„Trophäenwaffen für Terroristen“Ukraine warnt nach Hamas-Angriff vor Putins Propaganda-Plänen

Lesezeit 4 Minuten
Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Gespräch mit Kulturministerin Olga Lyubimowa am Montag in Moskau. Die Ukraine wirft dem Kreml vor, den Angriff der Hamas auf Israel für eigene Zwecke nutzen zu wollen.

Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Gespräch mit Kulturministerin Olga Lyubimowa am Montag in Moskau. Die Ukraine wirft dem Kreml vor, den Angriff der Hamas auf Israel für eigene Zwecke nutzen zu wollen.

Russland will laut ukrainischem Geheimdienst Kapital aus dem Angriff auf Israel schlagen. Auch US-Analysten warnen vor Putins Propaganda. 

Nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel erhebt der ukrainische Geheimdienst (HUR) schwere Vorwürfe in Richtung des Kremls. Laut den Angaben aus Kiew will Moskau den „Angriff der Hamas-Terroristen“ auf Israel für eine „groß angelegte Provokation gegen die Ukraine“ nutzen, das teilte der HUR am Montag in einer Stellungnahme mit. Demnach habe die russische Armee bereits „in den USA und EU-Ländern hergestellte Trophäenwaffen an Hamas-Terroristen“ übergeben. Diese Waffen seien zuvor bei Gefechten in der Ukraine von russischen Truppen erbeutet worden.

Der nächste Schritt in Moskaus Plan sehe vor, die Ukraine zu beschuldigen, westliche Waffen an Terroristen verkauft zu haben, hieß es weiter. Außerdem wolle Moskau mit Falschbehauptungen für „Enthüllungen“ in westlichen Medien sorgen.

Ukraine warnt vor russischer Propaganda nach Hamas-Angriff auf Israel

Dafür solle auch ein kürzlich nach Russland übergelaufener Oberstleutnant des ukrainischen Grenzschutzes eingespannt werden, warnte der ukrainische Geheimdienst. So erhoffe man sich in Moskau, die ukrainischen Streitkräfte zu „diskreditieren“ und die militärische Unterstützung durch westliche Partner im Kampf gegen Russland abzuschwächen.

Alles zum Thema Nahostkonflikt

Die Anschuldigungen aus Kiew folgen auf Warnungen von US-Analysten. Bereits am Samstag hatte der Thinktank „Institute for the Study of War“ darüber berichtet, dass Russland den Angriff der Hamas für eigene Zwecke nutzen werde. So werfe der Kreml bereits jetzt dem Westen vor, die Konflikte im Nahen Osten zugunsten der Unterstützung der Ukraine vernachlässigt zu haben.

Russland unterhält lebhafte Kontakte zur Hamas

Die Analysten verwiesen bei ihrer Schlussfolgerung etwa darauf, dass das russische Außenministerium den Westen beschuldigt habe, zuletzt die Bemühungen des Nahost-Quartetts, zu dem neben Russland die USA, die EU und die Vereinten Nationen gehören, blockiert zu haben.

Zudem unterhält Moskau lebhafte Kontakte zur islamistischen Hamas, die von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft wird. So führte etwa der Nahost-Beauftragte des Kreml, Vizeaußenminister Michail Bogdanow, mehrfach in diesem Jahr Gespräche mit Hamas-Vertretern – am Telefon und bei persönlichen Begegnungen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies nach Angaben des Ministeriums auch am Samstag wieder auf Moskaus Initiative für eine Zweistaatenlösung hin.

Dmitri Medwedew bezeichnet westliche Ukraine-Unterstützer als „Trottel“

Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew, der Vizechef im nationalen russischen Sicherheitsrat und für schrille Statements und Drohungen bekannt ist, meinte im Nachrichtenkanal Telegram, dass die Gewalt zwischen der Hamas und Israel zu erwarten gewesen sei. „Damit hätten sich mal Washington und seine Verbündeten beschäftigen sollen“, schrieb Medwedew. Die USA seien in dem Konflikt zwischen Israel und Palästina ein Schlüsselakteur.

Statt sich mit einer israelisch-palästinensischen Lösung zu befassen, hätten diese „Trottel“ sich aber in Russlands Angelegenheiten eingemischt, meinte Medwedew. Sie hätten mit ihrer Unterstützung für die Ukraine zwei sich nahestehende Völker gegeneinander aufgebracht.

„Militärblogger behaupteten in absurder Weise, die Hamas setze von der Ukraine gelieferte Waffen ein“

Auch die russischen Medien und Militärblogger scheinen in dem Angriff der Hamas eine Gelegenheit für Moskau zu sehen. Da der Westen nun das „ewige Feuer“ im Nahen Osten löschen wolle, werde der Angriff auf Israel nun Aufmerksamkeit von der Ukraine weglenken, hieß es in den bekannten russischen Telegram-Kanälen vielmals. 

Am Sonntag berichtete das ISW schließlich von entsprechenden Behauptungen über die Ukraine in einschlägigen russischen Telegram-Kanälen. „Russische Militärblogger behaupteten in absurder Weise, die Hamas setze von der Ukraine gelieferte Waffen gegen Israel ein“, schrieben die Analysten in ihrem Lagebericht passend zu den Angaben des ukrainischen Geheimdienstes. 

Putins Sprecher lässt Frage nach Kontakten zur Hamas unbeantwortet

Der Kreml reagierte unterdessen am Montag auf den Angriff der Hamas. „Wir beobachten mit großer Sorge, was rund um Israel, im Nahen Osten, passiert“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Es bestehe die Möglichkeit einer Ausweitung der Eskalation in der Region, fügte er hinzu und rief beide Seiten zum Einstellen der Gefechte auf. Eine Frage von Journalisten zur Zukunft der russischen Kontakte zur Hamas ließ der Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin derweil unbeantwortet.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verglich am Montag unterdessen die Hamas mit Russland und erinnerte angesichts des Blutbads in Israel an die Kriegsverbrechen von Butscha. „Der einzige Unterschied ist, dass es dort eine Terrororganisation ist, die Israel angegriffen hat, und hier ein Terrorstaat ist, der die Ukraine angegriffen hat.“

Die Hamas hatte am Samstag bei einem Großangriff auf das israelische Grenzgebiet unter Zivilisten das schlimmste Blutbad seit der israelischen Staatsgründung angerichtet. Dabei wurden mindestens 700 Menschen getötet und rund 2400 weitere verletzt. Israel hat mit schweren Bombardements auf den Angriff reagiert und 300.000 Reservisten mobilisiert. Zudem kündigte das Verteidigungsministerium die komplette Abriegelung des Gazastreifens an. (mit dpa)

KStA abonnieren