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Wer mit wem?Diese NRW-Regierungen sind nach der Landtagswahl möglich

Lesezeit 6 Minuten
Wahlplakate

So warben die Parteien in NRW um die Gunst der Wähler.  

  • Endspurt vor der NRW-Landtagswahl: Der Ausgang ist völlig offen.
  • Die Grünen werden ihr Ergebnis wahrscheinlich deutlich verbessern.
  • Welche Koalitionen möglich sind unter Hendrik Wüst (CDU) oder Thomas Kutschaty (SPD).
  • Schwarz-grün oder Jamaika: Vier Möglichkeiten zur Kabinettsbildung mit Personalien - natürlich hoch spekulativ.

Düsseldorf – Nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein hat der Wahlkampfendspurt in NRW begonnen. Während es in Kiel einen klaren Wahlsieg der CDU gab, ist der Ausgang des Urnengangs am 15. Mai in Nordrhein-Westfalen völlig offen. Nur in einem Punkt sind sich die Demoskopen relativ sicher: Der grüne Balken wird wohl bei der ersten Prognose nach 18 Uhr nach oben klettern. Ein Effekt, der die Grünen zum gefühlten Gewinner der Landtagswahl machen könnte. Sollten CDU und SPD nicht zu weit auseinander liegen, könnten die Grünen zum Königsmacher des künftigen Ministerpräsidenten werden.

Wenn der grüne Balken steil nach oben geht, liegt das allerdings vor allem daran, dass die Partei bei der Landtagwahl 2017 mit 6,4 Prozent ein katastrophal schlechtes Ergebnis eingefahren hatte. Mittlerweile haben die Grünen aber aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und versucht, das Image einer Bevormundungspartei abzustreifen. Sie profitieren davon, dass ihr Kernthema Energiewende durch den Klimawandel und den Krieg in der Ukraine immer wichtiger geworden ist. Auch die vielfach positive Wahrnehmung der grünen Bundesminister sorgt für Rückenwind im NRW-Wahlkampf.

Kutschaty wird ein Bündnis gegen die CDU schmieden

Während die Grünen ihr Ergebnis wahrscheinlich deutlich verbessern, droht der SPD das historisch schlechteste Ergebnis bei einer NRW-Wahl, wenn sie es nicht schaffen sollte, die 31,2 Prozent von der Landtagswahl 2017 zu übertreffen. Ob es der CDU tatsächlich gelingt, mit dem Rückenwind aus Schleswig-Holstein den 2017er Wert von 33 Prozent zu übertreffen, ist ungewiss. Sollte der schwarze Balken auch nur leicht nach oben gehen, stünden Grüne und CDU als Wahlsieger fest, was die Bildung eines schwarz-grünen Bündnisses logisch erscheinen lassen könnte.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Auch wenn es für die SPD nicht zu Platz eins reichen sollte, dürfte Parteichef Thomas Kutschaty versuchen, ein Bündnis gegen die CDU zu schmieden. Der Spitzenkandidat könnte in die Waagschale werfen, dass es gelungen sei, Schwarz-Gelb nach fünf Jahren Regierungszeit abzuwählen. Die FDP (bekam vor fünf Jahren 12,6 Prozent) dürfte größtes Interesse daran haben, an einem Dreierbündnis beteiligt zu werden. Anderenfalls müssten die Liberalen die Oppositionsbank drücken.  

Die Kabinetts-Optionen sind noch spekulativ

Wie genau künftige Kabinette aussehen könnten, ist zum jetzigen Zeitpunkt hochspekulativ. Dennoch hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ eine Liste mit möglichen Besetzungen zusammengestellt. Dabei wurden die internen Diskussionen in den Parteien über das künftige Führungspersonal abgebildet.

Fest steht: Über die Ministerposten und den Ressortzuschnitt in der nächsten Regierung wird erst am Ende der Koalitionsverhandlungen entschieden. Ziel aller Parteien ist es dem Vernehmen nach, dass die Wahl des neuen Ministerpräsidenten im Düsseldorfer Landtag noch vor den Sommerferien stattfindet. Die starten am 27. Juni. 

Schwarz-Grün – Ein Kabinett mit Regierungschef Wüst

Ein schwarz-grünes Bündnis wäre die Lieblingskonstellation vieler Christdemokraten in Düsseldorf, weil die Fortsetzung von Schwarz-Gelb den Umfragen zu Folge rechnerisch wohl nicht mehr möglich ist.

Ein Zweierbündnis ist immer leichter zu Händeln als ein Pakt von drei Parteien. Für Schwarz-Grün spricht, dass die Chemie zwischen Hendrik Wüst und Mona Neubaur stimmt.

Allerdings sind große Teile der grünen Basis – und die Grüne Jugend – vehement gegen eine Regierung mit der CDU. Bei einem Parteitag der Grünen, bei dem über einen schwarz-grünen Koalitionsvertrag abgestimmt würde, wäre die Mehrheit kein Selbstläufer. Die CDU müsste den Grünen also viele attraktive Angebote unterbreiten, falls diese auch andere Optionen haben.

Unklar ist, ob Oliver Krischer (derzeit parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium bei Robert Habeck) sich aus Berlin loseisen ließe. Er gilt bei den NRW-Grünen als Top-Besetzung für einen Ministerposten. Auch die Kölner Landtagsabgeordnete Berivan Aymaz wird wohl eine wichtigere Rolle spielen. Entweder in der Regierung, oder als Landtagsvizepräsidentin.

So könnte ein schwarz-grünes Kabinett aussehen

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Wirtschaft und Klimaschutz Mona Neubaur (Grüne) Finanzen Lutz Lienenkämper (CDU) Inneres Herbert Reul (CDU) Arbeit und Gesundheit Karl-Josef Laumann (CDU) Familie und Jugend Josefine Paul (Grüne) Bauen und Wohnen Ina Scharrenbach (CDU) Schule Petra Vogt (CDU) Justiz Jörg Geerlings (CDU) Verkehr Arndt Klocke (Grüne) Umwelt Oliver Krischer (Grüne) Europa und Bundesrat Mark Speich (CDU) Wissenschaft Wibke Brems (Grüne)

Die Jamaika-Koalition: CDU-Grüne-FDP

Ein Dreierbündnis aus CDU, FDP und Grünen wäre für NRW eine realistische Option, auch wenn zugleich eine Ampel möglich wäre.

Grüne und FDP werden am Ende danach entscheiden, in welcher Koalition sie am meisten Zugeständnisse bekommen. Die Neigung der Union, hier großzügige Offerten zu machen, um weiterhin den Ministerpräsidenten stellen zu können, dürfte groß sein.

Fest steht, dass in einem Jamaika-Bündnis ein neuer Job für FDP-Chef Joachim Stamp gesucht werden muss, weil das Familienressort mit sehr großer Wahrscheinlichkeit an die Grünen fällt.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) dürfte von Stamp nur schwer zu verdrängen sein.

Für den Liberalen käme daher das wichtige Finanzressort in Frage. Vieles spricht dafür, dass das Schulressort in dieser Konstellation von der CDU besetzt wird, da die Grünen die bisherige Ministerin Yvonne Gebauer (FDP) wohl nicht mittragen würden.

Die Liberalen könnten als Ausgleich für den Verlust dann das Justizressort übernehmen.

CDU-Grüne-FDP: So könnte ein Jamaika-Kabinett aussehen

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Wirtschaft und Klimaschutz Mona Neubaur (Grüne) Finanzen Joachim Stamp (FDP) Inneres Herbert Reul (CDU) Arbeit und Gesundheit Karl-Josef Laumann (CDU) Familie und Jugend Josefine Paul (Grüne) Bauen und Wohnen Ina Scharrenbach (CDU) Schule Petra Vogt (CDU) Justiz Angela Freimuth (FDP) Verkehr Arndt Klocke (Grüne) Umwelt Oliver Krischer (Grüne) Europa und Bundesrat Mark Speich (CDU) Wissenschaft Andreas Pinkwart (FDP)

SPD-Grüne: Eine Regierung unter Ministerpräsident Thomas Kutschaty

Ein rot-grünes Bündnis wäre die Wunschkonstellation vieler Anhänger der beiden Parteien, die bereits von 2010 bis 2017 zusammen in NRW regiert haben. In der SPD gibt Überlegungen, den früheren Chef des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, zum Innenminister zu berufen.

Auch die Verpflichtung von Martin Schulz als Europaminister wird in SPD-Kreisen für möglich gehalten. Der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat aus Würselen leitet derzeit die Friedrich-Ebert-Stiftung.

Unklar ist, wer bei Rot-Grün das Finanzressort übernimmt. Ein Comeback des früheren NRW-Finanzministers Norbert Walter-Borjans gilt als unwahrscheinlich. Hier könnte der Kölner Martin Börschel eine Option sein. Der Jurist hatte allerdings bereits seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. 

Der Kölner Jochen Ott rechnet sich große Chancen aus, Schulminister zu werden. Der Plan könnte allerdings durchkreuzt werden, wenn es insgesamt zu wenig Frauen im Kabinett geben sollte. Dann könnte das Schulministerium an die Chefin der Schulgewerkschaft GEW, Maike Finnern, fallen.

So könnte ein rot-grünes Kutschaty-Kabinett aussehen

Ministerpräsident Thomas Kutschaty (SPD) Wirtschaft und Klimaschutz Mona Neubaur (Grüne) Finanzen Martin Börschel (SPD) Inneres Burkhard Freier (SPD) Arbeit und Gesundheit Anja Weber (SPD) Familie und Jugend Josefine Paul (Grüne) Bauen und Wohnen Sarah Philipp (SPD) Schule Jochen Ott (SPD) Justiz Sven Wolf (SPD) Verkehr Arndt Klocke (Grüne) Umwelt Oliver Krischer (Grüne) Europa und Bundesrat Martin Schulz (SPD) Wissenschaft Nadja Lüders (SPD)

SPD-Grüne-FDP – Kutschatys mögliche Ampel

In Berlin hoffen viele Regierungspolitiker darauf, dass die Ampel-Regierung im Bund zur Blaupause für die künftige Landesregierung von NRW wird. Diese Option hätte den Charme, dass der Bundesregierung die sechs Stimmen, über die NRW im Bundesrat verfügt, für künftige Gesetzesvorhaben wohl sicher wären. Allerdings verweisen Grüne und FDP in NRW auf ihre Eigenständigkeit und betonen, sie ließen sich durch Ratschläge aus der Bundeshauptstadt nicht unter Druck setzen.

Bei der SPD gilt die Berufung von Anja Weber, Chefin des DGB in NRW, zur Arbeitsministerin als gesetzt. Da die Grünen – wie im Bund – nach dem Wirtschaftsressort greifen werden, könnte Amtsinhaber Andreas Pinkwart (FDP) dort nicht weitermachen.

Allerdings wäre der Professor auch ein guter Wissenschaftsminister – ein Ressort, das Pinkwart bereits von 2005 bis 2010 verantwortete. Eine andere Option: Der Bereich Wirtschaft, Energie und Klimaschutz wird so umgebaut, dass auch für die FDP ein Bereich abfällt.

So könnte eine Ampel-Koalition in NRW aussehen

Ministerpräsident Thomas Kutschaty (SPD) Wirtschaft und Klimaschutz Mona Neubaur (Grüne) Finanzen Joachim Stamp (FDP) Inneres Burkhard Freier (SPD) Arbeit und Gesundheit Anja Weber (SPD) Familie und Jugend Josefine Paul (Grüne) Bauen und Wohnen Sarah Philipp (SPD) Schule Jochen Ott (SPD) Justiz Angela Freimuth (FDP) Verkehr Arndt Klocke (Grüne) Umwelt Oliver Krischer (Grüne) Europa und Bundesrat Nadja Lüders (SPD) Wissenschaft Andreas Pinkwart (FDP)

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