Vermisst und verschwundenDiese 12 Politiker und Royals sind bis heute verschollen

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Die neu gewählten chinesischen Staatsräte Qin Gang (l) und Li Shangfu (r) legen am 12. März 2023 nach ihrer Wahl während der 5. Plenarsitzung des Nationalen Volkskongresses (NVK) in der Großen Halle des Volkes in Peking gemeinsam mit dem Staatsrat und dem Generalsekretär des Staatsrates Wu Zhenglong (m) den Amtseid ab.

Die neu gewählten chinesischen Staatsräte Qin Gang (l) und Li Shangfu (r) legen am 12. März 2023 nach ihrer Wahl während der 5. Plenarsitzung des Nationalen Volkskongresses (NVK) in der Großen Halle des Volkes in Peking gemeinsam mit dem Staatsrat und dem Generalsekretär des Staatsrates Wu Zhenglong (m) den Amtseid ab. (Archivbild)

Ob chinesische Politiker, Habsburger Erzherzog oder australischer Premierminister – von diesen Politikern und Royals fehlt bis heute jede Spur.

Das Verschwinden von Politikern und Royals fasziniert und beunruhigt zugleich. Es sind Geschichten wie aus einem Krimi: Mysteriös, unerwartet und oft ohne Auflösung. Ob durch politische Intrigen, unglückliche Umstände oder rätselhafte Ereignisse – das Schicksal dieser Persönlichkeiten bleibt oft ein Mysterium, das Fragen aufwirft und Spekulationen nährt. Nachfolgende eine Auswahl der spektakulärsten Fälle.


Qin Gang und Li Shangfu, vermisst seit 2023

Politikerkarrieren in China enden in den letzten Jahren immer häufiger mit einem plötzlichen Verschwinden und einer anschließenden, wenig aussagekräftigen Erklärung der Regierung über „gesundheitliche Gründe“. Der ehemalige Außenminister Chinas Qin Gang (57) ist seit dem 25. Juni 2023 nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten. Knapp einen Montat später wurde bekannt gegeben, dass Qin Gang seines Amtes als Außenminister enthoben wurde. Im Oktober wurde er auch seines Amtes als Mitglied des chinesischen Staatsrates enthoben. Über die Gründe für diese Maßnahmen, mögliche Vorwürfe und den Verbleib von Qin Gang wurden keine Angaben gemacht.

Die neu gewählten chinesischen Staatsräte Qin Gang (l) und Li Shangfu (r) legen am 12. März 2023 nach ihrer Wahl während der 5. Plenarsitzung des Nationalen Volkskongresses (NVK) in der Großen Halle des Volkes in Peking gemeinsam mit dem Staatsrat und dem Generalsekretär des Staatsrates Wu Zhenglong (C) den Amtseid ab.

Die neu gewählten chinesischen Staatsräte Qin Gang (l) und Li Shangfu (r) legen am 12. März 2023 nach ihrer Wahl während der 5. Plenarsitzung des Nationalen Volkskongresses (NVK) in der Großen Halle des Volkes in Peking gemeinsam mit dem Staatsrat und dem Generalsekretär des Staatsrates Wu Zhenglong (m) den Amtseid ab.

Nach dem Verschwinden von Außenminister Qin Gang erwischte es schließlich Verteidigungsminister Li Shangfu. Er sollte am 7. September mit seinem Amtskollegen in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi zusammentreffen. Die chinesische Regierung sagte das Treffen kurzfristig ab und begründete dies damit, dass Li aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen könne. Zuletzt wurde Li am 29. August in Peking gesehen, wo er bei einem Sicherheitsforum mit afrikanischen Staaten sprach. Zuvor hatte er Staatsbesuche in Russland und Weißrussland absolviert.

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Juryj Sacharanka und Wiktar Hantschar, vermisst seit 1999

Juryj Sacharanka und Wiktar Hantschar, zwei prominente belarussische Politiker, sind tragische Symbole des politischen Verschwindenlassens in Belarus. Beide verschwanden im Jahr 1999 unter mysteriösen Umständen, die stark auf das Wirken staatlicher Akteure hindeuten. Während Sacharanka, ein ehemaliger Innenminister und Regierungskritiker, im Mai 1999 verschwand, wurde Hantschar, ein führender Oppositionspolitiker, zusammen mit seinem Freund Anatol Krassouski im September desselben Jahres entführt.

Der 45-jährige Juri Garawski (m) aus Belarus, der nach eigenen Angaben Mitglied einer Sondereinheit des Innenministeriums war, trifft am Gericht ein. Erstmals wird in der Schweiz vor einem unabhängigen Gericht über mögliche Verbrechen im Staatsauftrag in Belarus (Weißrussland) verhandelt.

Der 45-jährige Juri Garawski (m) aus Belarus, der nach eigenen Angaben Mitglied einer Sondereinheit des Innenministeriums war, trifft am Gericht ein. Erstmals wird in der Schweiz vor einem unabhängigen Gericht über mögliche Verbrechen im Staatsauftrag in Belarus (Weißrussland) verhandelt.

Untersuchungen des Europarats und Zeugenaussagen deuten darauf hin, dass eine Spezialeinheit des belarussischen Innenministeriums für ihre Entführungen und mutmaßlichen Morde verantwortlich war.

Im September 2023 sorgte ein Prozess in der Schweiz für Aufsehen: Juri Garawski behauptete, vor mehr als 20 Jahren am Verschwinden belarussischer Oppositioneller beteiligt gewesen zu sein. Ein Schweizer Gericht sah dies jedoch nicht als erwiesen an und sprach ihn frei.


Lovinsky Pierre-Antoine, vermisst seit 2007

Der haitianische Menschenrechtsaktivist Lovinsky Pierre-Antoine, Leiter der Fondasyon Trant Septanm (Stiftung 30. September), verschwand am 12. August 2007 in Delmas, Haiti. Der damals 52-Jährige setzte sich mit seiner Stiftung für die Überlebenden und Angehörigen der Opfer der Militärregierung von 1991 bis 1994 ein.

Die Polizei von Haiti sichert die Straßen in Tabarre.

Die Polizei von Haiti sichert die Straßen in Tabarre. (Archivbild von 2022)

Nach einem Treffen mit Menschenrechtsaktivisten aus den USA und Kanada geriet der 52-Jährige in die Hände unbekannter Entführer, die zwei Tage später ein Lösegeld von 300.000 US-Dollar forderten. Danach brach der Kontakt ab. Amnesty International nahm sich seines Falles an, doch trotz weit verbreiteter Besorgnis und Vermutungen über Verrat in seinem Umfeld bleibt sein Schicksal bis heute ungewiss.

Die angespannte humanitäre und politische Lage in Haiti und die zahlreichen Umweltkatastrophen, die das Land heimgesucht haben, haben den Vermisstenfall in Vergessenheit geraten lassen. Zum Gedenken an den Menschenrechtsaktivisten verleiht die kanadische „University of Waterloo“ seit einigen Jahren das Stipendium „Lovinsky Pierre-Antoine Award“.


Ukshin Hoti, vermisst seit 1999

Der kosovarische Philosoph und Friedensaktivist Ukshin Hoti war eine einflussreiche Persönlichkeit, die wegen ihrer politischen Überzeugungen mehrmals verhaftet wurde. In der Republik Jugoslawien war er Professor für Völkerrecht und Philosophie an der Universität Pristina und Gründer der politischen Partei UNIKOMB. Hoti wurde 1982 wegen seiner Unterstützung der Proteste im Kosovo 1981 zu einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt und von Amnesty International als Gefangener aus Gewissensgründen anerkannt.

Graffiti in Pristina mit der Aufschrift „Die Kosovo-Republik!“ und „Wo ist Ukshin Hoti?“

Graffiti in Pristina mit der Aufschrift „Die Kosovo-Republik!“ und „Wo ist Ukshin Hoti?“ (Archivbild von 2016)

1994 wurde er erneut verhaftet und zu weiteren fünf Jahren Haft verurteilt. Am Tag seiner geplanten Entlassung 1999 verschwand er spurlos, nachdem er in ein unbekanntes Gefängnis verlegt worden war. Sein Aufenthaltsort ist bis heute unbekannt, viele Menschenrechtsaktivisten halten ihn für tot. Er hätte 2023 seinen 80. Geburtstag gefeiert.


Harold Holt, vermisst seit 1967

Der damals amtierende australische Premierminister Harold Holt verschwand am 17. Dezember 1967 unter mysteriösen Umständen beim Schwimmen in der Nähe von Portsea, Victoria. Trotz einer groß angelegten Suchaktion wurde seine Leiche nie gefunden und er wurde für tot erklärt. Sein Verschwinden, vermutlich durch Ertrinken, löste eine Reihe von Verschwörungstheorien aus, darunter die Behauptung, er sei ein chinesischer Spion und von einem U-Boot der Kommunisten entführt worden. Oder die CIA stecke hinter seinem Verschwinden.

Der damalige australische Premierminister Harold Holt.

Der damalige australische Premierminister Harold Holt. (Archivbild)

Holt war der dritte australische Premierminister, der im Amt (vermutlich) starb, und wurde nach seinem Tod von John McEwen und später von John Gorton abgelöst. Sein Tod ist Teil der australischen Folklore und unter anderem erinnert heute das „Harold Holt Memorial Swimming Centre“ in Melbourne an den Politiker. Auch eine Marinefunkstelle trägt seinen Namen.


Mehdi Ben Barka, vermisst seit 1965

Der 1920 geborene Mehdi Ben Barka spielte als engagierter Oppositionspolitiker und entschiedener Gegner des Imperialismus eine Schlüsselrolle in der marokkanischen Politik. Als Führer der linksgerichteten Union Nationale des Forces Populaires (UNFP) und Sekretär der Tricontinental Conference stand er in Opposition zum französischen Imperialismus und zu König Hassan II. Das Verschwinden Ben Barkas 1965 in Paris bleibt ein ungelöstes Rätsel.

Fotografien von Mehdi Ben Barka

Fotografien von Mehdi Ben Barka (Archivbild)

Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche Theorien aufgestellt. Im Jahr 2018 behauptete der israelische Journalist Ronen Bergman, der Mossad habe Ben Barka auf Geheiß des marokkanischen Geheimdienstes aufgespürt und entführt, woraufhin ihn marokkanische Agenten und die französische Polizei ermordeten und der Mossad seine Leiche entsorgte. Das mysteriöse Verschwinden von Ben Barka wurde in etlichen Filmen und Büchern verarbeitet. Besonders berühmt ist der Kinofilm „Das Attentat“ von 1972 mit Stars wie Michel Piccoli und Roy Scheider.


Johann Salvator von Österreich-Toskana

Johann Salvator von Österreich-Toskana, geboren am 25. November 1852 in Florenz, war ein Erzherzog aus dem Hause Habsburg. 1889 änderte er seinen Namen in Johann Orth und brach mit seinem königlichen Erbe, um ein neues Leben zu beginnen. 1890 kaufte er in Hamburg einen Frachtdampfer, die Santa Margareta, und begann eine Reise von London nach Valparaíso in Chile. Sein Schiff ging jedoch im Juli 1890 bei Kap Tres Puntas in der Nähe von Kap Hoorn während eines schweren Sturms verloren. An Bord waren neben Johann seine Frau Milli Stubel, drei Schiffsoffiziere und eine zwanzigköpfige Mannschaft. Sein mysteriöses Verschwinden ist bis heute ungeklärt.

Erzherzog Johann Salvator von Österreich-Toskana war Mitglied des toskanischen Zweiges des Hauses Habsburg-Lothringen

Erzherzog Johann Salvator von Österreich-Toskana war Mitglied des toskanischen Zweiges des Hauses Habsburg-Lothringen, Gemälde von 1880 (Archivbild)

2007 berichteten die „Oberösterreichische Nachrichten“, dass ein norwegisches Gericht entschieden habe, dass der 1945 in Norwegen verstorbene Alexander Hugo Köhler in Wirklichkeit Erzherzog Johann Salvator war. Dieses Urteil, das von Köhlers Nachkommen angestrebt wurde, die auch Genproben zum Vergleich anboten, führte dazu, dass sie das Grab öffnen ließen, um ihre Erbansprüche durch DNA-Tests zu untermauern. Die Mitglieder der Familie Habsburg weigerten sich jedoch 2009, mit DNA-Proben an der Untersuchung mitzuwirken.


König Sebastian I. von Portgual, vermisst seit 1578

König Sebastian von Portugal, der sogenannte „verlorene König“, ist bis heute eine geheimnisvolle und verschollene Gestalt der Geschichte geblieben. Er wurde 1554 geboren und bestieg den Thron im zarten Alter von nur drei Jahren. Sebastians Herrschaft war geprägt von religiösem Eifer und dem Traum, in Marokko ein christliches Königreich zu errichten.

König Sebastian von Portugal, Gemälde von Cristóvão de Morais

König Sebastian von Portugal, Gemälde von Cristóvão de Morais

Dieser Traum führte ihn 1578 in die Schlacht von Alcácer-Quibir, wo er verschwand. Sein Leichnam wurde nie eindeutig identifiziert, was zu zahlreichen Legenden und Spekulationen über sein Schicksal führte. Die Ungewissheit über seinen Tod und die Hoffnung auf seine Rückkehr prägten lange Zeit die portugiesische Kultur und Politik.

Eine Legende besagt, dass der 24-Jährige während der Schlacht in Afrika einfach verschwand und eines Tages, wenn es sehr neblig ist, zurückkehren wird, um seinem Volk zu Hilfe zu kommen. Heute erinnert im Zentrum der Küstenstadt Lagos eine androgyn wirkende Statue an den legendären König.


Eduard V. von England und Richard von Shrewsbury, Herzog von York

Das berühmte Gemälde „Die Prinzen im Tower“ von Sir John Everett Millais aus dem Jahr 1878 stellt auf eindrucksvolle Weise das geheimnisvolle Schicksal Eduards V. von England und seines Bruders Richard, Herzog von York, dar. Ihr Onkel, Richard von Gloucester, ließ sie nach dem Tod des Königs durch das Parlamentsstatut Titulus Regius für unehelich und damit nicht erbberechtigt erklären und bestieg als Richard III. anstelle von Eduard V. selbst den Thron.

„Die Prinzen im Tower“ von Sir John Everett Millais

„Die Prinzen im Tower“ von Sir John Everett Millais (1878)

Zuvor hatte er die Brüder in den Tower von London bringen lassen, zunächst angeblich, um die Krönung Eduards vorzubereiten. Die Prinzen wurden dort zuletzt im Sommer 1483 lebend gesehen. Danach verschwanden sie spurlos und es wird allgemein angenommen, dass sie ermordet wurden.

Die tragische Geschichte der beiden Prinzen und die Spekulationen über ihren möglichen Mörder werden in der Geschichtswissenschaft, in den Medien und in populärwissenschaftlichen Werken intensiv diskutiert. Auch in Kunst und Literatur hat das Rätsel um die „Prinzen im Turm“ große Resonanz gefunden und dient vielfach als Inspirationsquelle.

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