Polizist entwickelt ein Patent

Lesezeit 2 Minuten
Hauptkommissar Stephan Kehr am Rudolfplatz: Dort musste er vor zwei Jahren einen Unfall aufnehmen, bei dem eine 20-Jährige starb.

Hauptkommissar Stephan Kehr am Rudolfplatz: Dort musste er vor zwei Jahren einen Unfall aufnehmen, bei dem eine 20-Jährige starb.

Mit einer eigenen Entwicklung will ein Polizist Unfälle an Straßenbahn-Haltestellen verhindern.

Der Anblick der toten Studentin lässt Hauptkommissar Stephan Kehr (38) bis heute nicht los. „Als ich zum Unglücksort kam, war die Leiche bereits abgedeckt. Sie lag links neben den Gleisen an der Haltestelle Rudolfplatz“, erinnert sich Kehr. Das Unglück geschah am 9. März vor zwei Jahren. Um nach einem Disco-Besuch die Straßenbahn noch zu erwischen, wollte eine 20-jährige Münsteranerin die Kupplung zwischen zwei Waggons überklettern. Die Bahn fuhr an, die Studentin stürzte auf die Gleise und wurde überrollt.

Seit 1998 sind drei Menschen auf diese Weise ums Leben gekommen, ein 15-Jähriger überlebte schwer verletzt. Anfang Mai amputierten Ärzte einem 20-Jährigen den Unterschenkel, der an der Haltestelle Deutzer Freiheit die Kupplung zwischen zwei Waggons übersteigen wollte und gestürzt war.

„Damit muss endlich Schluss sein“, fordert Polizist Kehr. „Das

Übersteigen der Kupplungen ist zwar grob fahrlässig, der Hersteller somit von der Haftungspflicht befreit. Aber darf sich ein Unternehmen einfach auf diese Position zurückziehen? Ich glaube nicht.“

Kehr machte sich nach dem Unglück am Rudolfplatz an die Arbeit. Während einer Nachtschicht legte der Hauptkommissar Zollstock und Maßband an die KVB-Waggons an.

Er erstellte Skizzen, entwarf Modelle, arbeitete sich ins Fachvokabular „spurgebundener Ortsverkehrssysteme“ ein, lernte „innen liegende Blattfedern“ und „Abschlussunterkanten“ kennen, und am Ende stand die „Klemmschürze“ - so nennt Kehr seine

Erfindung, die KVB-Fahrgäste davon abhalten soll, die lebensgefährliche Abkürzung über die Kupplung zu nehmen. Bei dem Entwurf handelt es sich um ein Miniatur-Zelt, das zwischen zwei Waggons auf die Kupplung aufgesetzt wird und je nach Kurvenlage der Bahn gestaucht oder gestreckt wird. „Die Klemmschürze sollte aus einer wetterfesten und Vandalismus resistenten Plane bestehen, keine scharfen Ecken und Kanten haben und vor allem Bahnsurfer sollen keine Gelegenheit haben, sich daran festzuhalten“, sagt Kehr, der seine Erfindung inzwischen beim Europäischen Patentamt angemeldet hat.

Knapp 10 000 Euro hat der Polizist bisher investiert. Weitere 10 000 werden fällig, sollten die Patentwächter die „Klemmschürze“

zulassen. Eine Summe, die dem Ordnungshüter Bauchschmerzen bereitet. „Ich würde mich sehr über Sponsoren freuen“, sagt er.

Der KVB und den Stadtbahnwagen-Herstellern Siemens und Bombardier hat Kehr seine Idee bereits präsentiert. Bombardier schien zunächst interessiert. Die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) hingegen halten das Konstrukt nach Angaben ihres Sprechers Joachim Berger für „nicht optimal“ und favorisieren ein eigenes Modell. Polizist Kehr gibt zu bedenken: „Jede Konstruktion sollte genau daraufhin überprüft werden, dass keine neuen Gefahren von ihr ausgehen, insbesondere Festhalte-Möglichkeiten für Surfer.“

KStA abonnieren