Feuer und Flamme für mehr Toleranz

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Die "Feuerwehr Gays" wie Martin Müsch wollen mit ihrem CSD-Auftritt Diskriminierung unter "Kameraden" vorbeugen.

Die "Feuerwehr Gays" wie Martin Müsch wollen mit ihrem CSD-Auftritt Diskriminierung unter "Kameraden" vorbeugen.

Sie sind ganze Kerle. Kameraden, wie es so schön heißt. Und sie gehen zusammen durchs Feuer. Männer, die zupacken. Männer, die Leben retten. Männer - bei denen niemand auf die Idee käme, dass sie schwul sein könnten. Sind sie aber. Die Mitglieder der „Feuerwehr gays“ entsprechen so überhaupt gar keinem Klischee und fallen auch deshalb auf dem Straßenfest und auf der Parade zum Christopher Street Day (CSD) an diesem Wochenende kaum auf. Sie sind zu „normal“, aber haben im Dienst für die Freiwillige und / oder Berufsfeuerwehr manchmal mit Vorurteilen mehr zu kämpfen als mit den Flammen. „In Nordrhein-Westfalen geht es zu großen Teilen“, sagt Vorsitzender Martin Müsch aus Viersen. „Aber wir haben Fälle aus Baden-Württemberg, wo Leute sogar rausgeschmissen wurden.“ Rausgemobbt worden seien auch schwule Feuerwehrleute im angeblich so toleranten Köln. Müsch: „Wir haben noch eine sehr konservativ gewachsene Struktur. Das ist wie beim Bund.“ Auch der 28-Jährige hat seine Erfahrungen gemacht. Ungewollt geoutet. „Dann ging es bei uns richtig rund.“ Sein Privatleben ganz verschweigen, kommt für den Brandmeister nicht in Frage. „Ob zur Weihnachtsfeier, Grillfest oder Fahrradtour. Irgendwann kommen Fragen. Und ich will den geraden Weg gehen.“ Anderen Mut machen, offen zu leben, bei Konflikten vermitteln und aufklären, sind die Ziele der Gruppe. Noch vieles liege im Argen. „Wir brauchen den Verein - immer noch.“

Zelt, Licht, Dekoration, Tische, Blümchen, Banner: seit Wochen schon ist der Wirtschaftsweiber e.V. mit der Vorbereitung seines Infostandes auf dem Alter Markt beschäftigt. Sich gegenseitig beruflich, persönlich, wirtschaftlich und fachlich zu fördern, ist dabei nur ein Ziel. „Wir wollen Sichtbarkeit und Öffentlichkeit“, so Fabienne Nawrat, Geschäftsführerin der allround team GmbH in Köln. Frauen an sich hätten es auf dem Weg die Karriereleiter hoch schon schwer. „Kommt dann eine lesbische Lebensweise ans Licht - etwa bei Einladungen zu Geschäftsessen mit Partner - ist die Akzeptanz vielfach noch sehr schwach.“ Es geht aber auch um knallharte finanzielle Fakten. „Hinter uns steckt schließlich eine Wirtschaftskraft.“ So schließt sich das Netzwerk lesbischer Fach- und Führungskräfte der CSD-Kampagne „Keine halben Sachen!“ des Lesben- und Schwulenverbands Deutschlands an und fordert etwa die steuerliche Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften.

Ein kurzes Zischen, dann schießt die Farbe in einem feinen Strahl auf die Haut. Langsam, Strich für Strich, zeigt sich das Bild: Der Kopf, die Flügel, der lange Schweif . . . Zum Schluss sprüht Peter Laas noch eine Schicht Lack auf die Haut und pinselt eine feine Schicht Puder darüber: ein Paradiesvogel aus Farbe, optisch kein Unterschied zu einem richtigen, gestochenen Tattoo. Peter Laas ist Bodypainter, spezialisiert auf Airbrush-Technik - und er hat als „Hetero“ einen Stand auf dem Straßenfest zum CSD. Warum?

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„Schwule gelten ja als besonders körperbetont“, sagt Laas. Ideales Publikum also für den 51-jährigen Brühler. „Sie achten mehr auf ihr Äußeres, sind verspielter und haben somit vielleicht auch mehr Freude an einem bunten Tattoo für die CSD-Zeit. Der CSD 2007 ist sein erster - Berührungsängste habe er jedoch keine: „Auch wenn Freunde mich gewarnt haben, ich solle aufpassen, dass ich nicht angebaggert werde“, schmunzelt er. „Ich habe selbst Schwule in meinem Freundeskreis.“

Wie weit geht der gelernte Grafik-Designer denn an diesem Wochenende beim Sprühen? Laas will neben seinen normalen „Tätowierungen“ auch großflächige Motive anbieten, bei denen er Körperteile mit einbezieht: „Die Brustwarzen als Augen könnte ich mir gut vorstellen.“ Und wie sieht es mit einem Elefanten samt Rüssel aus - natürlich an entsprechender Körperstelle? Laas zögert. „Ich glaube eher nicht“, sagt er und fügt dann hinzu: „Aber ich bin ja spontan.“

Er selbst hat sich auch mal „tätowiert“: Seinen ganzen Oberarm sprühte er mit einem großflächigen „Zackenmuster“ ein und ging damit auf die Straße. Die Reaktionen? „Viele Blicke, nicht alle waren wohlwollend.“ Sein Fazit: „Für mich wäre das auf Dauer nichts.“ Was fasziniert ihn denn so am Menschen-Besprühen? „Jeder Körper ist anders, hat kleine Feinheiten und Unebenheiten“, schwärmt er. Jedes Bild sehe anders aus. Und das will er den CSD-Besuchern auf dem Heumarkt zeigen.

ksta.tv-Reporter Christoph Hoffmann hat Peter Laas für seine Videokolumne „Chris on Tour“ besucht und wurde selbst zum Kunstwerk. Heute ab 10 Uhr auf:

 www.ksta.tv

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