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Kommentar

NRW-Regierung
Wüst glänzt trotz großer Probleme – Was ist seine Erfolgsformel?

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3 min
Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, steht vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag.

Die Werte, die beim „NRW-Check“ ermittelt wurden, schmeicheln Regierungschef Hendrik Wüst (CDU).

Kita, Bildung, Infrastruktur, Wirtschaft - in NRW ist überall noch jede Menge Luft nach oben. Warum so wenig Kritik auf den Regierungschef fällt.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst kann gut gelaunt in die Sommerpause starten. Die Werte, die beim „NRW-Check“ ermittelt wurden, schmeicheln dem CDU-Politiker, der die schwarz-grüne Landesregierung von NRW anführt. Insgesamt sind 54 Prozent der Befragten mit seiner Arbeit zufrieden. Selbst bei den SPD-Wählern kommt der hochgewachsene Münsterländer gut an. Mehr als die Hälfte der sozialdemokratischen Wählerinnen und Wähler findet, dass Wüst eine gute Figur in seinem Job macht.

Von den hohen Zustimmungswerten für den Ministerpräsidenten profitiert auch die NRW-CDU. Stünden jetzt Bundestagswahlen und Landtagswahlen zeitgleich an, würden die Christdemokraten 38 Prozent der Stimmen erhalten, die Bundes-CDU dagegen nur 30 Prozent. Wüst ist vielen Menschen offenbar deutlich sympathischer als Bundeskanzler Friedrich Merz. Sein Regierungsstil kommt bei den Menschen gut an. Worin besteht sein Erfolgsrezept?

Wüst ist erst seit 2022 im Amt, er gilt immer noch als frisches Gesicht. Als er sich 2021 als Nachfolger von Armin Laschet in der NRW-CDU durchgesetzt hatte und bei der Landtagswahl im Mai 2022 mit 35,7 Prozent ein unerwartet gutes Ergebnis erzielte, war er für viele Menschen ein neuer Akteur auf der Polit-Bühne des Landes. Und dort gleich auch begehrt: Der Erfolg spülte Wüst in die Riege der möglichen Kanzlerkandidaten der Union - er wurde zum Hoffnungsträger seiner Partei. In der nordrhein-westfälischen CDU sind sich viele sicher. „Mit Hendrik wäre es bei der Bundestagswahl besser gelaufen.“

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Anders als Merz setzt Wüst auf Konsens statt auf Profilierung. Die Zusammenarbeit mit den Grünen ist von einem ungewöhnlich tiefen Vertrauensverhältnis geprägt, das „geräuschlose Regierung“ gilt als Markenzeichen der NRW-Landesführung und wurde lange als Gegenmodell zum Dauerstreit in der Ampel herangezogen. Wüst lasse auch den Koalitionspartner glänzen, gönne jedem Minister seine Erfolge, heißt es. Bei Kabinettsitzungen herrsche ein guter Ton. Anders als seinem bayerischen Amtskollegen Markus Söder gehe es Wüst nie darum, als Sieger dazustehen.

Gerhard  Voogt

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Gleichzeitig gelingt es Wüst, Kritik an der Regierungsarbeit von sich fernzuhalten oder er lässt sie abperlen. Fehler gehen meist mit anderen nach Hause: NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) muss einem Untersuchungsausschuss erklären, warum er eine Duz-Freundin zur Chefin des Oberlandesgerichts machen wollte. Josefine Paul wirkt nach dem Anschlag in Solingen als Flüchtlingsministerin überfordert. Die Wirtschaft kommt nicht in Schwung, die Staus werden immer länger, die Lage an Kitas und Schulen bringt viele Familien in NRW regelmäßig zur Verzweiflung. Aber all das schadet dem Image des Regierungschefs nicht.

Wüsts hilft, dass ein PR-Konzept aufgeht. Wenn die Staatskanzlei den Ministerpräsidenten in den sozialen Netzwerken inszeniert, lässt sie es gerne menscheln. Man sieht Wüst nicht nur im Anzug am Rednerpult, sondern auch im Freizeitlook. Man erfährt, dass Wüst ein Fan von Rinderroulade und Bratwurst ist, aber auch von Queen-Hits. Diese Nahbarkeit kommt bei vielen Bürgern gut an.

Zustimmungswerte sind in der Politik eine harte Währung, aber viele Beispiele zeigen, dass der Kursverfall oft überraschend kommt. 2009 saß der damalige NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers vermeintlich fest im Sattel, aber 2010 wurde er von der für chancenlos gehaltenen Herausforderin Hannelore Kraft abgelöst, weil die Griechenland-Krise und ein massiver Glaubwürdigkeitsverlust der CDU die Wahl verhagelte. Wüst sollte also gewarnt sein. Laut NRW-Chef ist die Migrationspolitik das zentrale Thema im Land. Erneute Pannen könnten hier zur Achillesferse werden. Trotz der aktuell guten Werte für Wüst ist seine Wiederwahl 2027 kein Selbstläufer.