Russland intensiviert erneut seine Luftoffensive gegen die Ukraine – dieses Mal trifft es vor allem Regionen weitab der Front.
Ständige AttackenRussische Luftangriffe erschüttern Westen der Ukraine – Tote und Verletzte

Feuerwehrleute arbeiten am Ort eines russischen Luftangriffs in Lwiw.
Copyright: Mykola Tys/AP/dpa
In der Nacht zu Samstag (12. Juli) ist es erneut zu massiven russischen Luftangriffen auf die Ukraine gekommen. Besonders betroffen war der Westen des Landes, wo weit entfernt von der Frontlinie zivile Ziele getroffen wurden. In der Region Tscherniwzi kamen nach Angaben der örtlichen Behörden mindestens zwei Menschen ums Leben, vier weitere wurden schwer verletzt. Zehn Personen erlitten leichtere Verletzungen. Die Angriffe erfolgten laut Militärgouverneur Ruslan Saparanjuk mit Raketen und Drohnen.
Auch in Lwiw, einer weiteren westukrainischen Großstadt, wurden Wohnhäuser und ein Kindergarten beschädigt. Im Bahnhofsviertel der Stadt brach ein Großbrand aus, der nach bisherigen Erkenntnissen jedoch keine weiteren Verletzten forderte. Bürgermeister Andrij Sadowyj äußerte sich bestürzt über die Zerstörungen in seiner Stadt.
Gleitbomben auf Charkiw – vier Menschen insgesamt getötet
Auch in der benachbarten Region Wolhynien kam es zu Zerstörungen. In Luzk wurde ein Wohnhaus durch eine Explosion vollständig zerstört. Fensterscheiben in umliegenden Gebäuden gingen zu Bruch, wie Bürgermeister Ihor Polyschtschuk berichtete.
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Menschen betrachten ein beschädigtes Wohnhaus nach einem russischen Luftangriff in Lwiw.
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Im Osten und Zentrum der Ukraine setzten sich die Angriffe fort. In Charkiw trafen russische Gleitbomben die Stadt, es gab zwei Verletzte. Die Region Kirowohrad südlich von Kiew meldete Schäden an mehreren Wohngebäuden.
Nach offiziellen Angaben aus Kiew wurden in der Nacht insgesamt mindestens vier Menschen durch die russischen Drohnen- und Raketenangriffe getötet. Neben den Todesopfern in Tscherniwzi starben zwei weitere Personen in der Region Dnipropetrowsk. Die ukrainischen Behörden meldeten insgesamt 29 Verletzte, darunter auch ein 11-jähriger Junge in Lwiw.
Selenskyj spricht von massivem Angriff mit 623 Drohnen und Raketen
Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach auf der Plattform X von einem massiven Angriff mit 623 Drohnen und Raketen. Allein 597 Drohnen – überwiegend vom iranischen Typ Schahed – und 26 Raketen seien abgefeuert worden. Laut der ukrainischen Luftwaffe konnten davon 319 Drohnen und 25 Raketen abgefangen werden.
Das russische Verteidigungsministerium bezeichnete die Angriffe als gezielte Schläge gegen den „militärisch-industriellen Komplex“ der Ukraine. Ziele seien unter anderem Lwiw, Charkiw und Luzk sowie ein Militärflugplatz gewesen. Das erklärte Ziel sei erreicht worden, hieß es aus Moskau. In der Realität jedoch litten vor allem zivile Einrichtungen unter den Angriffen – darunter Kindergärten, Wohnhäuser und Bahnanlagen.
Angesichts der anhaltenden russischen Angriffe kündigte Präsident Selenskyj an, die Ukraine werde schon bald besser in der Lage sein, ihre Städte zu schützen. Man stehe kurz vor einer mehrstufigen Vereinbarung über die Lieferung neuer Patriot-Flugabwehrsysteme und passender Raketen, erklärte er in seiner abendlichen Videobotschaft.
Gleichzeitig investiere das Land verstärkt in die Produktion eigener Drohnen – insbesondere in Abfangdrohnen, mit denen russische Flugkörper frühzeitig bekämpft werden sollen. Zudem betonte Selenskyj erneut, dass die Ukraine mit gezielten Gegenangriffen auf russischem Gebiet auf die ständigen Attacken reagieren werde.
Sanktionen gegen Russland gefordert – EU kauft weiterhin Erdgas
Selenskyj forderte neue Sanktionen gegen Russland, vor allem gegen jene Akteure, die Moskau beim Bau von Drohnen unterstützen und vom Erdölexport profitieren würden. Die EU hat zwar russisches Erdöl sanktioniert, kauft aber weiterhin russisches Erdgas – ein zentraler wirtschaftlicher Pfeiler des Kreml.
Die Angriffe verdeutlichen, dass auch fern der Frontlinie kein Ort in der Ukraine mehr als sicher gilt. Immer häufiger geraten Städte in den westlichen Regionen ins Visier, in denen sich viele Vertriebene aus dem Osten und Süden des Landes in Sicherheit glaubten. (sbo/afp/dpa)