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Köln streitet über ein neues Stadt-Logo ohne Dom

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Köln – Die Kölner und ihr Dom, das ist ein besonderes Verhältnis. In Liedern wird das imposante Gotteshaus besungen, in Wohnungsannoncen gilt „mit Domblick” auch bei schäbiger Rest-Ausstattung als Qualitätsmerkmal - und wer die Groß-Kirche an Karneval unbedacht anpinkelt, wird mit höchster Verachtung gestraft.

Womöglich erklärt die Liebe zu der Kathedrale die Aufregung, die zurzeit in Teilen der Stadtgesellschaft herrscht. Der Grund: Ein geplantes neues Stadt-Logo, in dem der Dom fehlt. Im alten Erkennungszeichen der Verwaltung waren seine zwei Spitzen noch zu sehen - nun aber nicht mehr. Der neue Entwurf beschränkt sich stattdessen - in überarbeiteter Form - auf einen Adler, das Stadtwappen und den Schriftzug „Stadt Köln”.

Die Stadt begründet das mit der Überholbedürftigkeit des alten Markenauftritts. Das rund 20 Jahre alte Logo sei sehr komplex, bestehe aus mehreren Teilen und erfülle damit nicht mehr moderne Anforderungen - vor allem im digitalen Zeitalter, in dem viele Menschen über ihr Smartphone und dessen vergleichsweise kleinen Bildschirm Seiten aufrufen. „Unmodern, altbacken, sperrig, emotionslos”, so steht es in einer Markenanalyse. Das Logo werde nun reduziert. Von Sommer an soll der neue Auftritt sichtbar werden.

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Bei einigen Social-Media-Nutzern und Vertretern der Stadtgesellschaft verfängt diese Argumentation aber nicht. Kölns Domdechant Robert Kleine etwa sagte dem Domradio, die Stadt gebe etwas von ihrer Eigenheit auf: „Ich frage mich, ob es so gut ist, den Dom verschwinden zu lassen.” Auf der Zinne ist auch Ex-Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU). In mehreren Medien rief er die Kölner dazu auf, sich zu gegen die Änderung zu „wehren”.

In der Stadt, die nun die parteilose Henriette Reker regiert, will man aber von den Plänen nicht abrücken. „Die Änderung des Markenauftritts ist beschlossene Sache”, sagte ein Sprecher am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. „Das umfasst auch das neue Logo – da wird es keine nachträgliche Änderung geben.”

Man müsse den überarbeiteten Markenauftritt in Gänze sehen, so die Stadt. Die Domspitzen würden keinesfalls verschwinden. Vielmehr hätten sie neue Prominenz: Der Dom sei zukünftig auf allen Plakaten, Broschüren, Aushängen und Social-Media-Beiträgen deutlich zu sehen, aber mittiger. Christian Boros, Chef der verantwortlichen Agentur, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger”: „Wenn die Stadt zum Beispiel einen Social-Media-Post macht, dann ist oben als Absender das neue Logo der Verwaltung als Hoheitszeichen mit dem doppelköpfigen Adler und ohne Dom abgebildet. Unten steht aber der weiß ausgeklinkte Dom in der roten Textfläche. Damit ist der Dom mehr Teil des Inhalts.”

Religiöse Gründe für das Verrücken der Großkirche habe es nicht gegeben, bekräftigte die Verwaltung. „Die christliche Geschichte Kölns ist weiterhin drin im Logo – in Form unseres Stadtwappens”, sagte der Sprecher. Darin tauchten die drei Kronen auf, die an die Heiligen Drei Könige erinnerten. Fazit: „Christlicher geht es kaum.”

Der Psychologe und Bestsellerautor Stephan Grünewald („Wie tickt Deutschland?”) kann dennoch erahnen, warum es latente Aufregung gibt. Immerhin heiße die inoffizielle Köln-Hymne „Mer losse d'r Dom en Kölle, denn do jehöt hä hin” (Wir lassen den Dom in Köln, denn hier gehört er hin) - ein Lied der Bläck Fööss. „Die Bläck Fööss haben also schon vor Jahrzehnten davor gewarnt, mit dem Dom Schindluder zu treiben”, sagte Grünewald der dpa. Seit seiner Fertigstellung sei er eines der zentralen Wahrzeichen.

„Die Kölner haben zwei Seelen: Eine Kaffeebud-Seele, die auf gesellige Gemütlichkeit setzt. Und eine Metropolen-Seele, die auf Größe setzt”, so der Psychologe. „Es geht in Köln immer um Größe und Geselligkeit.” Und der Dom repräsentiere, dass in Köln trotz aller Gemütlichkeit langfristig etwas Bedeutendes entstehen könne.

Zudem dürfe man auch die aktuelle Weltlage nicht vergessen. In der Ukraine gibt es Krieg. „Die Welt steht Kopf, nichts hat mehr Bestand. Der Dom ist aber ein abendländisches Bestandssignal. Wenn der nun eliminiert werden soll, spielt die aktuelle Gemengelage da mit rein”, sagte er. „Es schürt die Empörung.”

© dpa-infocom, dpa:220330-99-730955/6 (dpa/lnw)

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