NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat die Entscheidung der Bundesregierung kritisiert, bei der Stromsteuer nicht alle Bürger sofort zu entlasten. Jochen Ott, Chef der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, hält das für ein Ablenkungsmanöver, das vom nicht eingelösten Versprechen im Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün ablenken soll.
Streit um Stromsteuer„Wüst will von Wortbruch bei Kitas und Schulessen in NRW ablenken“

Jochen Ott, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion aus Köln.
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Herr Ott, die SPD hat sich im Bundestagswahlkampf für eine Entlastung der Bürger bei der Stromsteuer eingesetzt, die jetzt erstmal von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) vertagt wurde. Wie groß ist der Imageschaden für die NRW-SPD?
Jochen Ott: Moment. Diejenigen, die das vertagt haben, sind CDU und CSU. Weil ihnen die Mütterrente wichtiger ist. So viel zu den Prioritäten bei der Union. Angesichts der massiv angestiegenen Lebenshaltungskosten wäre eine Entlastung bei der Stromsteuer aber ein wichtiges Signal gewesen. Deshalb wird sie auch noch kommen, so wie sie im Koalitionsvertrag von CDU und SPD vereinbart worden ist.
Der Kommunalwahlkampf beginnt. Wie groß ist die Hypothek des Wortbruchs bei der Stromsteuer für die SPD?
Wenn es um Wortbruch bei versprochenen Entlastungen geht, dann müssen sie diesen Vorwurf vor allem an die schwarz-grüne Koalition von Ministerpräsident Hendrik Wüst richten. Er hat den Familien ein kostenfreies drittes Kitajahr und den Einstieg in ein kostenloses Mittagessen für Kinder versprochen. Das würde die Familien pro Kind um bis zu 1000 Euro im Jahr entlasten. Bei der Stromsteuer reden wir über rund 100 Euro im Jahr an Einsparungen für eine vierköpfige Familie. Mir bleibt die Spucke weg, wenn ich sehe, dass Wüst wie zu Ampel-Zeiten mit dem Finger nach Berlin zeigt, um von seiner eigenen Untätigkeit abzulenken.
Wüst kritisiert, die angespannte Haushaltssituation sei Klingbeil schon während der Koalitionsverhandlungen klar gewesen, trotzdem habe man die Entlastung bei der Stromsteuer angekündigt…
Wenn Wüst Klingbeil angreift, dann meint er eigentlich Friedrich Merz. Es ist der Richtungsstreit innerhalb der Union, der jetzt den Eindruck erweckt, es gäbe Streit in der Bundesregierung. Die NRW-CDU hat in der Bundespartei offensichtlich jeden Einfluss verloren. Während sich Wüst öffentlich an der verschobenen Stromsteuer-Entlastung abarbeitet, freut sich die CSU darüber, dass ihr Projekt von der Mütterrente sogar um ein Jahr vorgezogen wird. Da höre ich kein Wort von Wüst. Gleichzeitig rollt bei der Aufstellung des Haushalts für 2026 die nächste Welle des Kahlschlags auf uns zu.
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Über die Planungen gibt es bislang nur Gerüchte. Kennen Sie bereits Details?
Es ist durchaus zu befürchten, dass es erneut massive Kürzungen bei den Förderprogrammen im Sozialbereich geben könnte. Damit werden die Bemühungen des Bundes, die Lebenssituation der Bürger in den Kommunen durch das Infrastrukturpaket spürbar zu verbessern, konterkariert.
Wie ist ihr Blick auf die Arbeit von Bundeskanzler Merz?
Bei seinen internationalen Auftritten hat er eine gute Figur gemacht. Das war ein guter Start. Ich wünsche mir einen Bundeskanzler, der die Menschen zusammenhält. Mit abschätzigen Bemerkungen über die Regenbogenflagge hat er gerade in Köln vielen Menschen vor den Kopf gestoßen. Es wäre gut, wenn sich Merz dafür entschuldigen würde.