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Yad Vashem sucht AußenstelleKöln will Standort für Holocaust-Gedenkstätte werden

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Die Halle der Namen in der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem

Die „Halle der Namen“ in der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem

In der weltbekannten Gedenkstätte Yad Vashem wird in Israel an die Judenvernichtung erinnert. Jetzt will das Museum eine Außenstelle in Deutschland errichten. Welche Chancen hat Köln, sich gegen die Mitbewerber duchzusetzen?

Köln ist als möglicher Standort für die Deutschland-Dependance der staatlichen israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem im Gespräch. Die weltweit bedeutendste Erinnerungsstätte an die Schoa plant erstmals, ein Bildungszentrum („Education Center“) außerhalb Israels einzurichten. Am 8. Dezember wird eine Delegation aus Repräsentanten der Gedenkstätte in Köln erwartet. Yad Vashem dokumentiert die Judenvernichtung durch die Nationalsozialisten in Deutschland.

Im Düsseldorfer Landtag soll jetzt ein fraktionsübergreifender Antrag verabschiedet werden, mit dem NRW ein Signal an Israel senden will. „Wir setzen ein klares Zeichen, dass es hier eine breite politische und gesellschaftliche Unterstützung für dieses Vorhaben gibt“, sagte NRW-Europaminister Nathanael Liminski (CDU) dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ein Yad Vashem Education Center (YVEC) in NRW wäre ein „Leuchtturmprojekt“ nationaler und europäischer Erinnerungskultur. „Die Chancen für NRW als Standort stehen gut – aber die Entscheidung fällt erst im Lichte des Delegationsbesuchs und weiterer Gespräche und Erkundungen“, so Liminski.

Neben Köln sind in NRW auch Standorte in Düsseldorf, Dortmund und Essen im Gespräch. Auch Bayern und Sachsen haben sich beworben. Die Delegation wird von Bayern aus nach Köln und nach der Visite in NRW dann nach Sachsen weiterreisen. 

Kampf gegen Antisemitismus in Schulen

Die Idee zu dem Yad-Vashem-Projekt geht auf den Vorsitzenden der Synagogengemeinde Köln, Abraham Lehrer, zurück. Als NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2021 die Kölner Synagoge besuchte und eine Rede zum Gedenken der Pogromnacht vom 9. November 1938 hielt, entwickelte Lehrer das Konzept, eine von Yad Vashem verantwortete Bildungseinrichtung in Deutschland aufzubauen.

Inzwischen haben sich die Pläne konkretisiert. Eine Gedenkstätte in Köln müsste auf zwei Beinen stehen, sagte Lehrer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Yad Vashem würde mit in Israel geschulten und von dort entsandten Expertinnen und Experten Lehrkräfte über den Holocaust und die Erinnerungsarbeit aufklären. Von deutscher Seite kämen als zweites Standbein Aufklärungsangebote und Schulungen hinzu, wie Lehrerinnen und Lehrer dem grassierenden Antisemitismus und judenfeindlichem Mobbing an den Schulen begegnen und betroffene Schülerinnen und Schüler schützen können.“

Das Konzept sei bei Wüst – und auch in Israel – auf fruchtbaren Boden gefallen. Der 2023 neu ins Amt gekommene Yad-Vashem-Vorsitzende Dani Dayan hinterlegte die Bereitschaft zur Durchführung des Kooperationsmodells bei seinem Antrittsbesuch in Deutschland auch bei der damaligen Ampel-Regierung in Berlin, namentlich bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Nach der Bundestagswahl sorgte der Wüst-Vertraute Liminski bei den Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe „Kultur und Medien“ dafür, dass die Unterstützung der YVEC-Pläne zum Regierungsprojekt erklärt wurde.

Bayern lockt mit viel Geld

Welche von den Bewerber-Städten das Rennen macht, ist nach Lehrers Worten derzeit offen. „Bayern lockt – wie immer – mit sehr viel Geld. Und mit der Landeshauptstadt München gibt es auch einen absolut gewichtigen Kandidaten.“ Lehrer selbst wirbt auch als Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland allerdings offensiv dafür, das geplante Institut nach Nordrhein-Westfalen zu holen. Ein Votum seitens der Landesregierung für einen der NRW-Bewerber gebe es beim gegenwärtigen Stand der Überlegungen verständlicherweise nicht. „Aber die Tatsache, dass wir in Köln die Ideengeber waren, hat doch auch einen Wert“, findet Lehrer.

Zu möglichen Standorten in Köln will Lehrer sich dezidiert nicht äußern. Dazu fehle ihm der Überblick, welche Areale oder Bestandsgebäude überhaupt in Frage kämen. Yad Vashem hat allerdings einen Anforderungskatalog hinterlegt. Danach wird erwartet, dass die Baumaßnahmen innerhalb von 30 Monaten abgeschlossen werden können. „Ich hoffe, dass wir beim bevorstehenden Besuch der Arbeitsdelegation von Yad Vashem in Köln am 8. Dezember etwas präsentieren können.“

„Noch in frühem Stadium“

Ob das gelingt, hängt nun vor allem von der Arbeit der Kölner Stadtverwaltung unter Führung des neuen Kölner Oberbürgermeisters Torsten Burmester (SPD) ab. Ein Sprecher erklärte, der OB habe den Vorschlag „sehr wohlwollend aufgegriffen“ und sei bereits mit den zuständigen Dezernenten im Gespräch. Zu einer möglichen Zeitschiene könne er noch nichts sagen: „Das Ganze ist noch in einem sehr frühen Stadium.“

NRW ist die Heimat der größten jüdischen Gemeinschaft Deutschlands. Es gehört zur Tradition der bisherigen Landesregierungen, enge Beziehungen zu Israel zu unterhalten. Im März 2020 wurde ein Landesbüro in Tel Aviv eröffnet. Die Kooperation des Landes mit Yad Vashem bei der Fortbildung für Lehrer, Staatsanwälte und Polizisten sowie bei Austauschprogrammen wurde erst kürzlich verlängert. In NRW fördert die Landesregierung bislang die Erinnerungsarbeit von 32 Gedenkstätten. Europaminister Liminski zeigt sich daher selbstbewusst: „Wir bieten ideale Voraussetzungen für das Yad Vashem Education Center.“