Gewalt an Schulen ist ein Dauerthema. Nun haben sich zwei NRW-Ministerien zusammengeschlossen und ein Konzept erarbeitet. Es geht auch um Messer-Attacken.
Polizei auf dem SchulhofZwei Kölner Schulen nehmen an Präventionsprojekt teil – Schwerpunkt Messergewalt

Die Henry-Ford-Realschule in Köln-Chorweiler: Die Schule nimmt an einem Projekt zur Gewaltprävention in Zusammenarbeit mit der Polizei teil.
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Das NRW-Schulministerium und das Innenministerium starten ein neuartiges Projekt zur Gewaltprävention an Schulen. Angesichts steigender Zahlen von Angriffen, Bedrohungen und Beschimpfungen an Bildungseinrichtungen soll es jetzt außerdem zu einer Kooperation mit der Polizei kommen.
Besonders Lehrkräfte sind häufig Ziel von Übergriffen, die Zahlen für NRW sind höher als im bundesweiten Durchschnitt. 73 Prozent der Schulleitungen in NRW berichteten laut Verband Bildung und Erziehung (VBE) Anfang des Jahres, dass es in den vergangenen fünf Jahren zu Fällen kam, in denen Lehrkräfte direkt beschimpft, bedroht, beleidigt, gemobbt oder belästigt wurden. Bei körperlichen Übergriffen waren es 43 Prozent der Schulleitungen – der Bundesdurchschnitt liegt dagegen bei 35 Prozent.

Dorothee Feller (CDU), Bildungsministerin in Nordrhein-Westfalen, hat zusammen mit Innenminister Herbert Reul ein Projekt zur Gewaltprävention an Schulen ins Leben gerufen.
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Auch unter Schülerinnen und Schülern gibt es immer mehr Gewalt, sei es körperlich, verbal oder noch subtiler. Mobbing beginnt oft bereits in der Grundschule, später werden die Auseinandersetzungen dann häufig brutaler, bevor die Gewaltbereitschaft in Richtung des Schulabschlusses nachlässt.
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Reul: Polizei auf Schulhöfen soll Vertrauen schaffen
Das neue Konzept trägt den Namen „miteinander.stark.sicher – gemeinsam für eine gewaltfreie Schule“ und sieht unter anderem vor, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Uniform auf die Schulhöfe kommen, Präsenz zeigen und Gespräche führen. „Die Schulhofgespräche sind eine Einladung an die Schülerinnen und Schüler zu einem offenen Austausch. Die Polizei zeigt: Wir sind da, wir sind ansprechbar, wir hören zu. Die Gespräche schaffen Vertrauen und das ist genau das, was wir wollen“, sagt Innenminister Herbert Reul.
Neben den „Pausengesprächen“ mit der Polizei beruht das Modell auf zwei weiteren Säulen: Das Schulpersonal soll mit Deeskalationstrainings unterstützt werden. Lehrerinnen und Lehrer sollen lernen, Konfliktsituationen wirksam zu begegnen. Es geht dabei beispielsweise um einen Krisenfall in der Schule, eine Gefährdungsbeurteilung oder die Begutachtung von Inhalten in sozialen Medien.
Auch Kripobeamte kommen in die NRW-Schulklassen – es geht auch um Messergewalt
Zudem sollen uniformierte Polizei- und zivile Kripobeamte in die Klassen kommen und unter Leitung einer Lehrkraft helfen, präventiv ein respektvolles und gewaltfreies Miteinander einzuüben. Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche aus der siebten Jahrgangsstufe, da Gewalttaten laut Statistik eher ab einem späteren Alter verübt werden. Ein Schwerpunktthema dieser Unterrichtseinheiten sind auch zunehmende Gewaltattacken mit Messern.
Schulministerin Dorothee Feller stellt die Zusammenarbeit ihres Hauses mit dem Innenministerium als etwas „gänzlich Neues“ heraus. Die Anwesenheit der Polizei solle „vertrauensbildend“ wirken und dem Klima an den Schulen „zuträglich“ sein. Reul sieht das Projekt als eine Maßnahme, auf die „nötige Wende in der Kinder- und Jugendkriminalität“ zuzusteuern.
Zwei Kölner Schulen nehmen am Pilotprojekt teil
Zehn Kreispolizeibehörden in Bielefeld, Bochum, Düsseldorf, Duisburg, Köln, Mönchengladbach, Olpe, Rhein-Erft-Kreis, Steinfurt und Unna werden die verstärkte Polizeipräsenz Ende des Jahres an 20 Schulen in ihrem Zuständigkeitsbereich starten und damit eine einjährige Pilotphase einläuten, so die Ministerien.
In Köln nehmen zwei Schulen am Projekt teil: das Genoveva-Gymnasium in Mülheim und die Henry-Ford-Realschule im Bezirk Chorweiler. Auch im Rhein-Erft-Kreis sind mit der Gemeinschaftshauptschule am Mühlengraben in Kerpen und der Wilhelm-Busch-Hauptschule in Wesseling zwei Schulen dabei.
Ausgewählt wurden die 20 Schulen anhand von zwei Gesichtspunkten: Zum einen fand der Sozialindex Beachtung, zum anderen wurden Einrichtungen bevorzugt, die bereits Erfahrungen mit Anti-Mobbing-Programmen haben. Beim Sozialindex werden die Kriterien Armut, Anteil an Schülerinnen und Schüler mit nicht deutscher Familiensprache oder Zuzug aus dem Ausland sowie Anteil der Schüler mit Entwicklungsstörungen zugrunde legt.
Anfang 2024 waren in Köln 75 der 201 Kölner staatlichen Schulen in der höchsten Belastungsstufe 6 bis 9 eingeordnet worden. Das Genoveva-Gymnasium und die Henry-Ford-Gesamtschule gehörten allerdings nicht dazu.
Messer-Attacke auf Essener Lehrerin
Anfang September war an einem Essener Berufskolleg eine Lehrerin mit einem Messer attackiert und schwer verletzt worden. Der mutmaßliche Täter – ein 17 Jahre alter Schüler – wurde später gefasst. Die Bundesanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. Demnach soll der junge Tatverdächtige einer islamistisch-dschihadistischen Ideologie anhängen. (mit dpa)