„Holland“ ist verbotenWarum wir jetzt Niederlande sagen sollen

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Frau Antje bringt Käse aus Holland.

  • Nicht nur die Deutschen sagen Holland, wenn sie die Niederlande meinen.
  • Das möchte des Außenministerium unseres Nachbarlandes ändern - unter anderem mit einem neuen Logo.
  • Man will weg von Frau Antje und Tulpen-Klischees. Fachleute haben Zweifel, ob das klappt.

Am Wochenende mal nach Holland fahren, das ist eine der Lieblingsbeschäftigungen der Rheinländer. Man fährt nach Holland, auch wenn es meistens streng genommen Zeeland mit Domburg und Umgebung ist. Der Begriff Holland steht eben für die Niederlande. Damit ist jetzt aber Schluss, zumindest nach dem Willen des niederländischen Außenministeriums. Denn seit Jahresanfang möchte das Land „Niederlande“ genannt werden. Und nicht mehr „Holland“, denn so heißen nur zwei der insgesamt zwölf Provinzen des Landes.

Dazu passend gibt es ein neues Logo. Die typische Holland-Tulpe vom bisherigen Tourismus-Markenzeichen ist da nur noch streng stilisiert zwischen den Buchstaben N und L zur erkennen. Rebranding heißt das heute. 200 000 Euro hat der neue Schriftzug gekostet.

Neuer Inhalt

Das bisherige Logo

Die niederländische Handelsministerin Sigrid Kaag sagte bei der Präsentation: „Das neue Logo soll sich positiv auf den Export auswirken, Investoren und Talente anziehen.“ Das Logo spiegele die Identität der Niederländer wieder, ihre Weltoffenheit und ihren Einfallsreichtum. Offensichtlich traut man dem Wort „Holland“ und all seinen eher gemütlichen Urlaubs-Konnotationen dies nicht (mehr) zu. Ein tiefgreifender Imagewechsel scheint angestrebt zu sein.

Alles zum Thema Eurovision Song Contest

Neuer Inhalt

Das strenge neue Logo

Muss nun alles umbenannt und überdacht werden? Was wird aus dem „Fliegenden Holländer“, dem Fußballhymne „Hup Holland Hup“ und aus der Sauce Hollandaise? Frau Antje bringt seit Jahrzehnten den Käse aus Holland nach Deutschland. War das alles falsch? Darf man noch über langsam fahrende Holländer in den deutschen Mittelgebirgen schimpfen, oder muss man sie erst fragen, aus welcher Provinz sie kommen?

Ministerin Sigrid Kaag beruhigt: „Verbieten wollen wir den Begriff Holland natürlich nicht, aber wir selbst werden ihn in der offiziellen Kommunikation nicht mehr benutzen.“ Das Logo wurde in acht verschiedenen Sprachen produziert. Doch darüber hinaus war eine direkte Übersetzung von „Niederlande“ nicht immer möglich. Da blieb man dann doch bei „Holland“. Das versteht man in der ganzen Welt. Und ob die Rheinländer sich umgewöhnen und künftig in die Niederlande fahren, ist eher unwahrscheinlich. Auch Fachleute sind skeptisch.

Marc Heuer beschäftigt sich am Zentrum für Niederlande-Studien der Uni Münster mit unserem Nachbarland.

Warum kommt diese Initiative ausgerechnet jetzt?

Marc Heuer: Es wird in der niederländischen Presse spekuliert, dass das Außenministerium den anstehenden  Eurovision Song Contest in Rotterdam und die Fußball-Europameisterschaft als Plattformen nutzen will, um die neue Strategie zu promoten.

Was steckt hinter der Kampagne?

Es geht zum einen wohl um die Absicht, die Touristenströme mehr über das Land zu verteilen. Amsterdam wird von Besuchern überschwemmt,  andere Regionen sind nur  wenig bekannt.  Außerdem hofft man, mit dem neuen Logo für ausländische Geschäftspartner seriöser zu wirken und von den Klischees wegzukommen.

Meinen Sie, so eine Veränderung kann durch  eine neue Sprachregelung  bewirkt werden?

Das ist schwierig. Die ja durchaus auch positiven Klischees – Tulpen, Windmühlen-Romantik, Käse –  hat man  vor allem im 20. Jahrhundert aktiv gepflegt, zum Beispiel durch Frau Antje, die speziell für den deutschen Markt entwickelt wurde. Das kriegt man  aus den Köpfen nicht so einfach raus. Das dauert Generationen, wenn überhaupt. Die beiden Begriffe werden auch in Zukunft nebeneinander existieren. Kurios ist, dass bei dem neuen Logo die Buchstaben N und L eine stilisierte Tulpe bilden. Die  Klischees bedient man also weiter.

Das könnte Sie auch interessieren:

Woher kommt die Tradition, die Niederlande Holland zu nennen - übrigens nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt?

Das hat sich über Jahrhunderte entwickelt, weil sich die beiden Provinzen Nordholland mit Amsterdam und Südholland mit Rotterdam  mit ihren großen Häfen zum  wirtschaftlichen, politischen und auch kulturellen Zentrum  des Landes entwickelt haben. Mittlerweile hat sich das durch neue Branchen natürlich verändert. Da möchte man  nun wohl auch innenpolitisch ein Zeichen setzten, dass man  das ganze Land im Blick hat und sich gemeinsam präsentiert.

Sind die restlichen Provinzen denn unzufrieden mit der Holland-Dominanz?

Einige Regionen fühlen sich zurückgesetzt und werden manchmal tatsächlich verspottet. Die Holländer sprechen von den „anderen“, wenn sie über den Rest des Landes reden.  Und die  Provinz  Limburg wird auch schon mal Limbabwe genannt.

KStA abonnieren