Knapper Einzug in den NRW-LandtagAfD schwankt zwischen Erleichterung und Enttäuschung

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Markus Wagner, Fraktionsvorsitzender der AfD in Nordrhein-Westfalen.

Düsseldorf – Der Jubel ist groß, obwohl die Werte verhältnismäßig dürftig sind. Bei 5,6 Prozent lag die Partie bei Hochrechnungen am späten Sonntagabend. Vor fünf Jahren waren es noch 7,4 Prozent. Markus Wagner, Vorsitzender und Spitzenkandidat der Rechtspopulisten bei der Landtagswahl in NRW, reckt im kreisrunden Fraktionssaal der Partei trotzdem die Arme in die Höhe. Die Stimmung im Saal zuvor war angespannt. Die Sorge, es womöglich nicht ins Parlament zu schaffen, war deutlich spürbar.

„Wir sind gewählt, das zweite Mal hintereinander, nach jetzigem Stand sind das 13 Mandate im Landtag“, ruft Wagner und erneut wird gejubelt. Beifall und Schulterklopfen kommen auch von Tino Chrupalla, dem Sprecher der Bundespartei, der neben Wagner steht. Einzig Fraktionsmitglied Helmut Seifen scheint etwas enttäuscht zu sein. „Ja“, sagt er kurze Zeit später. „Ich habe gehofft, dass wir die 7,4 Prozent noch einmal knacken.“ Wen wundert’s? Denn Seifen steht auf Platz 14 der Landesliste, wäre demnach nicht mehr im Landtag.

Chrupalla denkt über „Initiative West“ nach

Nachdem der Jubel verstimmt ist, ändert sich im Laufe des Abends aber der Ton und das Schulterklopfen wandelt sich zu deutlicher Kritik. AfD-Chef Chrupalla sieht plötzlich „einigen Diskussionsbedarf“ in seiner Partei. „Wir sind erstmal zufrieden, dass es aller Voraussicht nach doch reicht, dass wir einziehen werden“, betont er.

Gleichwohl sei die Partei „in Gänze nicht zufrieden“. Zweistellige Ergebnisse müssten her. „Da werden wir uns die nächsten Tage natürlich auch unterhalten müssen, inwieweit wir dann doch eine Initiative West auch hier brauchen“, sagt Chrupalla und facht den parteiinternen Streit um die Ausrichtung der AfD erneut an.

Wagner damit gescheitert, AdD bürgerlichen Anstrich zu verpassen

Die Gründe für die Verluste liegen auf der Hand. Wagner ist mit seinem Versuch gescheitert, der Fraktion einen bürgerlichen Anstrich zu verpassen. Die Abgeordneten waren in den vergangenen fünf Jahren im Richtungsstreit zwischen ultrarechts und etwas gemäßigteren Positionen überwiegend mit sich selbst beschäftigt.

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Mit politischer Sacharbeit jedenfalls hat die AfD-Fraktion im NRW-Landtag nicht überzeugt. Sie ist mit der Ablehnung der Corona-Impfpflicht, der Forderung nach mehr Abschiebungen und einem Stopp der Ausbreitung des Islams in den Landtagswahlkampf gezogen. Alte Hüte, die wohl nur bei der Stammwählerschaft verfangen. Das scheint auch der nordrhein-westfälische AfD-Landesvorsitzende Martin Vincentz so zu sehen.

„Wir haben ein Stammwählerklientel, das wir auch jetzt wieder mobilisieren konnten“, betonte er am Sonntag. Eine Entwicklung, die der Politikwissenschaftler und AfD-Experte Richard Gebhardt bereits vor einigen Wochen gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ prognostiziert hatte. Die AfD werde „für ihre Parolen und Proteste, weniger für ihr Programm gewählt. Auch in NRW haben sich Teile der Öffentlichkeit – das Wutbürgertum ebenso wie jene Schichten, die für Sozialpopulismus anfällig sind – vom offiziellen Diskurs abgewendet. Auf diesen Kern kann die AfD weiter setzen.“ 

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