Verhandlungen abgesagt oder verschobenWie Gerichte mit der Corona-Krise umgehen

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Auch in der Corona-Krise gibt es Rechtsstreitigkeiten und Verfahren – die Kommunikation läuft jedoch in erster Linie schriftlich ab.

  • In unserer Serie „Recht und Ordnung“ befassen wir uns mit juristischen Themen aller Art – und verschaffen Ihnen mehr Durchblick im Paragrafen-Dschungel.
  • Dafür befassen sich eine Staatsanwältin, ein Rechtsanwalt und eine Jura-Professorin in ihrer Kolumne regelmäßig mit einem konkreten Fall.
  • Martin W. Huff erklärt diesmal, wie Rechtsstreitigkeiten in Zeiten der Corona-Krise gelöst werden und welche Pflichten auch weiterhin für Justizbeamte und Bürger gelten.

Köln – Die Corona-Krise hat natürlich mittlerweile auch die Gerichte und auch die Anwaltschaft erreicht. Nach anfänglicher Unsicherheit zeigt sich inzwischen doch eine Linie der Gerichte und Staatsanwaltschaften im Kölner Raum: Die Dienstgebäude sind weitgehend für den Publikumsverkehr geschlossen.

Justizbedienstete arbeiten von zuhause

Sehr viele der für die nächste Zeit angesetzten mündlichen Verhandlungen sind entweder vom Gericht selbst oder auf Antrag der Parteien aufgehoben worden und werden später nachgeholt.

Auch viele Justizbedienstete - vom Richter bis zu den Geschäftsstellen – arbeiten von zuhause aus. Doch trotzdem ist grundsätzlich gesichert, dass die Justiz im Interesse der Bürger auch rasch entscheiden kann. Dies zeigt sich besonders daran, dass zahlreiche Verwaltungsgerichte bereits im schriftlichen Verfahren über Eilanträge rund um staatliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise entschieden haben. Sie haben sich intensiv mit dem Anliegen der Antragsteller auseinandergesetzt.

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Martin Huff

Martin W. Huff, geboren 1959 in Köln, ist seit 2008 Geschäftsführer und Pressesprecher der Rechtsanwaltskammer Köln. 

Foto: Uwe Weiser

Martin W. Huff, geboren 1959 in Köln, ist seit 2008 Geschäftsführer und Pressesprecher der Rechtsanwaltskammer Köln. Er war lange Jahre Mitglied der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefredakteur der Neuen Juristischen Wochenschrift, der größten Fachzeitschrift für Juristen. Er befasst sich als Rechtsanwalt in der Kanzlei LLR Rechtsanwälte intensiv mit dem Medienrecht und dem Recht der Freiberufler. Er ist zudem Mitglied der Expertenrunde Recht der Stiftung Warentest. 

So dürfen manche Bürger in ihren Zweitwohnungen bleiben. Die Schließung von Spielhallen hat das Kölner Verwaltungsgericht für rechtmäßig erklärt. Selbst Strafverhandlungen, so der Sächsische Verwaltungsgerichtshof, können in eingeschränktem Umfang fortgeführt werden.

Schriftliche Verfahren statt mündlicher

Wenn Sie ein laufendes Gerichtsverfahren haben, in dem jetzt Maßnahmen anstehen, dann sollten Sie mit ihrem Rechtsanwalt sprechen, wie es hier weitergehen kann. Es ist möglich, vom mündlichen Verfahren in ein schriftliches Verfahren überzugehen, Zeugenaussagen können schon mal schriftlich angefordert werden. Hier ist jetzt von jedem ein Nachdenken gefordert.

Manche bisher festgefahrenen Wege müssen verlassen werden. So hat ein Arbeitsrichter zwar den Gütetermin, vor dem meist kaum ein umfangreicher Sachvortrag der Parteien stattfindet, aufgehoben. Aber: Er hat die Parteien gebeten, schriftlich vorzutragen, und dann angekündigt, einen schriftlichen Vergleichsvorschlag zu machen, zu dem die Parteien dann Stellung nehmen können. Ein sachgerechter Weg, der allen nützt.

Fristen weiterhin einhalten – und eventuell verlängern

Weiterhin notwendig ist es natürlich, innerhalb gesetzter Fristen Rechtsmittel einzulegen. Dabei sollte man sichergehen, dass ein Einspruch oder ein Widerspruch rechtzeitig beim Gericht oder der zuständigen Behörde eingeht, auch wenn diese geschlossen ist. Dies kann per Fax geschehen oder durch die persönliche Zustellung. Dazu darf man auch zum entsprechenden Briefkasten fahren, am besten mit einem Zeugen, der den Einwurf bestätigen kann. Rechtsanwälte können auch über das sogenannte besondere elektronische Anwaltspostfach Schreiben an nahezu jede Behörde übermitteln.

Schafft man es aufgrund der besonderen Lage nicht, Fristen für eine angeforderte Stellungnahme einzuhalten, weil man zum Beispiel ein Schriftstück nicht erhalten hat, dann sollte man auf jeden Fall einen Antrag auf Fristverlängerung stellen.

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Diesem sollen die Behörden und Gerichte, so auch die Bitte etwa des NRW-Justizministers Peter Biesenbach, großzügig entsprechen. Geschieht dies nicht, kann man prüfen lassen, ob der Richter wirklich unbefangen gegenüber einer Partei ist, denn in der jetzigen Zeit ist Großzügigkeit tatsächlich geboten.

Zwar gibt es bei einer Fristversäumnis auch die Möglichkeit, eine „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ zu beantragen. Das geht aber nicht bei allen Fristen und muss gut begründet werden.

Rechtspflege steht nicht still

Wer ein rechtliches Problem hat, kann und sollte auch weiterhin mit einem Rechtsanwalt Kontakt aufnehmen, auch wenn persönliche Gespräche zurzeit nicht angeraten sind. Aber man kann der Kanzlei Unterlagen zumailen oder auf anderem Weg (Bilddatei) zusenden. Beratungstermine sind per Telefon oder auch per Videoschaltung möglich. Die meisten Kanzleien bieten das jetzt an, so dass Sie zum Beispiel immer rechtzeitig Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einlegen können.

Wichtig ist für alle, dass die Rechtspflege nicht stillsteht. Dies scheint bisher gewährleistet.

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