KärbholzEinst rockten sie das Kinderzimmer

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Böse, dreckig und gemein - aber auch poetisch, eigenwillig und idealistisch: Christian Steffens, Stefan Wirths, Adrian Kühn und Torben Höffgen (v. l. n. r.). BILD: JULIA HOHENADEL

Böse, dreckig und gemein - aber auch poetisch, eigenwillig und idealistisch: Christian Steffens, Stefan Wirths, Adrian Kühn und Torben Höffgen (v. l. n. r.). BILD: JULIA HOHENADEL

Ruppichteroth – Sie tragen schwarze T-Shirts, sind tätowiert bis unter die Haarspitzen und sie singen finstere Lieder. Der Name ihrer Band sollte deutsch sein, dreckig und auch „in besoffenem Zustand noch leicht auszusprechen“. Das Cover ihres jüngsten Albums zieren ein Gitarrenhals, ein ausgestreckter Mittelfinger und ein Totenkopf.

Nein, von den vier Mitgliedern der Ruppichterother Band „Kärbholz“ würde sich wohl so schnell keine alleinstehende Seniorin über die Straße helfen lassen. Die musikalischen Vorbilder von Torben Höffgen, Stefan Wirths, Christian Steffens und Adrian Kühn sind Bands wie die „Böhsen Onkelz“, „Motörhead“ und „Manowar“.

Zusammengefunden hat sich das Quartett im Jahr 2003. Zuerst hatten Höffgen und Kühn die Idee einer gemeinsamen Band, dann wurde Schlagzeuger Steffens mit ins Boot geholt. Als Letzter stieß Wirths zu der Gruppe. Am Anfang, erinnert sich Torben Höffgen, habe die Covermusik gestanden: Deutschrock, Metal - „sogar die »Cranberries«“, gesteht Adrian Kühn etwas verschämt. Die gemeinsamen Auftritte der damals 17- bis 18-Jährigen beschränkten sich noch auf das Kinderzimmer von Schlagzeuger Christian Steffens. „Das waren vielleicht zehn Quadratmeter“, erinnert sich der Drummer grinsend. Die Jungs drehten auf, die Nachbarn drehten durch: „Es kamen ab und zu Anrufe, dass wir zu laut sind“, deutet Steffens vage an.

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Dem Kinderzimmer ist die Band längst entwachsen. Heute treten der Mediengestalter, der Maschinenbauer, der Industriemechaniker und der Dachdeckermeister vor tausenden Fans auf - die Geschichte von „Kärbholz“ ist eine Erfolgsstory.

2006 drängen die jungen Männer zum ersten Mal mit einer Split-CD an die Öffentlichkeit. „Heimvorteil“ fährt bei der noch jungen Fangemeinde jedoch nur mäßige Erfolge ein. Trotzdem wird das Magdeburger Label Asphalt Records auf die Newcomer aufmerksam. 2007 haben die Ruppichterother ihren ersten Plattenvertrag in der Tasche. Im April kommt ihr Debütalbum „Spiel des Lebens“ auf den Markt. Seitdem sind „Kärbholz“ nicht mehr aufzuhalten. Nach mehr als 30 Konzerten im Jahr 2007 haben sich längst neue Ideen in den Köpfen festgesetzt. Zum Jahresende geht die Band wieder ins Studio, um das zweite Album einzuspielen. „Zurück nach Vorn“ erscheint Ende März diesen Jahres - nach nur dreieinhalb Wochen geht schon der 1000. Tonträger davon über den Ladentisch.

Die jungen Männer schreiben ihre Texte selbst - jeder steuert Ideen bei. Die von Frontmann Höffgen kehlig herausgeröhrten deutschen Texte sind allerdings keineswegs so wild und böse, wie sich die Jungs auf der Bühne gerne geben. „Wir schreiben über Alltag, Leben, Liebe, Freunde, Gefühle, alles, was einen bewegt“, erklärt Gitarrist Adrian Kühn. „Wir singen das, was andere in ihr Tagebuch schreiben“, ergänzt Bassmann Stefan Wirths. „Kärbholz“ singen von süßen Erfolgen und bitteren Niederlagen, sie machen Mut, klopfen ihren Zuhörern in schlechten Zeiten auf die Schulter und lösen so ganz und gar das Gefühl aus, zu verstehen und verstanden zu werden.

„Ein Fan hat mir erzählt, dass er seine abgebrochene Lehre wieder aufgenommen hat, nachdem er unser Lied »Mein Weg« hörte“, berichtet Sänger Torben Höffgen. Derartige Rückmeldungen, da sind sich die Bandmitglieder einig, machen den Stress beim Musikmachen wieder wett. „Die Bindung zu unseren Fans ist schon sehr eng. Wenn ich Konzertbesucher sehe, die den »Kärbholz«-Schriftzug als Tätowierung tragen, ist das schon ein großes Gefühl“, meint Torben Höffgen nachdenklich. Ganze Textpassagen, weiß Adrian Kühn, hätten sich Fans schon in die Haut brennen lassen.

Dabei stehen kommerzielle Erwägungen keinesfalls im Vordergrund, betonen die „Kärbholzer“. „Klar wäre es toll, wenn wir mit der Musik unseren Lebensunterhalt bestreiten könnten“, überlegt Bassist Stefan Wirths laut. „Aber der Spaß steht im Vordergrund“, stellt Bandkollege Kühn klar. Auch wenn die mittlerweile berufstätigen Bandmitglieder immer weniger Zeit für ihr anspruchsvolles Hobby mit deutschlandweiten Konzert-Terminen haben.

Ihren nächsten Auftritt haben „Kärbholz“ heute, 1. August, in Kist bei Würzburg, es folgen Alsfeld (9. August), Dinslaken (30. August) und Essen (2. Oktober).

 www.kaerbholz.de

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