Schule in NRWGebauer will Bildungsgutscheine, Lehrer und lockerere Quarantäne-Regeln

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NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) 

Düsseldorf – Mit einem dreiteiligen Maßnahmenpaket will die nordrhein-westfälische Schul- und Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) den Lernrückständen begegnen, die im Laufe der Corona-Pandemie entstanden sind. Auf ihrer traditionellen Pressekonferenz zum Beginn des neuen Schuljahres in der kommenden Woche skizzierte sie die Eckpunkte des Programms „Ankommen und Aufholen“: Erstmals erhalten die Schulen in Nordrhein-Westfalen ein Zusatzbudget, über das sie vollständig selbst entscheiden können – das Budget wird nach den Schülerzahlen berechnet und kann bei einem großen Schulsystem mit etwa 1600 Schülerinnen und Schülern rund 33.000 Euro betragen.

Auch die Schulträger erhalten Geld, zudem gibt es Bildungsgutscheine, die Schülerinnen und Schüler in Kooperation mit ihrer Lehrkraft beantragen können, um Lernlücken zu schließen. Bildungsgutscheine können etwa für Nachhilfestunden verwendet werden.

Generell will Gebauer außerschulische Lernorte stärker einbinden, als es ihre bisherigen Konzepte zur Kompensation der Lernrückstände vorsahen. Das Finanzvolumen für Schul- und Schulträgerbudgets sowie Bildungsgutscheine beträgt insgesamt 180 Millionen Euro.

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Zusätzliche Lehrerstellen

Vor allem sollen zusätzlich Lehrerstellen geschaffen werden, für die ein Studium auf Lehramt keine zwingende Vorsetzung ist. Auch pensionierte Lehrkräfte können wieder in den Schuldienst zurückkehren; das Angebot des Offenen Ganztags soll ebenfalls durch neue Kräfte wie die „Alltagshelfer“ erweitert werden.

„Mein Ziel ist es, dass die Kinder und Jugendlichen eine auf sie zugeschnittene Förderung erhalten je nachdem, welche Bedarfe aus den Monaten der Pandemie bestehen. Dafür stellen wir gemeinsam mit dem Bund fast eine halbe Milliarde Euro zur Verfügung“, sagte Gebauer in Düsseldorf. 215 Millionen Euro kommen aus dem Bundeshaushalt, weitere 215 Millionen Euro stellt das Land NRW zur Verfügung.

Quarantäne nur noch für Sitznachbarn von Infizierten

Mit den Bildungsministerinnen und -ministern der anderen Bundesländer habe sie „Klarstellungen zur Quarantäne“ formuliert, sagte Gebauer im Blick auf den weiteren Umgang mit den Schulregeln für Corona. Von Quarantäne sind demnach nur die direkten Sitznachbarn einer infizierten Person sowie die Lehrkräfte – die sogenannten engen Kontaktpersonen – betroffen. Die Dauer der Quarantäne beträgt 14 Tage, ausgenommen sind Schülerinnen und Schüler, die vollständig geimpft und symptomlos sind.

Für die Sekundarstufe Zwei soll es ein Impfangebot geben. In diesem Zusammenhang richtete die Ministerin einen Appell an die Erwachsenen: Es liege an ihrer Impfbereitschaft, den Präsenzunterricht in den Schulen sicherzustellen. Dies sei ein Akt der Solidarität, der insbesondere geboten sei, da die junge Generation in den vergangenen Monaten viel Verzicht habe üben müssen.

Steigende Infektionszahlen

Auch angesichts steigender Infektionszahlen setzt Gebauer auf den Präsenzunterricht, der inzidenzunabhängig, aber unter strengen Voraussetzung stattfinden müsse. Dazu zählt die Maskenpflicht im Unterricht, ein „engmaschiges Testsystem“ und konsequente Hygiene. Die Situation in diesem Sommer sei nicht mit der Lage im vergangenen Jahr zu vergleichen, da 90 Prozent der Lehrkräfte geimpft seien.

Die SPD begrüßt, dass „die Schulministerin endlich die individuellen Lernentwicklungen und Lernerfahrungen der Schülerinnen und Schüler stärker in den Blick nimmt“. Dies sagte der bildungspolitische Sprecher der Partei, Jochen Ott, zu den Ankündigungen Gebauers auf der Pressekonferenz und zur begleitenden Mail an die Schulen des Landes. Es sei eine Forderung, die der SPD schon lange am Herzen liege. Ott plädiert dafür, die „Ankommenszeit auf das erste Schul-Quartal auszudehnen“.

Gebauer nennt Lehrermangel größte Herausforderung

Gebauer will bislang nur den August von Leistungsprüfungen freihalten. Ott begrüßte ebenfalls, dass sich die  „Schulministerin endlich zu einer Position für die Quarantäne-Regelungen durchgerungen hat“. Er kritisierte hingegen, den Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II ein zentrales Impfangebot nur in den Impfzentren zu machen und es ansonsten dem Engagement der Kommunen zu überlassen, für aufsuchende Angebote an den Schulen zu sorgen.

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„Die Impfzentren sollen auf Wunsch von Gesundheitsminister Laumann bekanntlich Ende September auslaufen. Damit hat dann auch das aktuelle Impfangebot von Frau Gebauer nur eine geringe Halbwertszeit“, so Ott.

Als größte Herausforderung der Bildungspolitik jenseits der Bewältigung der Pandemie nannte Gebauer auf ihrer Pressekonferenz die Bekämpfung des Lehrermangels. Mit 5362 neuen Einstellungen seit Beginn ihrer Amtszeit habe sie hier Erfolge erzielt; auch in der Lehrerausbildung seien neue Stellen geschaffen worden. Angesichts von mehr als 4000 noch unbesetzten Lehrerstellen kritisiert Ott die Erfolge der schwarz-gelben Landesregierung als unzulänglich. Bei der Bekämpfung des Lehrermangels sei Gebauer „kläglich gescheitert“.

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