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Kampfansage an NRW-LandesregierungGrüne Jugend fordert scharfe Abgrenzung zur Wüst-CDU

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Die Landessprecher der Grünen Jugend in NRW, Aslı Baskas und Björn Maue.

Die Landessprecher der Grünen Jugend in NRW, Aslı Baskas und Björn Maue. 

Aslı Baskas und Björn Maue haben vor einem Jahr die Führung der Grünen Jugend in NRW übernommen. Vor der Landesmitgliederversammlung am Wochenende ziehen sie Bilanz. 

Im September 2024 ist der Vorstand der Grünen Jugend aus der Partei ausgetreten – mit der Begründung, von der Klimaschutzpartei sei nicht viel übriggeblieben.  Hat sich die Grüne Jugend davon erholt?

Björn Maue: Wir sind heute mehr Mitglieder als vor einem Jahr und mit fast 40 aktiven Kreisverbänden so stark wie nie zuvor. Die Folgen des damaligen Austritts sind längst überwunden. Inzwischen hat sich die Grüne Jugend nicht nur stabilisiert, sondern spürbar vergrößert. Allein in NRW zählen wir über 4.200 Mitglieder. Viele unserer neuen Mitglieder kommen aus der Klimabewegung.

Die schwarz-grüne Landesregierung hat das geräuschlose Regieren zum Markenzeichen erklärt. Nützt oder schadet das den Grünen?

Aslı Baskas: Die größte Herausforderung für Demokratien ist ihre Leistungsfähigkeit. Entsprechend ist es erstmal gut, dass Machen vor Streiten kommt. Geräuschlose Koalitionen sind immer ein Vorteil für die größeren Partner mit der Kommunikationsmacht des Ministerpräsidenten. Die Herausforderungen der nächsten Jahre ist es, also deutlich zu machen, dass die progressiven Schritte - wie die Einführung des Wahlalters 16 und der Windenergieausbau - auf Grünes Betreiben erkämpft wurden. Wir müssen das eigene Profil stärken. Das geht nicht ohne eine stärkere Abgrenzung zur CDU.

An welchen Punkten?

Aslı Baskas: Die Aufnahme der Doppelstaatlichkeit in der Kriminalitätsstatistik ist inhaltlich unhaltbar und kommt aus dem CDU-Innenministerium. Das muss öffentlichkeitswirksam wieder scheitern und keiner darf daran zweifeln, wo Grüne in der Frage stehen. Auch die Debatte um den NRW-Plan, also die Verwendung des Sondervermögens des Bundes, zeigt eine Dissonanz zwischen politischen Realitäten und kommunikativem Output. Die Union hat Investitionen in die Infrastruktur lange mit Pauken und Trompeten blockiert. Jetzt tut sie so, als hätten sie die Gelder in einem persönlichen Kraftakt organisiert. Das ist Quatsch - und kann nicht laut genug gesagt werden.

Lassen sich die Grünen in der Landesregierung zu sehr von der CDU einwickeln?

Björn Maue: Die CDU hat auch nicht immer Spaß mit den Grünen, aber klar ist: In einer Koalition darf Kompromiss nicht zur Selbstaufgabe werden. Das Sicherheitspaket Ende 2024 hat Zweifel hinterlassen, wo Grüne in menschenrechtspolitischen Fragen stehen - und das war inhaltlich wie strategisch nicht hinnehmbar. Unser Antrag gegen das Abschiebegefängnis auf dem Landesparteitag war ein klares Bekenntnis dazu, dass das Grüne Politik niemals auf Kosten von Menschenrechten gemacht werden darf. Gerade in einer Koalition mit der CDU braucht es Haltung und den Mut, Grenzen zu ziehen.

Was halten Sie davon, dass in der Kriminalstatistik die Nationalität der Täter miterfasst wird?

Aslı Baskas: Die Erfassung von Doppelstaatlichkeit in der Kriminalstatistik ist inhaltlich und politisch gefährlich. Sie ist ein prestigegeleitetes Projekt aus dem CDU-geführten Innenministerium, das gesellschaftliche Spaltung eher befeuert als bekämpft. Eine solche Statistik schürt Ressentiments und verschiebt den Fokus weg von den tatsächlichen Ursachen von Kriminalität. Diese entsteht nicht aus Herkunft, sondern aus sozialen Ungleichheiten, mangelnden Bildungschancen, prekären Lebenslagen oder fehlender gesellschaftlicher Teilhabe.

In NRW sollen Castor-Transporte stattfinden, die von der Grünen Wirtschaftsministerin Mona Neubaur genehmigt wurden. Wie erklären Sie den Vorgang ihren Unterstützern?

Björn Maue: Mona Neubaur und die Grüne Jugend, das ist offenkundig keine politische Liebesbeziehung. Und das muss es auch gar nicht, um vernünftig zusammenzuarbeiten. Ja, wir sind gegen die Castor-Transporte und es ist ärgerlich, dass sie von einer Grünen verantwortet werden. Es ist mehr als unglücklich, dass der Bund hier gegen die Einwände aus NRW gehandelt hat.

In NRW wurde das Kohledorf Lützerath weggebaggert - fehlt der Klimaschutzbewegung in NRW jetzt ein symbolischer Ort, an dem sich der Protest formiert?

Aslı Baskas: Nach Lützerath hat die Klimabewegung spürbar an Kraft verloren. Der Verlust dieses Ortes – und all dessen, wofür er stand, hat eine Leerstelle hinterlassen. Lützerath war aber mehr als ein Symbol. Als Grüne Jugend verstehen wir uns als Teil dieser Bewegung, nicht als Beobachterin von außen. Gerade deshalb scheuen wir uns nicht, die Landesregierung zu kritisieren, auch dort, wo Grüne in Verantwortung stehen. Denn Klimaschutz braucht Druck von der Straße - und Entschlossenheit in den Parlamenten.