Vor GerichtSteve Bannon: Trumps Helfer ohne Achtung für das Gesetz

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Steve Bannon (M) verlässt neben seinen Anwälten David Schoen (l) und M. Evan Corcoran das Bundesgericht und spricht mit Reportern.

  • Während der Untersuchungsausschuss zum Kapitolsturm zur vorerst letzten Sitzung zusammenkommt, muss sich der ultrarechte Propagandist Steve Bannon vor Gericht verantworten.
  • Der einstige Chef-Ideologe von Donald Trump ist tief in den Umsturzversuch verwickelt, widersetzt sich jedoch einer Befragung.
  • Die Anklage wirft ihm „Missachtung des Kongresses“ vor.

Washington – Der Mann hatte sich ausnahmsweise gekämmt und rasiert. Aber draußen vor dem Gericht gab Steve Bannon demonstrativ den rechtsextremen Schläger. „Wie im Mittelalter“ werde er über seine Gegner herfallen, hatte der Ex-Chefideologe von Präsident Donald Trump vorher bereits angekündigt. „Sie bezichtigen mich eines Verbrechens?“, wütete er nun theatralisch vor laufenden Kameras über den Untersuchungsausschuss zum Kapitolsturm: „Dann sollen sie den Mumm und die Courage haben, hier zu erscheinen.“

Das klang nicht zufällig wie eine Aufforderung zum Duell an den Ausschussvorsitzenden Bennie Thompson. Mann gegen Mann, Gewalt gegen Recht, Anarchie statt Demokratie – das ist die Welt des nationalpopulistischen Propagandisten Bannon. In seinem Podcast mit dem vielsagenden Titel „War Room“ wettert er gegen Gott und die Welt und verbreitet wildeste Verschwörungslegenden.

Entsprechend weigerte er sich im vergangenen Oktober, mit dem Untersuchungsausschuss des Kongresses zu kooperieren, den er bis heute als „Schauprozess“ verunglimpft.

Anklage: „Missachtung des Kongresses“

Deshalb steht Bannon nun seit Dienstag in Washington vor Gericht – nur wenige Blocks entfernt von dem Kongressgebäude, wo an diesem Donnerstagabend der Ausschuss zur besten Fernseh-Sendezeit seine vorerst letzte Anhörung abhalten wird. Dort wird der 68-Jährige wohl nicht erscheinen, obwohl er als eine der Schlüsselfiguren des Umsturzversuches sicher viel zu berichten hätte. Bei einer Verurteilung droht ihm eine saftige Geldstrafe. Theoretisch könnte er sogar bis zu zwei Jahre im Gefängnis landen.

„Der Angeklagte hat entschieden, dass er über dem Gesetz steht und den Anordnungen der Regierung nicht folgen muss wie seine Mitbürger“, formulierte Staatsanwältin Amanda Vaughn den zentralen Anklagepunkt: Bannon habe sich einer Vorladung des Ausschusses widersetzt und damit der „Missachtung des Kongresses“ schuldig gemacht.

Tatsächlich hatte der ultrarechte Propagandist die geforderte Vorlage von Unterlagen und eine Aussage über Monate mit immer neuen Erklärungen hinausgezögert und rechtlich angefochten: Erst folgte er angeblich dem Rat seiner Anwälte, dann hatte ihm Trump ein amtliches Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden, und schließlich wollte er der Vorladung nicht widersprochen, sondern mit dem Ausschuss nur über den Termin verhandelt und diskutiert haben.

Mögliche Beihilfe zu einem Mordversuch

Doch die Vorladung sei „keine Einladung, sondern verpflichtend“ gewesen, insistierte Vaughn. Bannons Verteidiger sehen das anders. Zudem dürften sie versuchen, das Verfahren als politisch motiviert zu brandmarken und die Unabhängigkeit der Jury infrage zu stellen. Tatsächlich war es nicht einfach gewesen, zwölf Geschworene (und zwei Nachrücker) zu finden, die sich durch die massive Berichterstattung über die Kapitolsturm-Anhörung nicht für befangen hielten. Die neun Männer und fünf Frauen dürfen in den nächsten Wochen die Nachrichten sowie Posts in den Onlinemedien zu diesem Thema nicht verfolgen.

Das gilt vor allem für diesen Donnerstagabend, an dem der Ausschuss in einer mit Spannung erwarteten Sitzung die 187 Minuten rekonstruieren will, die Trump am 6. Januar 2021 tatenlos im Weißen Haus verstreichen ließ, während seine gewalttätigen Anhänger das Parlament stürmten und Jagd auf seinen Stellvertreter Mike Pence machten. Dass Trump den Mob aufgewiegelt und alles versucht hatte, das Wahlergebnis zu seinen Gunsten zu manipulieren, hatten schon frühere Zeugen ausgesagt. Nun steht der ungeheuerliche Eindruck der möglichen Beihilfe zu einem Mordversuch im Raum.

Das könnte Sie auch interessieren:

Allerdings muss der Ausschuss wohl auf wichtige Belege für die Verwicklung von Trump in den gescheiterten Putsch verzichten. Der Secret Service hat nämlich mitgeteilt, dass sämtliche Textnachrichten seiner Agenten, die am 6. Januar sowohl Trump wie auch Pence zu schützen hatten, unwiederbringlich verloren seien. Sie wurden unter mysteriösen Umständen beim Austausch der Dienst-Handys Mitte Januar 2021 gelöscht.

Auch Steve Bannon könnte Erhellendes zu dem Putschversuch beitragen, wenn er nur reden würde. Immerhin hatte er am 5. Januar im Willard Hotel mit anderen Trump-Verschwörern zusammengesessen, die Wege zur Annullierung des Wahlergebnisses diskutierten. Zweimal soll er morgens und abends mit Trump telefoniert haben. In seinem Podcast wiegelte er seine Anhänger auf: „Das ist Euer Moment in der Geschichte. Morgen wird die Hölle losbrechen.“ Zudem belegt ein nun aufgetauchter Audiomitschnitt, dass der Agitator vor Vertrauten schon wenige Tage vor der Wahl gesagt hatte: „Trump wird sich einfach zum Sieger erklären. Das heißt nicht, dass er wirklich der Gewinner ist. Er muss nur sagen, dass er der Gewinner ist.“ Genau so kam es.

KStA abonnieren