2800 Fälle registriertPolizisten sollen NRW-Lehrer gegen Kindesmissbrauch schulen

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Schule Symbol

Blick in eine Grundschule (Symbolbild)

Düsseldorf – In NRW gab es 2019 rund 2800 registrierte Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch. Die Taten von Lügde, Bergisch Gladbach und Münster blieben zum Teil deshalb lange unentdeckt, weil Behörden wegsahen, Hinweise nicht weitergeleitet oder ernst genommen wurden. Das Staatsversagen soll sich nicht wiederholen. NRW-Familienminister Joachim Stamp hat ein Handlungs-und Maßnahmenkonzept vorgelegt, das Kinder und Jugendliche besser vor sexualisierter Gewalt schützen soll. „Jeder von uns ist gefordert, noch genauer hinzusehen und Verdachtsfälle umgehend zu melden“, sagte der FDP-Politiker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Maßnahmenkatalog umfasst 53 Seiten.

Jugendhilfe und Justiz besser verzahnen

bislang konnten relevante Daten zwischen den Dienststellen erst ausgetauscht werden, wenn eine „erhebliche“ Kindesgefährdung im Raum stand. Diese Schwelle soll durch eine Reform des Bundessozialgesetzes abgesenkt werden: „Ziel muss es sein, dass dem Familiengericht und dem Jugendamt die jeweils fallrelevanten Informationen rechtzeitig und vollständig zur Verfügung stehen.“

Familienminister Joachim Stamp (FDP) 

Familienminister Joachim Stamp (FDP) 

Mehr Rechte für Ärzte 

Ärzten sollen sich künftig mit Kollegen über Verdachtsfälle austauschen dürfen. Bislang ist das nur möglich, wenn die Mediziner von den Sorgeberechtigten von ihrer Schweigepflicht entbunden werden. Dies sei „in Fällen einer möglichen Tatbeteiligung der Sorgeberechtigten nicht zielführend“, heißt es.

Polizisten informieren Pädagogen

Lehrer sollen künftig sicherer mit Hinweisen auf sexuellen Missbrauch umgehen können. Deshalb kommen Polizisten in die Schulen, um die Pädagogen über Erscheinungsformen des Missbrauchs, Täterstrategien, den Ablauf von Ermittlungsverfahren und Angebote der Opferhilfe informieren. Zudem soll der schulpsychologische Dienst um 50 Stellen ausgebaut werden.

Taten länger nachhalten

Vorbestrafte Sexualstraftäter können oft bereits wenige Jahre nach einer Verurteilung wieder mit Kindern arbeiten, weil die Taten aus dem polizeilichen Führungszeugnis gelöscht werden müssen. Künftig sollen diese Einträge von Tätern nicht mehr getilgt werden. Der Bundestag muss aber noch zustimmen.

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Fahndung nach Opfern verbessern

In Fällen von Kinderpornografie können Bilder der Opfer zu den Tätern führen. Bei der Schulfahndung werden Fotos, die die Kinder bekleidet zeigen, Lehrern und Sozialpädagogen durch das Landeskriminalamt zugänglich gemacht. Das Instrument soll weiter ausgebaut werden. Die Erfolgsquote liegt 50 Prozent.

Schüler stärken

Das Theaterprogramm „Mein Körper gehört mir“ wird für Kinder der 3. und 4. Grundschulklasse aufgeführt. Humorvoll und angstfrei sollen wichtige Informationen darüber vermittelt werden, was sexueller Missbrauch ist und wie sich Kinder im konkreten Fall Hilfe holen können. „Die schweren Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder in NRW haben uns gezeigt, dass weitere erhebliche Anstrengungen bei der Bekämpfung dieser abscheulichen Verbrechen notwendig sind“, sagt Minister Joachim Stamp. Für diese Maßnahmen stellt die nordrhein-westfälische Landesregierung im nächsten Jahr zusätzlich 6,3 Millionen Euro bereit.

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