken an den Deckengewölben. (Bild: Rösgen)

In der Kirche St. Maria in Lyskirchen erläuterte Stadtführer Günter Leitner den Teilnehmern unter anderem die farbenprächtigen Fresken an den Deckengewölben. (Bild: Rösgen)

Innenstadt – Neue Musik und alte Kirchen - aus dieser Kombination entstand die Musik-Stadtführung, das erste gemeinsame Projekt der Rochus-Musikschule aus Bickendorf mit den Antoniter-Citytours. Etwa 50 Kulturfreunde kamen in den Genuss von vier Konzerten an vier verschiedenen Orten in der City. Stadtführer Günter Leitner stellte sie fachkundig und mit viel Detailwissen vor.

Vier Ensembles mit teils noch sehr jungen Schülern der Rochus-Musikschule in Bickendorf und Studierenden der Musikhochschule führten dabei Stockhausens Tierkreis auf. Zwölf einzelne Stücke, die jeweils die Namen der Tierkreiszeichen tragen, umfasst das 1976 vollendete Werk Stockhausens. Es zählt zu seinen bekanntesten - immerhin sind Teile daraus beim Läuten des Rathaus-Glockenspiels zu hören.

Die Vierteilung des Werkes in Winter, Frühling, Sommer und Herbst erlaubte es, vier Aufführungsorte auszuwählen. Für den „Winter“ mit den Sternzeichen Steinbock, Wassermann und Fische suchte Günter Leitner die romanische Basilika St. Maria im Kapitol aus. „Dies ist Kölns Weihnachtskirche“, erklärte Leitner. Der Ostchor, in dem die Konzertaufführung stattfand, stimmt in seinen Maßen mit dem Grundriss des Chors der „Geburtskirche“ in Bethlehem exakt überein. Im Bodenmosaik des Chors von St. Maria im Kapitol ist zudem ein Tierkreis dargestellt. Die Akustik des Kirchenraumes verlieh den ausdrucksstarken Kompositionen, die den Charakter jedes Tierkreiszeichens beschreiben, zusätzliche Wirkung. Klänge, die eine Vorstellung von klirrendem Eis oder tief verschneiten Landschaften erzeugten, hallten lange durch den romanischen Bau.

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Günter Leitner schmückte seine Ausführungen immer wieder mit interessanten Details aus. So wusste er davon zu berichten, dass die Krypta der Kirche St. Maria im Kapitol während der Nazizeit Treffpunkt der katholischen Jugend war. Häufig lauerten dort aber auch Angehörige der Hitlerjugend den christlichen Jugendlichen auf. „Der frühere Katholikenausschussvorsitzende Rudi Conin hat mir selbst erzählt, dass er dabei einmal Angreifer mit Hilfe eines Weihrauchfasses in die Flucht geschlagen habe“, berichtete Leitner.

Nächste Station war die Kirche St. Maria in Lyskirchen, wo die Stockhausen-Melodien zum Frühling erklangen - Widder, Stier und Zwillinge. Von dort ging es weiter zum Rheinufer bis zum Treppenaufgang zwischen Philharmonie und Rheingarten. Hier mischten sich die Klänge mit den vielfältigen Geräuschen aus der Umgebung. Der rhythmische Klang einfahrender Züge untermalte die Stücke, die einst für Spieluhren geschrieben wurden. Auch zahlreiche Passanten blieben eine Weile stehen und lauschten den anspruchsvollen und fast sphärisch anmutenden Klängen des jungen Ensembles.

Die Führung endete in der Fronleichnamskirche an der Machabäerstraße. Aufgrund einer Veranstaltung konnte nicht wie geplant die Aula der Musikhochschule genutzt werden. Die Umgebung der Barockkirche bot einen starken Kontrast zu den sehr rhythmisch angelegten Stücken, die von Rochus-Musikschülern und Studierenden der Musikhochschule gespielt wurden.

Annette Scholl, bei den Antoniter-Citytours für die Konzeption verantwortlich, will gerne noch mehr solcher Musik-Stadtführungen ins Programm aufnehmen: „Stadtführungen sind ein sehr umkämpfter Markt in Köln. Da ist es schon gut, wenn man so etwas Besonderes anbieten kann.“

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