Plötzlich ein AuslaufmodellDie CDU distanziert sich von den Grünen – auch im Kölner Ratsbündnis?

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Christian Achtelik, Vizefraktionschef Volt
Jennifer Glashagen, Fraktionschefin Volt
Lino Hammer, Fraktionsgeschäftsführer Grüne
Christiane Martin, Fraktionschefin Grüne
Bernd Petelkau, Fraktionschef CDU
Niklas Kienitz, Fraktionsgeschäftsführer CDU.
Pressekonferenz zur Halbzeitbilanz des Kölner Ratsbündnisses. (Archivbild)

Christian Achtelik, Vizefraktionschef Volt Jennifer Glashagen, Fraktionschefin Volt Lino Hammer, Fraktionsgeschäftsführer Grüne Christiane Martin, Fraktionschefin Grüne Bernd Petelkau, Fraktionschef CDU Niklas Kienitz, Fraktionsgeschäftsführer CDU. Pressekonferenz zur Halbzeitbilanz des Kölner Ratsbündnisses. (Archivbild)

Sogar die schwarz-grüne Koalition in Hessen bröckelt in den Zeiten der Krise. Überlebt das Kölner Ratsbündnis bis zum Wahljahr 2025?

Wenn die schwarz-grüne Koalition in Hessen, wo man es etliche Jahre ohne größere Störgeräusche miteinander ausgehalten hat, plötzlich ein Auslaufmodell ist – was heißt das für andere Bündnisse gleicher Farbgebung? Vor allem für solche, deren Leistungsbilanz von Anfang an eher bescheiden ausfällt?

Kölner Ratsbündnis wird durch Krisenzeit auf die Probe gestellt

Ja, die Rede ist vom Kölner Ratsbündnis, das die CDU, für die es bei der Kommunalwahl 2021 nur zum dritten Platz gereicht hatte, damals mit den Grünen, dem strahlenden Wahlsieger, geschmiedet hatte. Viel erreicht hat man nicht zusammen, von einer leidenschaftlichen Beziehung kann jedenfalls keine Rede sein – spätestens im Wahljahr 2025 könnte es dann auch in Köln vorbei sein mit Schwarz-Grün (plus Volt, aber die Kleinpartei spielt im Ratsbündnis nur eine Nebenrolle).

Grundsätzlich muss sich die CDU in Köln die gleichen Fragen stellen wie Boris Rhein in Hessen. Will man sich weiter an eine Partei binden, deren Popularität in Zeiten von Kriegen, Flüchtlingskrisen und, daraus resultierend, immer größeren Ungewissheiten, dramatisch abgenommen hat? Eine Partei, die zwar den Klimawandel zu Recht zur zentralen Richtschnur ihres Handelns gemacht hat, die aber durch mindestens ungeschickte, oft auch abgehobene Politik selbst Teile ihrer Stammwählerschaft abgeschreckt hat? Oder geht man hier lieber auf Distanz wie jetzt in Hessen?

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Grüne in Köln können mit „Verkehrsversuchen“ nicht überzeugen

Kölns neuer CDU-Parteichef Karl Mandl hat sich bereits in den vergangenen Wochen in Sachfragen vom grünen Bündnispartner distanziert und durchaus öffentlichkeitswirksam die Nähe zur SPD gesucht. Zwar dient das auch seiner innerparteilichen Profilierung.

Aber es passt ins Bild der Bundes-CDU, deren Chef Friedrich Merz schon länger jede Gelegenheit nutzt, um die Grünen als Partei der Verbote und der Zumutungen zu brandmarken. Das verfängt nicht nur bei der eigenen Klientel – in den gutsituierten Kölner Innenstadtvierteln, wo die Grünen 2021 mächtig abräumten, wird sich manche damalige Wählerin, mancher Wähler der Ökopartei fragen, wann denn wohl die Gasheizung abgewrackt werden muss und ob wirklich Platz genug ist für noch mehr Flüchtlinge.

Und was sehen diese Wähler, wenn sie sich die Performance der Kölner Grünen im Ratsbündnis anschauen? In erster Linie eine Reihe von „Verkehrsversuchen“, etwa auf der Venloer Straße, der Trankgasse oder der Deutzer Freiheit, die auch deswegen krachend gescheitert sind, weil man es im Vorfeld keine vernünftige Kommunikation gab. Schon das wirkte überheblich. Dass man auf Kritik eher beleidigt reagierte, machte es nicht wirklich besser.

Verkehrspolitik, Stadtentwicklung und Wohnungsbau kommen bei CDU und Grünen zu kurz

Allerdings sind derlei hingepfuschte Experimente nur Kosmetik, die davon ablenken soll, dass die Kraft für die Lösung der großen Probleme diesem Bündnis – und damit nicht nur bei den Grünen – fehlt. Eine zukunftstaugliche Verkehrspolitik, eine U-Bahn zwischen Heumarkt und Aachener Weiher, eine klare Strategie für die Stadtentwicklung, entschlossener Wohnungsbau – Fehlanzeige bei all diesen Themen, und zwar bei den Grünen wie bei der CDU. Und selbst wenn die Ideen im Programm stehen, umgesetzt wurde davon bislang kaum etwas.

Bloß keine Entscheidungen, lautet eher das Motto. Da passt es ins Bild, dass selbst der Beschluss zum Bau eines neuen Museums am Roncalliplatz („Historische Mitte“) erneut vertagt werden soll. Schwarz-Grün verwaltet die Stadt bestenfalls, aber es wird nicht gestaltet. Für mehr scheint es beiden Bündnispartnern auch am geeigneten   Personal zu fehlen. Abseits der jeweiligen Parteiblasen sind die Spitzenpolitiker beider Parteien und ihre Haltung zu den zentralen Themen jedenfalls   in der breiten Bevölkerung kaum präsent.

Es bedarf einer gefestigten CDU als Bollwerk gegen die AfD

Während die grüne Fraktionsspitze bis heute weitgehend im Verborgenen agiert, war die Kölner CDU durch den lange andauernden Streit um die Parteiführung und Ausrichtung zeitweise gelähmt. Geschadet hat beides beiden. Dass die CDU ihren Reformprozess auf halber Strecke abgebrochen zu haben scheint, macht sie für die Wählerinnen und Wähler jedenfalls nicht gerade attraktiver.

Dabei wäre eine gefestigte, selbstbewusste und planvoll agierende CDU in diesen Zeiten um so wichtiger – auch als Bollwerk gegen die AfD, die an ihrer rechten Flanke um Wähler buhlt. Und angesichts einer SPD, deren Erneuerung aus tiefster Krise in Köln wohl noch länger andauern wird, weil die internen Grabenkämpfe nicht enden wollen.  

Grüne und CDU distanzieren sich vor der Kommunalwahl 2025

Eine solche CDU müsste eine echte Idee haben für Köln, konkrete Ziele und vor allem: den Willen zur Umsetzung. Sie müsste bald eine überzeugende Kandidatin oder einen Kandidaten für den OB-Posten präsentieren. Sie braucht zudem einen neuen Politikstil, der mehr sein muss als Taktieren um den Machterhalt.

Nur dann nämlich wird die Union eine Chance haben, bei der Kommunalwahl 2025 wieder erfolgreich abzuschneiden. Und nur dann wäre sie überhaupt in der Lage, nach der Wahl selbstbewusst Bündnispartner auswählen zu können. Doch die Distanz zu den Grünen, sie wird schon vorher größer werden.

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