Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Olympia an Rhein und RuhrTemporäres Stadion und Athletendorf für Köln oder Essen geplant

Lesezeit 5 Minuten
So könnte ein temporäres Leichtathletik-Stadion mit angrenzendem Olympischen Dorf auf dem Kreuzfeld-Gelände im Stadtbezirk Chorweiler aussehen.

So könnte ein temporäres Leichtathletik-Stadion mit angrenzendem Olympischen Dorf auf dem Kreuzfeld-Gelände im Stadtbezirk Chorweiler aussehen. 

In Kreuzfeld im Stadtbezirk Chorweiler könnte im Anschluss an die Spiele aus dem Olympia-Quartier ein neuer Stadtteil entstehen. Wann das IOC wieder mit einem europäischen Ausrichter plant, ist aktuell aber unklar.

Der Traum von Olympischen Spielen an Rhein und Ruhr nimmt Formen an, auch wenn über einige entscheidende Eckdaten weiterhin keine Klarheit herrscht. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst jedenfalls scheint heftigst infiziert vom Virus Olympia, er trug die Idee am Mittwoch im Sport- und Olympiamuseum in Köln mit viel Verve und sichtlicher Begeisterung den versammelten Medienvertretern vor. Das geschah direkt im Anschluss an eine anderthalbstündige Konzept-Präsentation durch Wüst und die Oberhäupter der beteiligten Städte vor einer Delegation des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker war dabei.   

„Wir wollen ein großes Fest des Sports feiern, mit nie dagewesenen Zuschauerzahlen, mit spektakulären Sportstätten, getragen von einer sportbegeisterten Bevölkerung“, sagte Wüst: „NRW kann Sportgroßereignisse organisieren und wir sind von Herzen gern Gastgeber.“

Es geht um die Jahre 2036, 2040 oder 2044. Wann die Spiele für welches Jahr vergeben werden und für wann das Internationale Olympische Komitee (IOC) wieder mit einem europäischen Ausrichter plant, ist aktuell völlig unklar. Zunächst muss Ende Juni die neue IOC-Präsidentin Kirsty Coventry die Geschäfte von ihrem deutschen Vorgänger Thomas Bach übernehmen. Saudi Arabien, Katar, Indien und der afrikanische Kontinent stehen bereits Schlange mit dem Wunsch, Olympia-Ausrichter zu werden. Und für die nächsten Europa-Spiele gilt Budapest als starker Kandidat. Es dürfte also schwer werden für Deutschland, egal mit welcher Stadt oder Region.  

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (2. v. r, CDU), Volker Bouffier (r.), Vorstand für besondere Aufgaben des DOSB, und Stephan Keller (CDU), Oberbürgermeister von Düsseldorf, zusammen mit Sportlerinnen und Sportlern bei der Vorstellung des Konzepts einer Olympia-Bewerbung mit der Rhein-Ruhr-Region.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (2. v. r, CDU), Volker Bouffier (r.), Vorstand für besondere Aufgaben des DOSB, und Stephan Keller (2. v.l., CDU), Oberbürgermeister von Düsseldorf, zusammen mit Sportlerinnen und Sportlern bei der Vorstellung des Konzepts einer Olympia-Bewerbung mit der Rhein-Ruhr-Region.

Rhein-Ruhr hat sich am Mittwoch nun also offiziell in den Kreis der Ausrichter-Interessenten begeben, zuvor hatten bereits München und Berlin dem DOSB ihre Konzepte präsentiert, am Samstag ist Hamburg dran. Der Dachverband des deutschen Sports muss dann entscheiden, mit welcher Stadt oder Region man in den internationalen Wettbewerb gehen will. Der Zeitplan sieht so aus: Bis zum Ende des Jahres prüft der DOSB die vier Bewerbungen anhand eines zuvor aufgestellten Kriterienkatalogs und gibt bekannt, wer alle Anforderungen erfüllt und im Rennen bleibt. Dann können die Bewerber Bürgerbeteiligungen durchführen – wenn sie wollen. Eine Vorgabe des DOSB oder des IOC ist das nicht. Wüst kündigte an, dass es in NRW Bürgerentscheide geben soll, voraussichtlich zeitgleich in allen beteiligten Städten. Im September 2026 will der DOSB dann entscheiden, mit welchem deutschen Ausrichter er sich um die Austragung Olympischer und Paralympischer Spiele bewerben will.  

Wird Köln das Herz der NRW-Spiele?

An Rhein und Ruhr würde man zu 95 Prozent auf bestehende oder temporär ertüchtigte oder errichtete Sportstätten zurückgreifen, sagte Wüst. Die spektakulärste Idee: Im Stadion auf Schalke soll ein temporäres Schwimmbad errichtet werden – 60.000 Zuschauer bei olympischen Schwimmwettbewerben wären ein Novum. Die Parasportler freut der Plan, die Finalspiele ihrer Ballsportarten in der Kölner Lanxess-Arena stattfinden zu lassen – auch 20.000 Zuschauer sind nicht unbedingt Alltag im paralympischen Sport. 

Köln hat zudem gute Chancen, das Herz der NRW-Spiele zu werden. Abgesehen davon, dass der DOSB beim Zuschlag für Rhein-Ruhr nochmal über den Namen nachdenken könnte, mit dem man sich international bewerben möchte (Rhine-Ruhr oder Cologne?), gilt die im Stadtbezirk Chorweiler liegende Fläche „Kreuzfeld“, die ohnehin ein neuer Stadtteil Kölns werden soll, als möglicher Standort für ein temporäres Leichtathletik-Stadion für 50.000 Zuschauer mit angeschlossenem Olympischen Dorf für die Athletinnen und Athleten. Allerdings hat das mit den Planungen befasste Architektur- und Stadtplanungs-Büro Planquadrat aus Darmstadt auch in Essen eine geeignete Fläche ausgemacht. Wer Stadion und Dorf bekommt, soll am Ende der DOSB entscheiden. Hendrik Wüst trug diese interessante Deutung vor: „So ein Konzept verträgt zwei Möglichkeiten, wir bieten Planungssicherheit durch Flexibilität.“ 

Nach den Olympischen Spielen würden Stadion und Dorf weitergebaut und in einen neuen Stadtteil verwandelt werden.

Nach den Olympischen Spielen würden Stadion und Dorf weitergebaut und in einen neuen Stadtteil verwandelt werden.

Planquadrat hat die Ideen in schön anzusehende Visualisierungen gefasst. Das Leichtathletikstadion sei als Baustelle gedacht, sagte Geschäftsführer Herbert Elfers, an der nach den Spielen weitergebaut werde. Die Athletenunterkünfte würden dann zu Wohnungen und das Stadion zum Zentrum eines neuen Stadtteils. Wo um Goldmedaillen gerannt, gesprungen und geworfen wurde, sollen öffentliche Grünflächen entstehen, eingerahmt vom ovalen Stadionkomplex, in den Gewerbe, Gastronomie, ein Kindergarten und soziale Einrichtungen einziehen könnten. „Köln wird mit seiner internationalen Bekanntheit als europäische Metropole sehr zum Gelingen der Bewerbung beitragen können“, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker: „Da liegt es auch nahe, dass Köln als Standort für das Olympische Dorf, das Olympiastadion und das internationale Presse- und Medienzentrum in Frage kommt.“

Isabell Werth, Dressurreiterin und Deutschlands erfolgreichste Olympionikin, in Köln bei der Vorstellung des Konzepts einer Olympia-Bewerbung mit der Rhein-Ruhr-Region.

Isabell Werth, Dressurreiterin und Deutschlands erfolgreichste Olympionikin, in Köln bei der Vorstellung des Konzepts einer Olympia-Bewerbung mit der Rhein-Ruhr-Region.

Bleibt die Frage: Was soll das alles kosten? Die Antworten vorerst:  Sehr vage. „Der Planungsstand ist viel zu früh, um heute zu sagen: Das ist das Preisschild“, sagte Wüst. Versprach aber: „Es wird keine immensen Kosten geben, die ausschließlich für Olympia sind.“ Volker Bouffier, ehemaliger Ministerpräsident Hessens für die CDU und aktuell „Vorstand mit besonderen Aufgaben“ beim DOSB, teilte noch mit, dass die Bewerbungskosten vom IOC ja ohnehin deutlich runtergeschraubt worden seien. Ob das die Steuerzahler beruhigt? Zuletzt war die Idee von Sommerspielen 2024 in Hamburg am Votum der Einwohner gescheitert, wohl auch, weil es keine klaren Pläne zur Finanzierung gab. In München verhinderte die Bevölkerung mit einem Nein den Versuch, die Winterspiele 2022 nach Deutschland zu holen.   

Für Zuversicht war am Mittwoch in Köln Dressurreiterin Isabell Werth zuständig, achtmalige Olympiasiegerin und mit 14 olympischen Medaillen Deutschlands erfolgreichste Olympionikin. Die 55-Jährige bezeichnete die Region Rhein-Ruhr als „das Herz des deutschen Sports“ und Olympische Spiele als „so viel mehr als ein Ereignis über zwei Wochen“. Mit der Aussicht auf Olympia könne „ein Ruck durch die Gesellschaft“ gehen und Kindern böte sich eine Perspektive: „Was ist es wert, das Handy wegzulegen und in die Sporthalle oder auf den Platz zu gehen? Der Sport ist das wichtigste Tool unsere Gesellschaft, Menschen zu begeistern und auf die Spur zu kriegen.“