Wagenknecht-AbspaltungLinksfraktion im Bundestag will sich selbst auflösen

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Dietmar Bartsch vor einer Werbewand seiner Partei

Vorsitzender der Fraktion Dietmar Bartsch:„Es ist das Ende der Fraktion, aber es ist die Chance für einen Neustart."

Der Austritt von Sahra Wagenknecht und ihren Anhängern aus der Linkpartei bedeutet das Ende der Bundestagsfraktion.

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sieht die bevorstehende Auflösung der Bundestags-Fraktion auch als Möglichkeit eines Aufbruchs nach langen Streitigkeiten. „Es ist das Ende der Fraktion, aber es ist die Chance für einen Neustart“, sagte Bartsch im ZDF-„Morgenmagazin“.

Die „lähmende Selbstbeschäftigung“ müsse vorbei sein. „Es liegt an uns, ob wir es wirklich schaffen, Politik, Politik und nochmals Politik zu betreiben, oder ob es weiterhin Auseinandersetzungen gibt.“

Aus einer Fraktion werden zwei Gruppen

Die Linksfraktion im Bundestag will an diesem Dienstag ihre Auflösung beschließen und ein Datum dafür festlegen. Hintergrund ist der Austritt der Abgeordneten Sahra Wagenknecht und neun weiterer Parlamentarier aus der Partei die Linke. Ohne sie verliert die Linksfraktion ihre Mindestgröße.

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„Das ist heute sicherlich ein Tag, der kein Grund zur Freude bringt“, sagte Bartsch. Er betonte aber, die Linke bestehe nicht nur aus der Bundestagsfraktion - in drei Bundesländern regiere die Partei mit, sie stelle einen Ministerpräsidenten. „Aber es liegt an uns, ob wir einen Aufbruch wirklich hinkriegen.“

Es wird erwartet, dass nun zwei neue parlamentarische Gruppen entstehen: die verbliebenen 28 Linken-Abgeordneten einerseits und Wagenknecht mit ihren Unterstützern andererseits. Eine Gruppe hat im Vergleich zu einer Fraktion weniger parlamentarische Rechte und bekommt auch weniger finanzielle Unterstützung aus der Staatskasse. Die Gruppen brauchen zur Anerkennung die Unterstützung der übrigen Fraktionen im Ältestenrat und im Plenum.

Auflösung während laufender Legislatur

„Es ist natürlich ein Einschnitt und die Möglichkeiten werden geringer“, sagte Bartsch. Er kündigte an, alles zu tun, „dass wir möglichst schnell anerkannt werden und unsere Aufgabe wahrnehmen“. Er erinnerte an die Zeit, als die Linke-Vorgängerpartei PDS als Gruppe im Bundestag war. „Aber wir haben es aus der Gruppe geschafft, wieder Fraktion zu werden. Und das ist die Herausforderung.“

Dass sich eine Bundestagsfraktion während der laufenden Legislatur auflöst, ist neu. Solche „Liquidationen“ gab es bisher nur nach Wahlniederlagen: 2013 wurde die FDP-Fraktion im Bundestag liquidiert, als sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. 2002 durchlief die Linken-Vorgängerin PDS bereits einmal ein solches Verfahren. Damals schafften nur zwei Direktkandidatinnen den Sprung in den Bundestag.

Liquidation kann Jahre dauern

Weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Räume und Verträge gekündigt werden müssen, kann eine Liquidation Jahre dauern. Die Gründung der neuen Gruppen kann schon vorher beginnen.

Die Linksfraktion erhielt 2022 rund 11,5 Millionen Euro staatlicher Zuwendungen, wie aus einer Unterrichtung von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) vom September hervorgeht. Die Personalausgaben für Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter werden mit rund 9,3 Millionen Euro angegeben. Die Fraktion muss nun allen 108 Mitarbeitern kündigen. Einige von ihnen könnten bei den beiden neuen Gruppen einen neuen Job finden. (dpa)

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