Nach mehr als einem Jahr Verhandlungen will die EU nun Beschränkungen gegen Russlands milliardenschwere Diamantenindustrie verhängen.
Neues SanktionspaketEU will Russlands Diamantenindustrie den Geldhahn zudrehen

Experten sind skeptisch, ob das Geschäft mit den Edelsteinen wirklich unterbunden werden kann. (Symbolbild)
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EU-Chefdiplomat Joseph Borrell will an diesem Mittwoch der EU-Kommission ein neues Sanktionspaket zur Abstimmung vorlegen. Das bestätigte er am Montag am Rande des EU-Außenministertreffens in Brüssel.
Sanktionen für die russische Diamantenindustrie
Das Sanktionspaket sieht vor, beim Ölpreisdeckel nachzuschärfen, Schlupflöcher zur Umgehung von Sanktionen zu schließen und erstmals die russische Diamantenindustrie zu sanktionieren. Nach Abstimmung mit der EU-Kommission muss noch der Rat der EU zustimmen. Es wird erwartet, dass sich auch die G7-Staaten den Diamantensanktionen anschließen werden.
Der Ankündigung zufolge konnten sich die Unterhändler nach mehr als einem Jahr Verhandlungen gegen Belgien durchsetzen, das Sanktionen gegen den Diamantenhandel vehement abgelehnt hatte.
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Antwerpen gilt als das größte europäische Handelszentrum für Diamanten und ist einer der wichtigsten Umschlagplätze für russische Rohdiamanten in Europa. „Es gibt Menschen, für die die in Antwerpen verkauften Diamanten wichtiger sind als der Kampf, den wir führen“, übte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj letztes Jahr scharfe Kritik.
Diamanten sind für Russland ein Milliardengeschäft
Russland ist mit etwa 30 Prozent des weltweiten Marktanteils der größte Produzent von Rohdiamanten. 4 Milliarden US-Dollar flossen im vergangenen Jahr in russische Kassen. „Der Verkauf von Rohdiamanten ist für Russland eine gute Einnahmequelle, aber nicht die größte“, sagt Olena Yurchenko vom Economic Security Council der Ukraine dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Sie rechnet damit, dass es innerhalb eines Monats zu Engpässen auf dem Diamantenmarkt kommt. „Die Diamantenpreise werden um 10 bis 20 Prozent steigen“, sagt die Expertin.
Allein auf die G7-Staaten USA, Kanada, Japan, Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich entfallen 70 Prozent der weltweiten Diamanteneinkäufe. Nach RND-Informationen waren unter anderem Belgien und Frankreich, deren Schmuckindustrie ein wichtiger Käufer russischer Diamanten ist, an der Ausarbeitung beteiligt.
Große Herausforderungen bei der Umsetzung der Sanktionen
Zu den Herausforderungen zählt vor allem die Frage, wie sich die Herkunft der Diamanten zurückverfolgen lässt. Denn woher der Rohdiamant stammt, lässt sich bei verarbeiteten Diamanten kaum mehr nachweisen. Die Rohdiamanten werden meist in Indien geschliffen und gelten dann als indische Diamanten. „Auf Indien entfallen 95 Prozent der Diamantenverarbeitung“, sagt Yurchenko. Ohne eine Kooperation Indiens lassen sich Sanktionen kaum durchsetzen.
Einer der Gründe ist, dass Herkunftszertifikate, anders als beispielsweise bei Gold, in der Branche bisher unüblich sind. Außerdem wird diskutiert, die Sanktionen nur für Diamanten ab einer bestimmten Größe zu verhängen. Russland ist aber dafür bekannt, kleine Diamanten in sehr großen Mengen zu produzieren. Für viele Verkäufe könnten die Sanktionen demnach nicht gelten.
Die Vereinigten Staaten haben bereits Sanktionen gegen den staatlichen russischen Diamantenproduzenten Alrosa verhängt. Sie betreffen aber nur Rohdiamanten und solche Edelsteine, die in Russland verbreitet werden. Ohne ein Importverbot, insbesondere auf den Umschlagplätzen Antwerpen und Dubai, kann der Konzern aber weiter Umsätze in Milliardenhöhe erzielen.
Beobachter stellen bereits fest, dass China zu einem wichtigen neuen Anlaufhafen für russische Diamanten geworden ist. Schleifzentren für Edelsteine in russlandtreuen Staaten wie Armenien und Belarus verzeichnen ebenfalls steigende Umsätze.