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„Das war eine rote Linie“Kölner FDP-Mitglieder verlassen Partei wegen Abstimmung mit AfD

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Im Februar protestierten in Köln Menschen vor Christian Lindners Wahlkampftourbus gegen die gemeinsame Abstimmung eines Großteils der damaligen FDP-Fraktion im Bundestag mit der AfD.

Im Februar protestierten in Köln Menschen vor Christian Lindners Wahlkampftourbus gegen die gemeinsame Abstimmung eines Großteils der damaligen FDP-Fraktion im Bundestag mit der AfD.

Nach chaotischen Monaten für die FDP in Berlin traten in Köln engagierte Kommunalpolitiker aus. Am Samstag werden ihre Posten auf dem Kreisparteitag neu besetzt.

Die FDP steckt in der Krise. Zum zweiten Mal schon seit ihrem Ersteinzug schaffte es die Partei nicht ins Parlament. Und die Krise wirkt sich auf Köln aus, wo sich Liberale abwenden, die sich in der Partei engagierten und Funktionen innehatten. Sie sind um die 30 Jahre alt, gehören also einer Generation an, die unter den kommunalpolitisch Engagierten schon kaum vertreten war.

Kreisvorstand Lorenz Deutsch erklärte, es habe in den vergangenen Monaten mehrere Phasen von Ein- und Austritten gegeben. Da war das Ende der Ampelkoalition am Abend des 6. November 2024. Eineinhalb Wochen später wurde das „D-Day“-Papier bekannt und damit minutiös durchgeplante Szenarien, wie die FDP aus der Ampelkoalition aussteigen kann. Schlussendlich rumorte es an der Kölner Basis am 29. Januar, als 80 von 92 FDP-Abgeordneten im Bundestag für eine schärfere Migrationspolitik stimmten, indem sie sich dem Unionsantrag anschlossen, der nur mithilfe der AfD eine Mehrheit fand.

Basis in Köln unzufrieden über Abstimmung mit AfD im Bundestag

„Das ging gegen meine innere politische Haltung“, sagte Joachim Krämer. Er war mit 18 in die Partei eingetreten, ist heute 34 und nach der Bundestagsabstimmung ausgetreten. Krämer war seit 2021 Stellvertreter im Vorstand der Kölner FDP. Er sagte, er sehe den Inhalt des Unionsantrags „sehr weit in eine rechte Richtung“ gehend. Und dann war abzusehen, dass es auf die Stimmen der AfD für eine Mehrheit ankommen wird. „Beides war so einschneidend, dass ich entschieden habe: Diese Partei kann ich in der Form nicht mehr unterstützen.“

Nach seinem Austritt besetzt die FDP seinen Posten am kommenden Samstag auf ihrem Kreisparteitag neu – anders als von uns berichtet, ist das und nicht ein anstehender Umzug der Grund.

Ähnlich wie Krämer ging es Marc Urmetzer (33). „Das war eine rote Linie“, sagte der ehemalige Nippeser Bezirksvertreter. Er war mit 14 den jungen Liberalen beigetreten und hätte nach der Kommunalwahl wahrscheinlich in den Stadtrat einziehen können. Jetzt steht er nicht mehr hinter der Berliner Parteilinie. Krämer wie Urmetzer sehen sich auch jetzt, drei Monate später, noch in ihrer Entscheidung bestätigt: Dass sich Christian Dürr, der Kandidat für den FDP-Vorsitz, gegen einen jetzigen Antrag für ein AfD-Verbot beim Bundesverfassungsgericht ausspricht, zeige für die beiden Liberalen eine Parteilinie, hinter der sie nicht stehen wollen. Urmetzer sagte: „Ich befürchte, die Bundespartei wird weiter nach rechts rücken.“

Zwei von zehn Kölner Bezirksvertretern kehren FDP den Rücken

Ein weiterer Kölner Kommunalpolitiker verließ infolge des Umgangs mit der AfD auf Bundesebene die Partei: Joshua Schlimgen (26) ist Bezirksvertreter in Chorweiler, jetzt aber parteilos. Damit sind zwei von insgesamt zehn FDP-Bezirksvertretern in Köln aus der Partei ausgetreten. Weitere Mitglieder, auch mit Funktionen im Kreisvorstand und in Stadtbezirksvorständen, folgten. Sie wollten ihre Namen deshalb nicht in der Zeitung lesen, nannten aber dieselben Gründe.

Der Kreisvorstand relativiert die Austrittswelle an der Kölner Basis, die nach ihren Aussagen vor allem Ende 20 bis Mitte 30 sind. So groß sehe man das Problem nicht, es stehen schließlich andere Junge Liberale davor, Posten zu übernehmen. Wie Filip Günther, der am Kreisparteitag am Samstag als Stellvertreter in den Vorstand aufrücken könnte. Günther steht schon stellvertretend den Jungen Liberalen auf Landesebene vor.

Vorsitzender der Ratsfraktion und Beisitzer des Kreisvorstands Volker Görzel sagte auf die Frage, was die Austritte mit der Partei machten: „Nichts.“ Sie habe viele herausragende junge Kandidaten für Ämter und Mandate. Parteichef Deutsch hatte schon im März resümiert, im Saldo hatte die Partei in Köln nach den schwierigen Monaten in Berlin Zuwachs verzeichnet. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass sich unter den neuen Mitgliedern auch ähnlich Engagierte befinden.