Ansgar Hudde von der Uni Köln spricht im Interview und Podcast über den Ausgang der Kölner Kommunalwahl und kommende Herausforderungen.
Kölner Soziologe zur Stichwahl„Berivan Aymaz und Torsten Burmester konkurrieren nicht nur miteinander“

Für Berivan Aymaz (Grüne) und Torsten Burmester (SPD) geht es am 28. September in die Stichwahl.
Copyright: Thilo Schmülgen
Herr Hudde, Sie haben den Wahlkampf für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ mehrfach analysiert. In die Stichwahl gehen jetzt Torsten Burmester (SPD) und Berivan Aymaz (Grüne). Wovon gehen Sie am 28. September aus?
Wären die beiden gleich auf, hätte ich gesagt, der Vorteil liegt bei der SPD. Doch Berivan Aymaz war deutlich stärker, als ich vor der Wahl erwartet hatte. Spannend wird, wo die CDU-Stimmen hingehen. Wahrscheinlich eher zur SPD, und das könnte Burmester noch den entscheidenden Vorteil bringen. Unklar ist auch, was die immerhin noch neun Prozent AfD-Wähler machen. Sehen die in Burmester das kleinere Übel oder beteiligen sie sich gar nicht an der Wahl? Bei denen, die bisher die Linke oder manche der Kleinparteien gewählt haben, hat Aymaz vermutlich die besseren Karten. Wichtig wird auch das Thema Mobilisierung und Wahlbeteiligung. Aymaz und Burmester konkurrieren nicht nur miteinander, sondern auch mit dem Sofa. Für manche scheint der Unterschied zwischen den beiden vielleicht so gering, dass es ihnen relativ egal ist und sie zu Hause bleiben.
Eine deutlich längere Fassung des Gesprächs mit Ansgar Hudde können Sie als Podcast „Talk mit K“ entweder hier im Player oder auf allen gängigen Podcast-Plattformen hören.
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Wie bewerten Sie die Diskrepanz, dass die CDU in NRW stark abgeschnitten hat, aber schwach in Köln?
Wahrscheinlich ist das Thema Kandidaten da relevant. Mit dem Slogan „Kein Amt für Anfänger“ erwartet man Managementkompetenz. Die haben aber nicht alle in der Performance der Stadtverwaltung inklusive seines Fachgebiets gesehen.
War es ein Fehler, auf den Baudezernenten Markus Greitemann zu setzen?
Es ist immer die Frage, was die Alternative gewesen wäre. Ein idealer Kandidat war er sicherlich nicht, auch wenn man schaut, wie eng das Rennen gegenüber Burmester war. Mit einem stärkeren Kandidaten hätte das anders ausgehen können.
Die Grünen haben in NRW Stimmen einbüßen müssen. Nur in Unistädten nicht, Köln stellen sie jetzt mit 24 Prozent die stärkste Kraft im Rat. Sind ihre Wähler wirklich nur die Jungen und Menschen mit hohem Bildungsniveau?
Das ist sicherlich ein relevanter Faktor. Man muss auch nach den konkreten Themen schauen: In Köln stechen Wohnen und Verkehr hervor. Beim Thema Verkehr gehen viele davon aus, dass die Grünen da eine hohe Kompetenz haben, wenn man mehr Radverkehr will, ÖPNV, vielleicht auch Fußverkehr. In kleineren Kommunen ist der ÖPNV ein viel geringeres Thema, weil fast alle mit dem Auto unterwegs sind.
Die Linke hat ihr Ergebnis fast verdoppeln können. Wer wählt sie in Köln eigentlich?
Bei der Linken ist interessant, dass sie es in diesem Jahr schafft, relativ unterschiedliche Milieus anzusprechen. Das haben wir auch bei der Bundestagswahl gesehen. Sie ist sehr beliebt bei jungen Frauen, insbesondere auch jungen akademisch gebildeten Frauen. Aber auch in manchen migrantischen und in wenig privilegierten Gruppen unterschiedlicher Altersklassen, etwa in Chorweiler. Was sich dann unterscheidet, ist, mit wem die Linke dort konkurriert: in Ehrenfeld stark mit den Grünen, in Chorweiler vielleicht manchmal sogar mit der AfD. Auch mit der SPD und einfach mit der Nichtwahl. Was wir grundsätzlich sehen ist, dass die linke Hälfte des Parteienspektrums insgesamt gleich groß geblieben ist, es gab eher innerhalb Verschiebungen. Die Mehrheit im Rat steht links der Mitte.

Ansgar Hudde, Sarah Brasack (M.), Julia Hahn-Klose im Podcast-Studio der Redaktion am Morgen nach der Wahl
Copyright: KSTA
Zur Person
Ansgar Hudde, geboren 1991, ist Soziologe. Nach der Promotion 2019 in Bamberg wechselte er 2020 an die Universität zu Köln. An der Goethe-Universität Frankfurt war Hudde als Vertretungsprofessor tätig. Internationale Forschungsaufenthalte absolvierte er am „Sciences Po“-Institut in Paris und an der University of Oxford. 2026 wird er an der Harvard University forschen. Im Mai erhielt Hudde den mit 60.000 Euro dotierten Zukunftspreis der Kölner Uni. Sein Buch „Wo wir wie wählen: Politische Muster in Deutschlands Nachbarschaften“ ist im Campus Verlag erschienen. 262 Seiten, 32 Euro.