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Keine Schulschließungen bei Corona-Regeln im Herbst

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Berlin – Die Corona-Schutzregeln für den Herbst sollen nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ohne Schließung von Schulen auskommen. „Die Möglichkeiten für Schulschließungen wird es nicht mehr geben”, sagte der SPD-Politiker dem ARD-Hauptstadtstudio.

Insgesamt seien aber „viele weitergehende Maßnahmen” für unterschiedliche Szenarien vorgesehen, die die Länder und teils auch der Bund einsetzen könnten. Das Robert Koch-Institut (RKI) sieht in der Corona-Sommerwelle vorerst keine Entspannung der Lage. Bildungsverbände warnen nach zweieinhalb Schuljahren unter dem Einfluss der Pandemie vor der Gefahr dauerhafter Lernrückstände.

Lauterbach sagte mit Blick auf den Herbst, es seien über viele Monate hohe Fallzahlen zu erwarten. Zur Vorbereitung von Schutzvorkehrungen verhandele er mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) über ein „sehr gutes Paket”, das bald vorgestellt werden solle. „Wir werden das haben, was wir benötigen.”

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Dabei geht es um Anschlussregelungen der Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz, die am 23. September auslaufen. Sie sind die Rechtsgrundlage für Maßnahmen der Länder und nennen mögliche Instrumente. Zum Frühjahr waren sie auf Druck der FDP stark zurückgefahren worden. Allgemeine Maskenpflichten beim Einkauf oder für Veranstaltungen und Zutrittsregeln wie 2G und 3G fielen weg.

Fokus auf Long Covid

Lauterbach kündigte eine Aufklärungskampagne an, die Long Covid - also länger anhaltende Beschwerden nach Infektionen - stark in den Vordergrund stellen soll. Viele Jüngere dächten, dies sei nur ein Thema für Ältere, diese Risikowahrnehmung sei aber nicht korrekt. „Über einen falschen Atemzug kann man sich sein Leben kaputt machen.” Impfungen könnten das Risiko für Long Covid senken.

Bei Jüngeren zeige sich Long Covid mit Konzentrationsproblemen und Erschöpfung, was auch die Berufsausübung beeinträchtigen könne. Lauterbach appellierte an die Länder, in Schulen mehr Luftfilter einzusetzen.

Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI nun mit 607,0 an - nach 630,4 gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen am Vortag. Die Inzidenz liefert aber nur ein sehr unvollständiges Bild der Infektionszahlen, schon weil nicht alle Infizierten PCR-Tests machen, die aber nur in die Statistik eingehen. Die Gesundheitsämter meldeten jetzt 84.798 Neuinfektionen an einem Tag. Registriert wurden außerdem 153 weitere Todesfälle innerhalb eines Tages.

Das RKI rechnet weiter mit Infektionen vor allem bei älteren Menschen und mehr Intensivbehandlungen in Kliniken, wie aus dem Wochenbericht hervorgeht. In allen Altersgruppen bleibe der Infektionsdruck hoch. Das belaste auch das Gesundheitssystem. Bei der bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz sei „eher eine Seitwärtsbewegung als ein sinkender Trend zu beobachten”. Das RKI ruft dazu auf, die Empfehlungen zum Vermeiden von Ansteckungen „unbedingt” einzuhalten.

Warnung vor dauerhaften Bildungsrückständen

Mit Blick auf die Schulen warnen Bildungsexperten vor anhaltenden Lernrückständen. „Die Defizite, die sich durch Unterrichtsausfall und Fernunterricht in den Corona-Jahren bei vielen Schülern angestaut haben, sind noch immer erheblich”, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Die Politik kleistert diese Tatsache momentan damit zu, dass sie Anforderungen absenkt, Prüfungen erleichtert und das Sitzenbleiben erschwert oder gar verbietet.”

Eine regelmäßige Studie (IQB-Bildungstrend), die Anfang des Monats von der Kultusministerkonferenz vorgestellt wurde, hatte zum Beispiel gezeigt, dass Grundschulkinder zunehmend Mathe- und Deutschprobleme haben und im Zehn-Jahres-Vergleich in ihren Kompetenzen deutlich zurückgefallen sind. Die Corona-Einschränkungen an Schulen sind nach Einschätzung der Autoren „zumindest teilweise” verantwortlich dafür.

© dpa-infocom, dpa:220729-99-205749/3 (dpa)

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